{"title":"琳达·吉瑟全都叫我!概念与功能上的异能学说(语言脉冲84)柏林,波士顿","authors":"K. Becker","doi":"10.1515/zrs-2020-2055","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"NS-Vergleiche und NS-Metaphern (NS-V/M) werden oft bemüht, um Aufmerksamkeit zu erregen, um zu provozieren oder zu beleidigen: So wird z. B. auf den Corona-Demos der Virologe Drosten mit dem KZ-Arzt Mengele in Verbindung gebracht oder es werden „Anti-Corona-Maßnahmen mit NS-Methoden verglichen, die angeblich im Holocaust enden sollen“ (Giesel in Lelle 2020). Viele Teilnehmer*innen tragen eine gelbe Armbinde, auf welcher der Davidstern mit der Aufschrift „ungeimpft“ – analog zum nationalsozialistischen Judenstern – zu sehen ist. Mit solchen parallelisierenden Statements wird die Shoah bagatellisiert und relativiert und „das Leid der millionenfach ermordeten Menschen verhöhnt“ (S. 300). Im Kontext vermeintlicher Israel-Kritik wird über NS-V/M zudem eine moderne Manifestationsform des Verbal-Antisemitismus ausgedrückt, z. B. wenn der Gaza-Streifen als größtes KZ aller Zeiten beschrieben wird (S. 270). Diese Formvariante des Post-Holocaust-Antisemitismus, in der judenfeindliche Äußerungen auf den Staat Israel bezogen bzw. als vermeintlich sachliche Kritik an Israel verkauft werden, ist in aktuellen Diskursen die vorherrschende Ausdrucksform von Antisemitismus. Denn Verbal-Antisemitismus wandelt sich an der sprachlichen Oberfläche, tritt in neuen gesellschaftlich-politischen Umgebungen in neuem Gewand auf, das dahinterliegende mentale Konzept jedoch bleibt stets gleich. Studien wie von Schwarz-Friesel & Reinharz (2013), Salzborn (2010) oder Rensmann (2004) zeigen die Vielgesichtigkeit des Phänomens Antisemitismus, der sich versteckt und implizit oder direkt und explizit äußern kann – und eben auch über fahrlässig oder intentional in den Diskurs eingebrachte NS-Vergleiche oder NS-Metaphern. Giesels Studie zu (antisemitischen) NS-V/M leistet einen Beitrag zur Erforschung dieses komplexen Phänomens aus linguistischer und kognitionswissenschaftlicher Perspektive. Giesels Arbeit ist im Umfeld der Studie von Schwarz-Friesel & Reinharz (2013) entstanden. Darin wird die „Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ einer umfassenden Analyse unterzogen, indem judenfeindliche Äußerungen in EMails, Briefen oder Faxen an den Zentralrat der Juden in Deutschland (ZdJ) und ZRS 2020; 12(1–2): 162–167","PeriodicalId":32266,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Rezensionen zur Germanistischen Sprachwissenschaft","volume":"12 1","pages":"162 - 167"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-11-18","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/zrs-2020-2055","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Linda Giesel. 2019. NS-Vergleiche und NS-Metaphern. 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摘要
纳粹的比较和纳粹的隐喻(NS-V/M)经常被用来吸引注意力、挑衅或侮辱:例如,在电晕演示中,病毒学家Drosten与集中营医生Mengele联系在一起,或者“将抗电晕措施与纳粹的方法进行比较,许多参与者戴着一个黄色臂章,上面写着“未接种疫苗”的大卫之星(Giesel in Lelle 2020)。在所谓批评以色列的背景下,纳粹V/M也表达了口头反犹太主义的现代表现,例如。例如,当加沙地带被描述为有史以来最大的集中营时(第270页)。这种形式是大屠杀后反犹太主义的变体,其中反犹太言论与以色列国或以色列国有关。是当前话语中反犹太主义的主要表现形式。言语反犹太主义在语言表面上发生了变化,在新的社会政治环境中以新的伪装出现,但其潜在的心理概念保持不变。Schwarz-FrieselåõReinharz(2013)、Salzborn(2010)或Rensmann(2004)的研究表明了反犹太主义现象的多面性,它可以含蓄地或直接地、明确地表达自己,也可以通过疏忽或有意地将纳粹的比较或纳粹的隐喻引入话语中。Giesel对(反犹太主义)NS-V/M的研究有助于从语言学和认知角度对这一复杂现象进行调查。Giesel的作品是在Schwarz-Friesel和Reinharz(2013)的研究背景下创作的。其中提到了“21世纪对犹太人的敌意语言”。德国犹太人中央委员会(ZdJ)和ZRS 2020;12(1-2):162–167
Linda Giesel. 2019. NS-Vergleiche und NS-Metaphern. Korpuslinguistische Perspektiven auf konzeptuelle und funktionale Charakteristika. (Linguistik – Impulse & Tendenzen 84). Berlin, Boston: de Gruyter. 354 S.
NS-Vergleiche und NS-Metaphern (NS-V/M) werden oft bemüht, um Aufmerksamkeit zu erregen, um zu provozieren oder zu beleidigen: So wird z. B. auf den Corona-Demos der Virologe Drosten mit dem KZ-Arzt Mengele in Verbindung gebracht oder es werden „Anti-Corona-Maßnahmen mit NS-Methoden verglichen, die angeblich im Holocaust enden sollen“ (Giesel in Lelle 2020). Viele Teilnehmer*innen tragen eine gelbe Armbinde, auf welcher der Davidstern mit der Aufschrift „ungeimpft“ – analog zum nationalsozialistischen Judenstern – zu sehen ist. Mit solchen parallelisierenden Statements wird die Shoah bagatellisiert und relativiert und „das Leid der millionenfach ermordeten Menschen verhöhnt“ (S. 300). Im Kontext vermeintlicher Israel-Kritik wird über NS-V/M zudem eine moderne Manifestationsform des Verbal-Antisemitismus ausgedrückt, z. B. wenn der Gaza-Streifen als größtes KZ aller Zeiten beschrieben wird (S. 270). Diese Formvariante des Post-Holocaust-Antisemitismus, in der judenfeindliche Äußerungen auf den Staat Israel bezogen bzw. als vermeintlich sachliche Kritik an Israel verkauft werden, ist in aktuellen Diskursen die vorherrschende Ausdrucksform von Antisemitismus. Denn Verbal-Antisemitismus wandelt sich an der sprachlichen Oberfläche, tritt in neuen gesellschaftlich-politischen Umgebungen in neuem Gewand auf, das dahinterliegende mentale Konzept jedoch bleibt stets gleich. Studien wie von Schwarz-Friesel & Reinharz (2013), Salzborn (2010) oder Rensmann (2004) zeigen die Vielgesichtigkeit des Phänomens Antisemitismus, der sich versteckt und implizit oder direkt und explizit äußern kann – und eben auch über fahrlässig oder intentional in den Diskurs eingebrachte NS-Vergleiche oder NS-Metaphern. Giesels Studie zu (antisemitischen) NS-V/M leistet einen Beitrag zur Erforschung dieses komplexen Phänomens aus linguistischer und kognitionswissenschaftlicher Perspektive. Giesels Arbeit ist im Umfeld der Studie von Schwarz-Friesel & Reinharz (2013) entstanden. Darin wird die „Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ einer umfassenden Analyse unterzogen, indem judenfeindliche Äußerungen in EMails, Briefen oder Faxen an den Zentralrat der Juden in Deutschland (ZdJ) und ZRS 2020; 12(1–2): 162–167