{"title":"Toxische Atmosphären. Michael Pinskys Pollution Pods und die Evidenz des Atmens","authors":"A. Keßler","doi":"10.1515/9783110701876-016","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"1 Robert Barry, in: Vitus Weh, „Conversation with Robert Barry“, in: museum in progress, Oktober 1995, verfügbar unter: www.mip.at/texte/180 (letzter Zugriff: 26.5.2021) 2 Vgl. ebd. Inertgase sind chemisch inaktiv und ungiftig. Jedoch können sie Sauerstoff verdrängen, ein Materialereignis, das in geschlossenen Räumen zu einer Asphyxie, einer Bewusstlosigkeit mit anschließendem Tod durch Erstickung, führen kann. Sie werden vor allem verwendet, um in Lagerräumen eine brennoder explosionsfähige Sauerstoffkonzentration zu verhindern. 3 Birgit Eusterschulte, „from a measured volume to indefinite expansion. Leere und Unendlichkeit in Robert Barrys Inert Gas Series“, in: Guido Reiter/Ursula Ströbele (Hg.), Skulptur und Zeit im 20. und 21. Jahrhundert, Köln 2017, S. 85–108, hier: S. 86. 4 Vgl. Mojib Latif, „Das Klima des 20. und 21. Jahrhunderts“, in: Bernd Busch (Hg.), Elemente des Naturhaushaltes, Bd. IV: Luft, Köln 2003, S. 111–115, hier: S. 111. 5 „Eine Störung [des atmosphärischen Gleichgewichts, a.k.] kann darin bestehen, daß bestimmte Substanzen direkt in die Atmosphäre freigelassen werden, etwa Industrieund Automobilabgase“, in: Peter Fabian, Atmosphäre und Umwelt. Chemische Prozesse – Menschliche Eingriffe – Ozon-Schicht – Luftverschmutzung – Smog – Saurer Regen, Berlin u.a. 41992, S. 78. Der Konzeptkünstler Robert Barry entließ 1969 an einer Straße in Beverly Hills einen Liter Krypton aus einer Gasflasche in die At mosphäre und wiederholte dies andernorts mit Argon, Xenon, Neon und Helium. Die geruchslosen Inertgase dehnten sich aus und formten „a kind of large environmental sculpture“1. Diese war zwar weder tastnoch sichtbar, dennoch war ihre Ausbreitung theoretisch un begrenzt. Barry wollte die nicht technisch herstellbaren Edelgase, die der Atmosphäre entnommen und verkauft wurden, an sie zurückgeben in eine Art Kreislauf.2 Gemäß Birgit Eusterschulte rief er so „Vorstellungen von Zirkularität und Unendlichkeit, von Permanenz des Materiellen [...]“3 auf. Angesichts der veränderten Zusammensetzung der Erdatmosphäre durch anthropogene Emissionen stellt sich heute, über 50 Jahre später, die Frage, ob die von Barry thematisierte Atmosphäre statt in ihrer ,Unendlichkeit‘ nicht vielmehr als etwas Eingekapseltes gedacht werden muss, also dass der Raum innerhalb der Dunstku gel (griech. atmós – Dampf, Dunst, Hauch; sphaira – Kugel), in welche die Erde gehüllt ist, zwar überwältigend groß, aber begrenzt und gerade nicht unendlich ist.4 Die räumliche Endlichkeit der lebensbegünstigenden Atmos phäre, die sich in „Störungen“5 wie einer weltweit ansteigenden Verschmutzung von Atemluft offenbart, soll hier als Thema der zeitgenössischen Annerose Keßler","PeriodicalId":141930,"journal":{"name":"Atem / Breath","volume":"3 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-11-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Atem / Breath","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110701876-016","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
1 Robert Barry, in: Vitus Weh, „Conversation with Robert Barry“, in: museum in progress, Oktober 1995, verfügbar unter: www.mip.at/texte/180 (letzter Zugriff: 26.5.2021) 2 Vgl. ebd. Inertgase sind chemisch inaktiv und ungiftig. Jedoch können sie Sauerstoff verdrängen, ein Materialereignis, das in geschlossenen Räumen zu einer Asphyxie, einer Bewusstlosigkeit mit anschließendem Tod durch Erstickung, führen kann. Sie werden vor allem verwendet, um in Lagerräumen eine brennoder explosionsfähige Sauerstoffkonzentration zu verhindern. 3 Birgit Eusterschulte, „from a measured volume to indefinite expansion. Leere und Unendlichkeit in Robert Barrys Inert Gas Series“, in: Guido Reiter/Ursula Ströbele (Hg.), Skulptur und Zeit im 20. und 21. Jahrhundert, Köln 2017, S. 85–108, hier: S. 86. 4 Vgl. Mojib Latif, „Das Klima des 20. und 21. Jahrhunderts“, in: Bernd Busch (Hg.), Elemente des Naturhaushaltes, Bd. IV: Luft, Köln 2003, S. 111–115, hier: S. 111. 5 „Eine Störung [des atmosphärischen Gleichgewichts, a.k.] kann darin bestehen, daß bestimmte Substanzen direkt in die Atmosphäre freigelassen werden, etwa Industrieund Automobilabgase“, in: Peter Fabian, Atmosphäre und Umwelt. Chemische Prozesse – Menschliche Eingriffe – Ozon-Schicht – Luftverschmutzung – Smog – Saurer Regen, Berlin u.a. 41992, S. 78. Der Konzeptkünstler Robert Barry entließ 1969 an einer Straße in Beverly Hills einen Liter Krypton aus einer Gasflasche in die At mosphäre und wiederholte dies andernorts mit Argon, Xenon, Neon und Helium. Die geruchslosen Inertgase dehnten sich aus und formten „a kind of large environmental sculpture“1. Diese war zwar weder tastnoch sichtbar, dennoch war ihre Ausbreitung theoretisch un begrenzt. Barry wollte die nicht technisch herstellbaren Edelgase, die der Atmosphäre entnommen und verkauft wurden, an sie zurückgeben in eine Art Kreislauf.2 Gemäß Birgit Eusterschulte rief er so „Vorstellungen von Zirkularität und Unendlichkeit, von Permanenz des Materiellen [...]“3 auf. Angesichts der veränderten Zusammensetzung der Erdatmosphäre durch anthropogene Emissionen stellt sich heute, über 50 Jahre später, die Frage, ob die von Barry thematisierte Atmosphäre statt in ihrer ,Unendlichkeit‘ nicht vielmehr als etwas Eingekapseltes gedacht werden muss, also dass der Raum innerhalb der Dunstku gel (griech. atmós – Dampf, Dunst, Hauch; sphaira – Kugel), in welche die Erde gehüllt ist, zwar überwältigend groß, aber begrenzt und gerade nicht unendlich ist.4 Die räumliche Endlichkeit der lebensbegünstigenden Atmos phäre, die sich in „Störungen“5 wie einer weltweit ansteigenden Verschmutzung von Atemluft offenbart, soll hier als Thema der zeitgenössischen Annerose Keßler