{"title":"Übersetzung, Veredas: Lebensformen des übersetzten literarischen Werkes","authors":"M. Cardozo, literarischen Werkes, Paul Celan","doi":"10.1515/9783110677713-013","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die Figur der Veredas (dt. Pfade), die Rosa in all seinen Werken heraufbeschworen und zusammengeführt hat, verweist auf die vielen Orte, die dieser Signifikant benennt, aber auch auf alles, was in den Räumen geschieht, denen dieser Name eine neue Bedeutung verleiht, ausgehend von dem, was verheißungsvoll vorhergesagt wird, bis hin zu dem, was sich als unheilvoll herausstellt. Folgt man wörtlich der Lehre der Buritis, den lebendigsten, verkörpern die roseanischen Veredas gleichzeitig die vielen Möglichkeiten, einen Weg einzuschlagen. Wenn also die Veredas den großen Sertão geografisch umreißen und seine Konturen und Räume gestalten, geben sie auch den Erfahrungen einer jeden Kreuzung eine Form, machen Wege möglich und erzeugen verschiedene Formen des Wanderns, ähnlich wie Heideggers Holzwege. Daher vielleicht die Kraft, die bereits im Titel Grande sertão: veredas verkündet wurde: eine Kraft, die nicht einfach poetisch im ästhetisch-literarischen Sinne, sondern auch poietisch ist, im Sinne all dessen, was sich als Sertão-Welt eröffnet, in jeder Wegabweichung, die sich eigens als Weg herausstellt und die in einemmagischen Trick – einer Sorte Magie, die der Magie des Lebens angehört – Form annimmt und zum Kunstwerk wird: Veredas. Von den Veredas der Übersetzung eines literarischen Werkes in diesem Sinne zu sprechen, bedeutet, von verschiedenen Arten des Lebens und Zusammenlebens zu sprechen, aber auch von einer Möglichkeit, Leben zu schenken und zu schaffen. Indem sie unter der Wirkung intensiven und umfangreichen Lesens auf einmalige Weise gelebt wird, auf die keine Übersetzungsgeste verzichten kann, beschreibt jede Übersetzung das Werk geographisch stets auf ihre eigene Weise.","PeriodicalId":291818,"journal":{"name":"Guimarães Rosa und Meyer-Clason","volume":"67 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-09-21","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Guimarães Rosa und Meyer-Clason","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110677713-013","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Die Figur der Veredas (dt. Pfade), die Rosa in all seinen Werken heraufbeschworen und zusammengeführt hat, verweist auf die vielen Orte, die dieser Signifikant benennt, aber auch auf alles, was in den Räumen geschieht, denen dieser Name eine neue Bedeutung verleiht, ausgehend von dem, was verheißungsvoll vorhergesagt wird, bis hin zu dem, was sich als unheilvoll herausstellt. Folgt man wörtlich der Lehre der Buritis, den lebendigsten, verkörpern die roseanischen Veredas gleichzeitig die vielen Möglichkeiten, einen Weg einzuschlagen. Wenn also die Veredas den großen Sertão geografisch umreißen und seine Konturen und Räume gestalten, geben sie auch den Erfahrungen einer jeden Kreuzung eine Form, machen Wege möglich und erzeugen verschiedene Formen des Wanderns, ähnlich wie Heideggers Holzwege. Daher vielleicht die Kraft, die bereits im Titel Grande sertão: veredas verkündet wurde: eine Kraft, die nicht einfach poetisch im ästhetisch-literarischen Sinne, sondern auch poietisch ist, im Sinne all dessen, was sich als Sertão-Welt eröffnet, in jeder Wegabweichung, die sich eigens als Weg herausstellt und die in einemmagischen Trick – einer Sorte Magie, die der Magie des Lebens angehört – Form annimmt und zum Kunstwerk wird: Veredas. Von den Veredas der Übersetzung eines literarischen Werkes in diesem Sinne zu sprechen, bedeutet, von verschiedenen Arten des Lebens und Zusammenlebens zu sprechen, aber auch von einer Möglichkeit, Leben zu schenken und zu schaffen. Indem sie unter der Wirkung intensiven und umfangreichen Lesens auf einmalige Weise gelebt wird, auf die keine Übersetzungsgeste verzichten kann, beschreibt jede Übersetzung das Werk geographisch stets auf ihre eigene Weise.