{"title":"4. Bewerten und Gewichten: Evidenz als Entscheidungshilfe in der Gesundheits- und Umweltpolitik","authors":"C. Haßauer, S. Ehlers, J. Roosen","doi":"10.5771/9783748903383-109","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Sind wir bereit aus Profitgründen [...] Artensterben, Bodendegradierung und nitrithaltiges Trinkwasser zu akzeptieren?1 Evidenz als Entscheidungshilfe ist ein zentrales Element für Regulierungen und Interventionen in pluralen Gesellschaften. Öffentliche Entscheidungen sind komplexe Vorgänge, schließlich gilt es nicht nur eine Vielzahl möglicher Folgen, sondern auch unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Insbesondere staatliche Eingriffe, die die Freiheit von Einzelnen einschränken, sind in demokratischen Gesellschaften zu begründen. Dafür haben sich Verfahren – von uns im Folgenden als Evidenzpraktiken verstanden – etabliert, mit denen die Auswirkungen von Entscheidungen in systematisierter Form mithilfe von Messgrößen und formalisierter Kriterien antizipiert werden.2 Insbesondere die Kosten-Nutzen-Analyse konnte sich als zentrale Praxis ökonomisierter Entscheidungsprozesse durchsetzen, anhand derer die Folgen staatlicher Eingriffe bewertet und gewichtet werden. Dieses Kapitel wird diese Bewertungsund Gewichtungsprozesse als Element der evidenzbasierten Politik betrachten. Dazu werden wir immer wieder auf zwei Fallstudien rekurrieren, die Regulierung von Pestiziden sowie international gesteuerte Ansätze zur globalen Bekämpfung von Malaria, um die Praktiken zu veranschaulichen. Gerade in einer Zeit des wachsenden Einflusses sogenannter „postfaktischer“ Geltungsbehauptungen, des Erstarkens der Populisten und der zugehörigen Kommunikationsstrategien in den Medien verspricht der Bezug auf Evidenz, also die Mobilisierung von gesellschaftlich anerkannten Da4.","PeriodicalId":235509,"journal":{"name":"Wissen und Begründen","volume":"28 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-12-09","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Wissen und Begründen","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783748903383-109","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Sind wir bereit aus Profitgründen [...] Artensterben, Bodendegradierung und nitrithaltiges Trinkwasser zu akzeptieren?1 Evidenz als Entscheidungshilfe ist ein zentrales Element für Regulierungen und Interventionen in pluralen Gesellschaften. Öffentliche Entscheidungen sind komplexe Vorgänge, schließlich gilt es nicht nur eine Vielzahl möglicher Folgen, sondern auch unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. Insbesondere staatliche Eingriffe, die die Freiheit von Einzelnen einschränken, sind in demokratischen Gesellschaften zu begründen. Dafür haben sich Verfahren – von uns im Folgenden als Evidenzpraktiken verstanden – etabliert, mit denen die Auswirkungen von Entscheidungen in systematisierter Form mithilfe von Messgrößen und formalisierter Kriterien antizipiert werden.2 Insbesondere die Kosten-Nutzen-Analyse konnte sich als zentrale Praxis ökonomisierter Entscheidungsprozesse durchsetzen, anhand derer die Folgen staatlicher Eingriffe bewertet und gewichtet werden. Dieses Kapitel wird diese Bewertungsund Gewichtungsprozesse als Element der evidenzbasierten Politik betrachten. Dazu werden wir immer wieder auf zwei Fallstudien rekurrieren, die Regulierung von Pestiziden sowie international gesteuerte Ansätze zur globalen Bekämpfung von Malaria, um die Praktiken zu veranschaulichen. Gerade in einer Zeit des wachsenden Einflusses sogenannter „postfaktischer“ Geltungsbehauptungen, des Erstarkens der Populisten und der zugehörigen Kommunikationsstrategien in den Medien verspricht der Bezug auf Evidenz, also die Mobilisierung von gesellschaftlich anerkannten Da4.