{"title":"Haltung in einer digitalisierten Kindheit. Die Perspektive der narrativen Ethik","authors":"Petra Grimm","doi":"10.5771/9783845293844-85","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Was heißt Haltung? Haltung ist ein vielschichtiger Begriff, der einer genaueren Bestimmung und Ausführung bedarf. Haltungen lassen sich, allgemein gesprochen, als die DNA einer Wertebildung verstehen. Welche Bedeutung das theoretische Konzept einer Haltung für die Entwicklung einer Digitalkompetenz aufweist, soll hier aufgezeigt werden. Geschichten können Auslöser und Spiegel von Haltungen sein. Insbesondere die narrative Ethik kann wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung einer Haltung mittels Geschichten liefern. Aus erzähltheoretischer Sicht wird hierzu für eine Fortschreibung der narrativen Ethik argumentiert. Im September 2018 demonstrierte der siebenjährige Emil aus Hamburg gemeinsam mit anderen Kindern, um seinen Protest gegen den übermäßigen Gebrauch von Smartphones durch die Eltern zum Ausdruck zu bringen: „Spielt mit MIR! Nicht mit Euren Handys“ und „Flugmodus an, jetzt bin ich dran“ war auf den Pappschildern der Kinder zu lesen. Emil erinnert sich an mehrere Ereignisse, bei denen ihn das Verhalten seiner Eltern nervte. So wollte er z. B. auf dem Spielplatz mit seinem Vater spielen, „der hat aber nur auf sein Handy geguckt“ (Klovert /Martin 2018). Die Idee, eine Demo als Mittel seines Protests zu wählen, um gemeinsam mehr zu bewirken als allein, basierte auf seiner Erfahrung, die er mit seinen Eltern auf einer früheren Demo gegen Rechtspopulismus gewann. Diese Geschichte verweist auf ein Konfliktthema, das im digitalisierten Familienalltag als „Mangel an aktivem Miteinander“, das durch „Technoferenz“ hervorgerufen wird, beschrieben wird. So legen aktuelle Befunde (Brandon/ Radesky 2018) nahe, dass Kinder auf eine intensive Nutzung digitaler Medien durch die Eltern mit externalisiertem Verhalten oder Rückzug (wie Hyperaktivität, Wut, Gejammer, Frust, Schmollen) reagieren. Woraufhin das Stress hervorrufende Verhalten der Kinder wiederum die Eltern veranlasst, sich verstärkt den digitalen Medien zuzuwenden. Unter Umständen also ein Teufelskreis. Emils Geschichte zeigt hingegen eine positive Wendung zur Resilienz: Er setzt sich zur Wehr und nimmt eine Haltung ein, die er gegenüber sei85 https://doi.org/10.5771/9783845293844-85 Generiert durch IP '54.70.40.11', am 26.09.2020, 22:28:05. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. nen Eltern und der Öffentlichkeit artikulieren will. Aber was heißt es eigentlich, eine Haltung einzunehmen?","PeriodicalId":202239,"journal":{"name":"Aufwachsen mit Medien","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Aufwachsen mit Medien","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783845293844-85","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Was heißt Haltung? Haltung ist ein vielschichtiger Begriff, der einer genaueren Bestimmung und Ausführung bedarf. Haltungen lassen sich, allgemein gesprochen, als die DNA einer Wertebildung verstehen. Welche Bedeutung das theoretische Konzept einer Haltung für die Entwicklung einer Digitalkompetenz aufweist, soll hier aufgezeigt werden. Geschichten können Auslöser und Spiegel von Haltungen sein. Insbesondere die narrative Ethik kann wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung einer Haltung mittels Geschichten liefern. Aus erzähltheoretischer Sicht wird hierzu für eine Fortschreibung der narrativen Ethik argumentiert. Im September 2018 demonstrierte der siebenjährige Emil aus Hamburg gemeinsam mit anderen Kindern, um seinen Protest gegen den übermäßigen Gebrauch von Smartphones durch die Eltern zum Ausdruck zu bringen: „Spielt mit MIR! Nicht mit Euren Handys“ und „Flugmodus an, jetzt bin ich dran“ war auf den Pappschildern der Kinder zu lesen. Emil erinnert sich an mehrere Ereignisse, bei denen ihn das Verhalten seiner Eltern nervte. So wollte er z. B. auf dem Spielplatz mit seinem Vater spielen, „der hat aber nur auf sein Handy geguckt“ (Klovert /Martin 2018). Die Idee, eine Demo als Mittel seines Protests zu wählen, um gemeinsam mehr zu bewirken als allein, basierte auf seiner Erfahrung, die er mit seinen Eltern auf einer früheren Demo gegen Rechtspopulismus gewann. Diese Geschichte verweist auf ein Konfliktthema, das im digitalisierten Familienalltag als „Mangel an aktivem Miteinander“, das durch „Technoferenz“ hervorgerufen wird, beschrieben wird. So legen aktuelle Befunde (Brandon/ Radesky 2018) nahe, dass Kinder auf eine intensive Nutzung digitaler Medien durch die Eltern mit externalisiertem Verhalten oder Rückzug (wie Hyperaktivität, Wut, Gejammer, Frust, Schmollen) reagieren. Woraufhin das Stress hervorrufende Verhalten der Kinder wiederum die Eltern veranlasst, sich verstärkt den digitalen Medien zuzuwenden. Unter Umständen also ein Teufelskreis. Emils Geschichte zeigt hingegen eine positive Wendung zur Resilienz: Er setzt sich zur Wehr und nimmt eine Haltung ein, die er gegenüber sei85 https://doi.org/10.5771/9783845293844-85 Generiert durch IP '54.70.40.11', am 26.09.2020, 22:28:05. Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig. nen Eltern und der Öffentlichkeit artikulieren will. Aber was heißt es eigentlich, eine Haltung einzunehmen?