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Es gibt kein absolutes Mas genetischer oder morphologischer Unterschiede, welches zur Feststellung eines Unterartstatus herangezogen werden konnte. Ontologisch betrachtet stellen solche Unterarten Konstrukte dar, die keine biologische Realitat besitzen. Dies unterscheidet sie ontologisch von Arten, welche je nach Artkonzept Natural Kinds oder sogar Dinge darstellen. Auf den ersten Blick erscheinen die von J. F. Blumenbach unterschiedenen funf „Kontinentalrassen“ des Menschen wie Unterarten. Zwischen diesen vermeintlichen Rassen existiert aber eine beliebige Anzahl von Zwischenformen, die morphologischen Unterschiede sind keineswegs distinkt. Schon daraus wird deutlich, dass die Blumenbachschen Rassen Konstrukte des menschlichen Geistes sind und keine biologische Realitat haben. Die genetische Variabilitat des Menschen wurde schon lange vor Kolonialismus und Globalisierung durch Wanderungsbewegungen und Bevolkerungsaustausche beeinflusst. Moderne Genomanalysen zeigen globalen Genfluss, was jeder Einteilung in unterschiedliche Rassen widerspricht. Dass eine Unterteilung in Menschenrassen eine medizinische Bedeutung haben konnte, erscheint zweifelhaft. Naturlich sind auch die Haufigkeiten medizinisch relevanter Allele nicht gleichmasig uber die Menschheit verteilt, aber auch hierbei handelt es sich um Gradienten. Bei der Grenzziehung bleibt die gleiche Willkur wie bei anderen Merkmalen. Die Zukunft gehort einer individuellen Medizin mit Genotypisierung des Einzelnen.","PeriodicalId":38671,"journal":{"name":"Biologie in Unserer Zeit","volume":"51 1","pages":"179-188"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-05-10","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Rasse ohne Realität: Warum das Konzept der Unterarten fragwürdig und das der Menschenrassen überholt ist\",\"authors\":\"S. Richter, T. 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Rasse ohne Realität: Warum das Konzept der Unterarten fragwürdig und das der Menschenrassen überholt ist
Die grose Mehrheit der Biologen lehnt die Untergliederung des Menschen in verschiedene „Rassen“ ab. Vereinzelt wird jedoch auf die Vergleichbarkeit mit anderen Wirbeltieren, z. B. Vogeln, verwiesen, bei denen „geografische Rassen“ beschrieben wurden. Der Begriff der (geografischen) Rasse wird aber in der wissenschaftlichen Zoologie seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt, er ist vollstandig durch den Begriff Unterart (Subspezies) ersetzt worden; eine ausschliesliche Verwendung bei Menschen verbietet sich schon aus diesem Grund. So gesehen kann die Frage nur lauten, ob es beim Menschen (Homo sapiens) Unterarten gibt. Die Zuordnung der Kategorie Unterart zu einer Gruppe von Populationen ist in jedem Fall eine subjektive Entscheidung des Bearbeiters. Es gibt kein absolutes Mas genetischer oder morphologischer Unterschiede, welches zur Feststellung eines Unterartstatus herangezogen werden konnte. Ontologisch betrachtet stellen solche Unterarten Konstrukte dar, die keine biologische Realitat besitzen. Dies unterscheidet sie ontologisch von Arten, welche je nach Artkonzept Natural Kinds oder sogar Dinge darstellen. Auf den ersten Blick erscheinen die von J. F. Blumenbach unterschiedenen funf „Kontinentalrassen“ des Menschen wie Unterarten. Zwischen diesen vermeintlichen Rassen existiert aber eine beliebige Anzahl von Zwischenformen, die morphologischen Unterschiede sind keineswegs distinkt. Schon daraus wird deutlich, dass die Blumenbachschen Rassen Konstrukte des menschlichen Geistes sind und keine biologische Realitat haben. Die genetische Variabilitat des Menschen wurde schon lange vor Kolonialismus und Globalisierung durch Wanderungsbewegungen und Bevolkerungsaustausche beeinflusst. Moderne Genomanalysen zeigen globalen Genfluss, was jeder Einteilung in unterschiedliche Rassen widerspricht. Dass eine Unterteilung in Menschenrassen eine medizinische Bedeutung haben konnte, erscheint zweifelhaft. Naturlich sind auch die Haufigkeiten medizinisch relevanter Allele nicht gleichmasig uber die Menschheit verteilt, aber auch hierbei handelt es sich um Gradienten. Bei der Grenzziehung bleibt die gleiche Willkur wie bei anderen Merkmalen. Die Zukunft gehort einer individuellen Medizin mit Genotypisierung des Einzelnen.
Biologie in Unserer ZeitAgricultural and Biological Sciences-Agricultural and Biological Sciences (all)
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期刊介绍:
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