{"title":"为什么我们应该在日常工作中谈论性别平等(也包括在地球工程中)","authors":"Pauline Kaminski","doi":"10.1002/gete.202370205","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Warum wird man Bauingenieur? Die Antworten auf diese Frage sind so vielseitig wie die Menschen, die man fragt. Der Beruf ist abwechslungsreich. Jedes Bauprojekt hat eine direkte Rückkopplung mit der Gesellschaft: Baumaßnahmen bewirken, dass eine Gemeinde einen verlässlicheren Hochwasserschutz, mehr Wohnraum oder eine Anbindung an die Mobilitätsinfrastruktur bekommt und somit verbesserte Voraussetzungen für soziale Teilhabe und wirtschaftlichen Wohlstand. Naturwissenschaften und Technik können also Vehikel für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft sein. Das sind sehr idealistische Ziele – der eine oder die andere mochte in der Schule vielleicht einfach gerne Mathe. Am Ende ist der eine Grund so gut wie der andere.</p><p>Die eigentlich interessantere Frage ist vielmehr, warum sich Menschen gegen unseren Beruf entscheiden. Möglicherweise weil die Baubranche seit jeher eine Männerdomäne mit chronisch niedrigem Frauenanteil ist: 2021 waren nur 13 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Baugewerbe weiblich [<span>1</span>]. In der Bauplanung und -überwachung zeigt sich erwartungsgemäß ein leicht anderes Bild: Der Frauenanteil unter den Bauingenieuren in Unternehmen (ohne öffentlichen Dienst) lag 2020 bei 28 % [<span>2</span>]. Im Tiefbau liegt dieser Wert nur bei 22 % [<span>2</span>]. Vielleicht entscheidet man sich also dagegen, weil dieses unausgewogene Geschlechterverhältnis ein – positiv ausgedrückt – herausforderndes Arbeitsumfeld schafft. Das äußert sich langfristig zum Beispiel darin, dass sich diese Frauenanteile überhaupt nicht in den Führungsetagen widerspiegeln. Leitende Positionen sind im Baugewerbe nur zu 7 % mit Frauen besetzt, die ein um 24 % geringeres Gehalt als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen [<span>2</span>]. Das ist eine Entgeltlücke, die weit über den gesellschaftlichen Durchschnitt von 18 % hinausgeht [<span>3</span>]. Berufsorientierungsplattformen wie der <i>unicum Karriereplaner</i> [<span>4</span>] haben das Bauingenieurswesen schon als Berufsfeld ausgewiesen, in dem man als Frau wesentlich geringer entlohnt wird als Männer.</p><p>Darauf könnte man nun erwidern, dass jede und jeder sich seinen Beruf frei auswählen kann und so sein Glück selbst in der Hand hat. Wenn man auf die individuelle Wahlfreiheit schaut, ist das korrekt. Doch bei einem Blick auf das große Ganze kommt man nicht umhin zu bemerken, dass wir uns mit dieser fehlenden Chancengleichheit selbst im Wege stehen und dem Fachkräftemangel Vorschub leisten. Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Struktur unserer Arbeitswelt einen gleichberechtigten Zugang zu beruflicher Entfaltung hindert. Ein Umstand, der nicht nur Frauen betrifft, denn Gerechtigkeit und Chancengleichheit in all ihren Dimensionen sind die Essenz eines funktionierenden und vertrauensvollen Miteinanders. Um dem zu begegnen und das Bauingenieurwesen attraktiver zu machen, benötigt es aktives Engagement, das strukturelle Hürden abbaut. Wir sollten daher einen offenen Austausch über Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in der Branche und eine Debatte über die Ausgestaltung möglicher Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit führen. Die Bandbreite an möglichen Instrumenten ist so facettenreich, wie wir kreativ sind. Sinnvolle Maßnahmen, auf die wir uns einigen können und hinter denen wir uns versammeln können, existieren also. Die DGGT kann und sollte ein Forum für diesen Dialog bereitstellen. Ihre Mitglieder und die Fachwelt sollten sich der Debatte öffnen, riskieren etwas dazuzulernen und sich auf den Dialog einlassen.</p><p>Abschließend noch ein guter Grund, Bauingenieur zu werden: Weil es sehr erfüllend sein kann, innovative Lösungsansätze für Fragestellungen zu entwickeln und umzusetzen. Warum nicht auch für nicht-technische Fragestellungen? Warum nicht auch für Geschlechtergerechtigkeit?</p>","PeriodicalId":43155,"journal":{"name":"Geotechnik","volume":"46 2","pages":"87-88"},"PeriodicalIF":0.5000,"publicationDate":"2023-06-13","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/gete.202370205","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Warum wir (auch in der Geotechnik) über Geschlechtergerechtigkeit im Arbeitsalltag sprechen sollten\",\"authors\":\"Pauline Kaminski\",\"doi\":\"10.1002/gete.202370205\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Warum wird man Bauingenieur? Die Antworten auf diese Frage sind so vielseitig wie die Menschen, die man fragt. Der Beruf ist abwechslungsreich. 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In der Bauplanung und -überwachung zeigt sich erwartungsgemäß ein leicht anderes Bild: Der Frauenanteil unter den Bauingenieuren in Unternehmen (ohne öffentlichen Dienst) lag 2020 bei 28 % [<span>2</span>]. Im Tiefbau liegt dieser Wert nur bei 22 % [<span>2</span>]. Vielleicht entscheidet man sich also dagegen, weil dieses unausgewogene Geschlechterverhältnis ein – positiv ausgedrückt – herausforderndes Arbeitsumfeld schafft. Das äußert sich langfristig zum Beispiel darin, dass sich diese Frauenanteile überhaupt nicht in den Führungsetagen widerspiegeln. Leitende Positionen sind im Baugewerbe nur zu 7 % mit Frauen besetzt, die ein um 24 % geringeres Gehalt als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen [<span>2</span>]. Das ist eine Entgeltlücke, die weit über den gesellschaftlichen Durchschnitt von 18 % hinausgeht [<span>3</span>]. Berufsorientierungsplattformen wie der <i>unicum Karriereplaner</i> [<span>4</span>] haben das Bauingenieurswesen schon als Berufsfeld ausgewiesen, in dem man als Frau wesentlich geringer entlohnt wird als Männer.</p><p>Darauf könnte man nun erwidern, dass jede und jeder sich seinen Beruf frei auswählen kann und so sein Glück selbst in der Hand hat. Wenn man auf die individuelle Wahlfreiheit schaut, ist das korrekt. Doch bei einem Blick auf das große Ganze kommt man nicht umhin zu bemerken, dass wir uns mit dieser fehlenden Chancengleichheit selbst im Wege stehen und dem Fachkräftemangel Vorschub leisten. Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Struktur unserer Arbeitswelt einen gleichberechtigten Zugang zu beruflicher Entfaltung hindert. Ein Umstand, der nicht nur Frauen betrifft, denn Gerechtigkeit und Chancengleichheit in all ihren Dimensionen sind die Essenz eines funktionierenden und vertrauensvollen Miteinanders. Um dem zu begegnen und das Bauingenieurwesen attraktiver zu machen, benötigt es aktives Engagement, das strukturelle Hürden abbaut. Wir sollten daher einen offenen Austausch über Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in der Branche und eine Debatte über die Ausgestaltung möglicher Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit führen. Die Bandbreite an möglichen Instrumenten ist so facettenreich, wie wir kreativ sind. Sinnvolle Maßnahmen, auf die wir uns einigen können und hinter denen wir uns versammeln können, existieren also. Die DGGT kann und sollte ein Forum für diesen Dialog bereitstellen. Ihre Mitglieder und die Fachwelt sollten sich der Debatte öffnen, riskieren etwas dazuzulernen und sich auf den Dialog einlassen.</p><p>Abschließend noch ein guter Grund, Bauingenieur zu werden: Weil es sehr erfüllend sein kann, innovative Lösungsansätze für Fragestellungen zu entwickeln und umzusetzen. Warum nicht auch für nicht-technische Fragestellungen? 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Warum wir (auch in der Geotechnik) über Geschlechtergerechtigkeit im Arbeitsalltag sprechen sollten
Warum wird man Bauingenieur? Die Antworten auf diese Frage sind so vielseitig wie die Menschen, die man fragt. Der Beruf ist abwechslungsreich. Jedes Bauprojekt hat eine direkte Rückkopplung mit der Gesellschaft: Baumaßnahmen bewirken, dass eine Gemeinde einen verlässlicheren Hochwasserschutz, mehr Wohnraum oder eine Anbindung an die Mobilitätsinfrastruktur bekommt und somit verbesserte Voraussetzungen für soziale Teilhabe und wirtschaftlichen Wohlstand. Naturwissenschaften und Technik können also Vehikel für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft sein. Das sind sehr idealistische Ziele – der eine oder die andere mochte in der Schule vielleicht einfach gerne Mathe. Am Ende ist der eine Grund so gut wie der andere.
Die eigentlich interessantere Frage ist vielmehr, warum sich Menschen gegen unseren Beruf entscheiden. Möglicherweise weil die Baubranche seit jeher eine Männerdomäne mit chronisch niedrigem Frauenanteil ist: 2021 waren nur 13 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Baugewerbe weiblich [1]. In der Bauplanung und -überwachung zeigt sich erwartungsgemäß ein leicht anderes Bild: Der Frauenanteil unter den Bauingenieuren in Unternehmen (ohne öffentlichen Dienst) lag 2020 bei 28 % [2]. Im Tiefbau liegt dieser Wert nur bei 22 % [2]. Vielleicht entscheidet man sich also dagegen, weil dieses unausgewogene Geschlechterverhältnis ein – positiv ausgedrückt – herausforderndes Arbeitsumfeld schafft. Das äußert sich langfristig zum Beispiel darin, dass sich diese Frauenanteile überhaupt nicht in den Führungsetagen widerspiegeln. Leitende Positionen sind im Baugewerbe nur zu 7 % mit Frauen besetzt, die ein um 24 % geringeres Gehalt als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen [2]. Das ist eine Entgeltlücke, die weit über den gesellschaftlichen Durchschnitt von 18 % hinausgeht [3]. Berufsorientierungsplattformen wie der unicum Karriereplaner [4] haben das Bauingenieurswesen schon als Berufsfeld ausgewiesen, in dem man als Frau wesentlich geringer entlohnt wird als Männer.
Darauf könnte man nun erwidern, dass jede und jeder sich seinen Beruf frei auswählen kann und so sein Glück selbst in der Hand hat. Wenn man auf die individuelle Wahlfreiheit schaut, ist das korrekt. Doch bei einem Blick auf das große Ganze kommt man nicht umhin zu bemerken, dass wir uns mit dieser fehlenden Chancengleichheit selbst im Wege stehen und dem Fachkräftemangel Vorschub leisten. Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Struktur unserer Arbeitswelt einen gleichberechtigten Zugang zu beruflicher Entfaltung hindert. Ein Umstand, der nicht nur Frauen betrifft, denn Gerechtigkeit und Chancengleichheit in all ihren Dimensionen sind die Essenz eines funktionierenden und vertrauensvollen Miteinanders. Um dem zu begegnen und das Bauingenieurwesen attraktiver zu machen, benötigt es aktives Engagement, das strukturelle Hürden abbaut. Wir sollten daher einen offenen Austausch über Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in der Branche und eine Debatte über die Ausgestaltung möglicher Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit führen. Die Bandbreite an möglichen Instrumenten ist so facettenreich, wie wir kreativ sind. Sinnvolle Maßnahmen, auf die wir uns einigen können und hinter denen wir uns versammeln können, existieren also. Die DGGT kann und sollte ein Forum für diesen Dialog bereitstellen. Ihre Mitglieder und die Fachwelt sollten sich der Debatte öffnen, riskieren etwas dazuzulernen und sich auf den Dialog einlassen.
Abschließend noch ein guter Grund, Bauingenieur zu werden: Weil es sehr erfüllend sein kann, innovative Lösungsansätze für Fragestellungen zu entwickeln und umzusetzen. Warum nicht auch für nicht-technische Fragestellungen? Warum nicht auch für Geschlechtergerechtigkeit?
期刊介绍:
Die Zeitschrift "geotechnik" ist das Organ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V (DGGT) und erscheint viermal jährlich. Die Themen- schwerpunkte entsprechen den Fachsektionen der DGGT und umfassen Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, Felsmechanik, Ingenieurgeologie, Geokunststoffe sowie Umweltgeotechnik. Die Schwerpunkte einer Ausgabe werden jeweils von einer Fachsektion gestellt und auch um Beiträge aus anderen Themenbereichen ergänzt. Mitteilungen der DGGT, CBTR-Nachrichten des Centrums für Deutsches und Internationales Baugrund- und Tiefbaurecht e.V., Nachrichten aus der Industrie.