{"title":"Reformbedarf bei der Vollverzinsung im Steuerverfahrensrecht","authors":"S. Behrens","doi":"10.9785/fr-2015-0503","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass das BVerfG nur eine zeitlich „begrenzte Fortgeltung“252 der verfassungswidrigen Normen angeordnet hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Tenor der Entscheidung, wonach das bisherige Recht „bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar“ sei.253 Denn die gesetzliche Neuregelung muss gerade bis „spätestens“ zum 30.6.2016 erfolgt sein. Die Fortgeltung des verfassungswidrigen Rechts ist damit von vornherein auf eine Übergangszeit bis zum 30.6.2016 befristet. Andernfalls könnte das verfassungswidrige Recht ohne jede Begrenzung weiter angewendet werden und die Unvereinbarkeitserklärung des BVerfG liefe völlig ins Leere. Die Verfassungswidrigkeit des Erbschaftund Schenkungsteuergesetzes bliebe dann ohne jede Sanktion. Richtigerweise kann ohne eine gesetzliche Neuregelung ab dem 1.7.2016 keinerlei Erbschaftund Schenkungsteuer mehr erhoben werden.254 Im Schrifttum wird das Urteil des BVerfG bislang durchgehend in diesem Sinne verstanden.255 Der zuständige Berichterstatter des Urteils, Prof. Dr. Michael Eichberger, hält diese Auslegung aber wohl für unzutreffend und hat bereits angekündigt, dass das BVerfG notfalls durch einstweilige Anordnung selbst eine „vorübergehende Vorschrift“ erlassen könnte.256 Im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung erscheint es nicht unproblematisch, wenn das BVerfG insoweit als Ersatzgesetzgeber tätig werden würde. Zudem bleibt völlig unklar, wie die Steuererhebung in so einem Fall tatsächlich erfolgen könnte. Der Gesetzgeber wird hoffentlich rechtzeitig eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen, so dass sich alle diese Fragen vermutlich nie stellen werden. Gleichwohl ist es erstaunlich, dass so ein zentraler Punkt der Entscheidung überhaupt Anlass für Missverständnisse sein kann.","PeriodicalId":198856,"journal":{"name":"Finanz-Rundschau Ertragsteuerrecht","volume":"37 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2015-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Finanz-Rundschau Ertragsteuerrecht","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.9785/fr-2015-0503","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass das BVerfG nur eine zeitlich „begrenzte Fortgeltung“252 der verfassungswidrigen Normen angeordnet hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Tenor der Entscheidung, wonach das bisherige Recht „bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar“ sei.253 Denn die gesetzliche Neuregelung muss gerade bis „spätestens“ zum 30.6.2016 erfolgt sein. Die Fortgeltung des verfassungswidrigen Rechts ist damit von vornherein auf eine Übergangszeit bis zum 30.6.2016 befristet. Andernfalls könnte das verfassungswidrige Recht ohne jede Begrenzung weiter angewendet werden und die Unvereinbarkeitserklärung des BVerfG liefe völlig ins Leere. Die Verfassungswidrigkeit des Erbschaftund Schenkungsteuergesetzes bliebe dann ohne jede Sanktion. Richtigerweise kann ohne eine gesetzliche Neuregelung ab dem 1.7.2016 keinerlei Erbschaftund Schenkungsteuer mehr erhoben werden.254 Im Schrifttum wird das Urteil des BVerfG bislang durchgehend in diesem Sinne verstanden.255 Der zuständige Berichterstatter des Urteils, Prof. Dr. Michael Eichberger, hält diese Auslegung aber wohl für unzutreffend und hat bereits angekündigt, dass das BVerfG notfalls durch einstweilige Anordnung selbst eine „vorübergehende Vorschrift“ erlassen könnte.256 Im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung erscheint es nicht unproblematisch, wenn das BVerfG insoweit als Ersatzgesetzgeber tätig werden würde. Zudem bleibt völlig unklar, wie die Steuererhebung in so einem Fall tatsächlich erfolgen könnte. Der Gesetzgeber wird hoffentlich rechtzeitig eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen, so dass sich alle diese Fragen vermutlich nie stellen werden. Gleichwohl ist es erstaunlich, dass so ein zentraler Punkt der Entscheidung überhaupt Anlass für Missverständnisse sein kann.