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Abstract
Kommissionspräsident Juncker möchte die Uhrzeit in Europa ändern. So ein Vorhaben war seit jeher ein wichtiges Zeichen der Macht und wurde früher von Kaisern und Päpsten wahrgenommen. Man denke etwa an den gregorianischen Kalender. Manche Revolutionen wie etwa die Französische Revolution haben deshalb auch zeitweilig einen neuen Kalender eingeführt – als Beginn einer neuen Zeitrechnung. Ganz so dramatisch ist das Vorhaben Junckers nicht: Es geht um die Abschaffung des Wechsels von Sommerund Winterzeit in Europa. Für diesen Beitrag ist nur eine Dimension an Junckers Vorschlag bedeutsam: Die Veranlassung für sein Vorhaben gründet in der Beteiligung von über 4,6 Millionen EU-Bürgern an einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission, darunter 3 Millionen aus Deutschland, zu dieser Frage und ihrer klaren Absage an das aktuelle Zeitsystem – 80% sprachen sich für eine Abschaffung aus. Nüchtern betrachtet folgt daraus eigentlich erst einmal gar nichts – es hat sich nur ein knappes Prozent der EU-Bevölkerung geäußert. Menschen, die mit etwas unzufrieden sind, äußern sich leichter und lauter als die Zufriedenen und es handelte sich um keine Abstimmung. Die Leserinnen und Leser dieses Beitrages sollten allerdings besser verstehen, warum Juncker fast euphorisiert diese Beteiligung als einen klaren Auftrag der europäischen Bevölkerung an die Europäische Kommission deutet. Ebenso sollte deutlich werden, welche Chancen, aber auch Herausforderungen Digitalisierung für eine vertiefte Partizipation der europäischen Bevölkerungen bietet – bis hin zu dem Punkt, dass alle Menschen in Europa die EU als ein Mitmachprojekt in ihrer Reichweite ansehen. Zu behaupten, dass sie schon heute ein Mitmachprojekt ist, wäre allerdings sehr verwegen.