{"title":"超越mau:大屠杀漫画的遗产。由Ole Frahm, Hans-Joachim Hahn和Markus Streb编辑。维也纳:Böhlau, 2021年。420页+ 169 b/w和彩色图像。精装本或电子书5.5万欧元。","authors":"Lynn L. Wolff","doi":"10.3368/m.115.2.316","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"elektronische Neubearbeitung eines Musiktitels“ durch ,,Ausblendungen und Hinzufügungen von Tonspuren, Veränderungen der Geschwindigkeit bis zur Fragmentierung und Neuzusammensetzung“ des Materials (421). In solchen intertextuellen und -medialen Innovationen sehe ich die eigentliche Kunstleistung der postmodernen George-Verarbeitung, die einen wirklichen Generationsund Ästhetikbruch mit vorhergehenden Strömungen signalisiert. Überhaupt erscheint es mir, als ob Georges brisante Wirkung gerade nicht in den Stimmen erhalten geblieben ist, die er zielbewusst vorausgeahnt haben mag: den anbiedernden Nachahmern, sondern in einer spätzeitlichen Neuentdeckung in einer Gegenwart, die auf ihre – unsere – Weise wieder durch das gezeichnet ist, was George schon ebenso schroff wie weise und stets kontrovers kritisiert hat: Kriegstreiben, politische Korruption, verflachende Kulturindustrie, Konsum-Kapitalismus. Weniger die früheren, dafür aber um so stärker die letzten Kapitel der vorliegenden Studie könnten auf diese Weise zu einer neuen, jenseits pauschaler Anhimmelung oder unwirscher Ablehnung verorteten Auseinandersetzung mit George anreizen. Ob durch die Gegenwartsliteratur, wie Aurnhammer mit Berufung auf die Transkriptionstheorie andeutet, ,,die Präskripte, also die Texte Georges, aus der Retrospektive des Transkripts anders, mitunter womöglich sogar besser zu verstehen“ (9–10) seien, bleibe dahingestellt. Sicher wirken immer wirklich radikal-innovative Gegenwartsströmungen hermeneutisch auf das Weiter-, Um-, und Gegengedichtete zurück. Aber mir scheint, dass herausragende Gedichte wie ,,Der Herr der Insel“, ,,Komm in den totgesagten park und schau“ oder ,,Goethes letzte Nacht in Italien“ – um nur drei herauszugreifen – letztlich auf eigenen, wenn auch oft historisch-politisch problematischen Füßen stehen müssen, sollen sie uns noch heute ergreifen. Wie dem auch sei: Überlassen wir Aurnhammer selbst das abschließend zusammenfassende Wort: ,,Bis heute – und wohl auch künftig – repräsentiert George eine Projektionsfigur, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu einer relationalen Selbstpositionierung herausfordert und damit zur ästhetischen Selbstfindung beiträgt, sei es durch dauerhafte Aneignung, Umdeutung oder Ablehnung“ (445).","PeriodicalId":54028,"journal":{"name":"Monatshefte","volume":"115 1","pages":"316 - 319"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Beyond MAUS: The Legacy of Holocaust Comics. Edited by Ole Frahm, Hans-Joachim Hahn, and Markus Streb. Vienna: Böhlau, 2021. 420 pages + 169 b/w and color images. €55,00 hardcover or eBook.\",\"authors\":\"Lynn L. Wolff\",\"doi\":\"10.3368/m.115.2.316\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"elektronische Neubearbeitung eines Musiktitels“ durch ,,Ausblendungen und Hinzufügungen von Tonspuren, Veränderungen der Geschwindigkeit bis zur Fragmentierung und Neuzusammensetzung“ des Materials (421). In solchen intertextuellen und -medialen Innovationen sehe ich die eigentliche Kunstleistung der postmodernen George-Verarbeitung, die einen wirklichen Generationsund Ästhetikbruch mit vorhergehenden Strömungen signalisiert. Überhaupt erscheint es mir, als ob Georges brisante Wirkung gerade nicht in den Stimmen erhalten geblieben ist, die er zielbewusst vorausgeahnt haben mag: den anbiedernden Nachahmern, sondern in einer spätzeitlichen Neuentdeckung in einer Gegenwart, die auf ihre – unsere – Weise wieder durch das gezeichnet ist, was George schon ebenso schroff wie weise und stets kontrovers kritisiert hat: Kriegstreiben, politische Korruption, verflachende Kulturindustrie, Konsum-Kapitalismus. Weniger die früheren, dafür aber um so stärker die letzten Kapitel der vorliegenden Studie könnten auf diese Weise zu einer neuen, jenseits pauschaler Anhimmelung oder unwirscher Ablehnung verorteten Auseinandersetzung mit George anreizen. Ob durch die Gegenwartsliteratur, wie Aurnhammer mit Berufung auf die Transkriptionstheorie andeutet, ,,die Präskripte, also die Texte Georges, aus der Retrospektive des Transkripts anders, mitunter womöglich sogar besser zu verstehen“ (9–10) seien, bleibe dahingestellt. Sicher wirken immer wirklich radikal-innovative Gegenwartsströmungen hermeneutisch auf das Weiter-, Um-, und Gegengedichtete zurück. Aber mir scheint, dass herausragende Gedichte wie ,,Der Herr der Insel“, ,,Komm in den totgesagten park und schau“ oder ,,Goethes letzte Nacht in Italien“ – um nur drei herauszugreifen – letztlich auf eigenen, wenn auch oft historisch-politisch problematischen Füßen stehen müssen, sollen sie uns noch heute ergreifen. Wie dem auch sei: Überlassen wir Aurnhammer selbst das abschließend zusammenfassende Wort: ,,Bis heute – und wohl auch künftig – repräsentiert George eine Projektionsfigur, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu einer relationalen Selbstpositionierung herausfordert und damit zur ästhetischen Selbstfindung beiträgt, sei es durch dauerhafte Aneignung, Umdeutung oder Ablehnung“ (445).\",\"PeriodicalId\":54028,\"journal\":{\"name\":\"Monatshefte\",\"volume\":\"115 1\",\"pages\":\"316 - 319\"},\"PeriodicalIF\":0.1000,\"publicationDate\":\"2023-01-01\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Monatshefte\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.3368/m.115.2.316\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Monatshefte","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.3368/m.115.2.316","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN","Score":null,"Total":0}
Beyond MAUS: The Legacy of Holocaust Comics. Edited by Ole Frahm, Hans-Joachim Hahn, and Markus Streb. Vienna: Böhlau, 2021. 420 pages + 169 b/w and color images. €55,00 hardcover or eBook.
elektronische Neubearbeitung eines Musiktitels“ durch ,,Ausblendungen und Hinzufügungen von Tonspuren, Veränderungen der Geschwindigkeit bis zur Fragmentierung und Neuzusammensetzung“ des Materials (421). In solchen intertextuellen und -medialen Innovationen sehe ich die eigentliche Kunstleistung der postmodernen George-Verarbeitung, die einen wirklichen Generationsund Ästhetikbruch mit vorhergehenden Strömungen signalisiert. Überhaupt erscheint es mir, als ob Georges brisante Wirkung gerade nicht in den Stimmen erhalten geblieben ist, die er zielbewusst vorausgeahnt haben mag: den anbiedernden Nachahmern, sondern in einer spätzeitlichen Neuentdeckung in einer Gegenwart, die auf ihre – unsere – Weise wieder durch das gezeichnet ist, was George schon ebenso schroff wie weise und stets kontrovers kritisiert hat: Kriegstreiben, politische Korruption, verflachende Kulturindustrie, Konsum-Kapitalismus. Weniger die früheren, dafür aber um so stärker die letzten Kapitel der vorliegenden Studie könnten auf diese Weise zu einer neuen, jenseits pauschaler Anhimmelung oder unwirscher Ablehnung verorteten Auseinandersetzung mit George anreizen. Ob durch die Gegenwartsliteratur, wie Aurnhammer mit Berufung auf die Transkriptionstheorie andeutet, ,,die Präskripte, also die Texte Georges, aus der Retrospektive des Transkripts anders, mitunter womöglich sogar besser zu verstehen“ (9–10) seien, bleibe dahingestellt. Sicher wirken immer wirklich radikal-innovative Gegenwartsströmungen hermeneutisch auf das Weiter-, Um-, und Gegengedichtete zurück. Aber mir scheint, dass herausragende Gedichte wie ,,Der Herr der Insel“, ,,Komm in den totgesagten park und schau“ oder ,,Goethes letzte Nacht in Italien“ – um nur drei herauszugreifen – letztlich auf eigenen, wenn auch oft historisch-politisch problematischen Füßen stehen müssen, sollen sie uns noch heute ergreifen. Wie dem auch sei: Überlassen wir Aurnhammer selbst das abschließend zusammenfassende Wort: ,,Bis heute – und wohl auch künftig – repräsentiert George eine Projektionsfigur, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu einer relationalen Selbstpositionierung herausfordert und damit zur ästhetischen Selbstfindung beiträgt, sei es durch dauerhafte Aneignung, Umdeutung oder Ablehnung“ (445).