Populismus Macht Identität

Agnes Stephenson, T. Stephenson
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Abstract

Nachdem Sigmund Freuds erstes Modell der menschlichen Psyche einzig und allein das Subjekt in den Fokus rückte, betrachtete er in seinen späteren Schriften das kollektive Wir als Kultur-Über-Ich. Die Mehrdeutigkeit dieses Begriffs umfasst einerseits die pluralistische, demokratische Grundhaltung gegenüber der Gesellschaft, auf die sich das Ich bezieht und andererseits die gegenteilige, exkludierende Berufung auf eine Ethnie, race, gender, eine Nation oder eine Kultur. Der zentrale Anspruch des Populismus liegt darin, dass ein von populistisch agierenden Personen definiertes «Wir» zur zentralen Bezugsgrösse erhöht wird und damit den alleinigen Anspruch darauf hat, als Repräsentant des Volkes zu gelten. Nation, race, Kultur oder andere sozial konstruierte Bezugsnormen werden im Populismus zu einem Hilfs-Ich stilisiert, das Zugehörigkeit, Überlegenheit und eine kollektive Identität suggeriert. Individuelle Identitätskonflikte werden dadurch aushaltbar und verschwinden hinter der kollektiven Stärke. Im Populismus wird das «eigene Volk», die «eigene Kultur» zum Ideal erhoben und dadurch der kollektive Narzissmus gestärkt. Teil eines starken, idealisierten Kollektivs zu sein, verspricht Anerkennung jenseits der eigenen, individuellen Leistung oder sozialen Stellung und unabhängig von der persönlichen Machtlosigkeit. Die Identität ist durch die Zugehörigkeit zu einer überlegenen Nation gesichert und verspricht ebenfalls Anerkennung, vor allem dann, wenn diese im privaten Leben versagt bleibt. Ausgehend von psychoanalytischen Theorien wird die gegenseitige Bezogenheit von Populismus, Macht und Identität diskutiert und vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen kontextualisiert. Im Rahmen einer tiefenhermeneutischen Interpretation einer populistischen Rede werden die Mechanismen populistischer Identitätskonstruktionsprozesse analysiert. Im Ausblick werden Möglichkeiten und Grenzen einer psychoanalytisch orientierten Pädagogik zur Unterstützung demokratischer und protektiver Identitäts- und Resilienzfaktoren dargestellt.
身份的民粹主义
由于弗洛伊德的第一个人类心理学模型将主体集中于其自身之上,在其后期作品中,他认为集体自我是文化超级我。这种说法的含意在某种程度上包括了对社会的多元主义和民主观念,而这就是我所指的那样,同时又包括了相反的,排他性的种族、竞赛、性别、国家或文化。民粹主义的核心人员应享有的难点在于,一个人populistisch当靠山的灾难发生,我们就«»到中央Bezugsgrösse确实会提高,进而对此反应的唯一权利视为人民的代表的.在民粹主义的化身中,国家、竞赛、文化或者其他社会虚构的人品标准被化成了辅助身份,它显示出自我、优势和集体身份。这样的反应会掩盖个人身份冲突,并集体力量下消失。在民粹主义»、««我们自己的人民的文明»提升到理想,从而加强集体恋.成为强大的集体化的一部分能够带来超越自身、个人成就或社会地位及独立于个人软弱的认可。同样,欧洲人的身份认同因为他们属于更为优越的国家而得到了认同,这也带来了认可,特别是在私人生活被抛弃的情况下。在心理分析理论的基础上,我们讨论了民粹主义、权力和身份的互相关联,并在当前发展的背景下处理它们。通过对民粹主义言论的深刻解读,分析民粹主义身份定义过程。分析结果揭示了支持民主和保护身份和恢复力因素的精神分析教育学的可能性和局限性。
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