{"title":"许多工程师","authors":"Dr.-Ing. Karsten Beckhaus","doi":"10.1002/gete.202270303","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Wenn Hirsche fehlen, wächst mehr Pappel-Dickicht, und das lockt Biber an. So geschehen im Yellowstone-Nationalpark, nachdem dort 1995 Wölfe angesiedelt wurden, die natürlicherweise Hirsche fressen. Der böse Wolf? Der Eingriff in die Umwelt verändert Lebensbedingungen. Das ist keine neue Erkenntnis. Die Zusammenhänge in der Natur sind aber sehr komplex, und sie zu verstehen ist erforderlich, um die Umwelt in der richtigen Art und Weise – also nachhaltig! – zu beeinflussen.</p><p>Im selben Artikel der Süddeutschen Zeitung werden u. a. Elefanten als „tierische Ingenieure“ bezeichnet, weil sie aktiv auf das Ökosystem einwirken. Sie rupfen bspw. Pflanzen aus dem Boden, und so entsteht Lebensraum für kleinere Wirbeltiere. Sie fördern Biodiversität und gehen damit einem der 17 von der UN definierten Nachhaltigkeitszielen nach. Einfach so! Der Elefant sollte uns menschlichen Ingenieuren ein Vorbild sein.</p><p>Am 4. März 2023 wird zum vierten Mal der eigens von der UNESCO ins Leben gerufene „Internationale Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung“ sein, um den Beitrag der Ingenieure zu den UN-Zielen zu würdigen. Es wird wenig Anlass zum Feiern geben, weil der Bau und der Unterhalt von Gebäuden immer noch viel zu viel Treibhausgasemissionen verursachen wird. Nicht zu bauen ist aber keine Alternative, weil bauliche Maßnahmen alleine schon für den nachhaltigen Fortschritt unerlässlich sind, z.B. um den umweltfreundlichen Schienenverkehr baulich zu erweitern bzw. zu erhalten. Wir werden dafür weiter Zement, Beton und andere Baustoffe verwenden, die – aus meiner persönlichen Sicht nicht immer ganz zu Recht – in der Gesellschaft keinen guten Ruf genießen. Wie die Wölfe.</p><p>Wir können unsere Umwelt positiv verändern, müssen aber als „Zivilingenieure“ alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den kommenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Der European Green Deal der Europäischen Kommission ist ein guter Start. Und er setzt mit der Klimaneutralität ein wichtiges Ziel.</p><p>Die Klimaneutralität hat eine Maßzahl: die Null. „Menschliche“ Ingenieure brauchen messbare Größen, anhand derer sie ihren Plan verfolgen können, ob sie etwa ihre für 2030 gesteckten (Zwischen-)Klimaziele jeweils erreicht haben werden. Dafür ist jede Benchmark geeignet, solange sie auf Klimaneutralität abzielt und nicht andere Nachhaltigkeitsziele verletzt. Der ökologische Fußabdruck einer geotechnischen Bauaufgabe ist ein guter und wichtiger Indikator. Er sollte schleunigst von den im Prozess Einfluss nehmenden Parteien, d. h. von auftraggebenden, planenden und ausführenden Personen, beachtet werden, um nicht unwissend CO<sub>2</sub> und andere Emissionen zu vergeuden. Jede mögliche Reduktion von Emissionen ist wertvoll und sollte auch entsprechend geldwert betrachtet werden. Damit könnten weitere nachhaltige Bauarten über diejenigen hinaus Einsatz finden, die – aufgrund ihrer gleichzeitigen Wirtschaftlichkeit – jetzt schon ihren Markt gefunden haben.</p><p>Als Ingenieure sind wir gleichzeitig dazu verpflichtet, uns nicht im Detail zu verlieren und nur tatsächlich relevante Zahlen zu verfolgen. Wir müssen ein einheitliches Bewertungsprinzip etablieren und dabei objektive und transparente Bewertungsregeln anwenden. Eine ökologische Bewertung muss also auf der einen Seite ein Gesamtbauwerk, d. h. die Summe der Bauteile betrachten, auf der anderen Seite den gesamten Lebenszyklus. Die für die Erstellung eines Bauwerks verbrauchten Emissionen lassen sich recht zuverlässig berechnen, im Spezialtiefbau z. B. mit dem von der European Federation of Foundation Contractors erarbeiteten „Carbon Calculator“. Die Projektion über die Lebensdauer eines Bauwerks ist ungleich schwieriger. Ob dessen Nutzung über die folgenden Jahrzehnte tatsächlich planmäßig verläuft oder die Energiebilanz korrekt vorausberechnet wurde, ist unsicher. So wie die Projektleiterin oder der Projektleiter den Bauablauf anhand von Soll-Ist-Vergleichen kontrolliert, sollte in jedem Fall auch der geplante Erfolg der Maßnahmen zum Klimaschutz verifiziert werden. Digitale Methoden können helfen, das Prozessmanagement zu optimieren und können das Qualitätsmanagement unterstützen. Es darf keine Energie verschwendet werden, und es dürfen keine Fehler passieren, deren Beseitigung wiederum Energie kosten würde. In den nächsten Jahren dürfte es in der Geotechnik vor allem darauf ankommen, emissionsarme Baustellen zu planen und abzuwickeln, die Geothermie als regenerierbare Energiequelle in unseren geotechnischen Bauwerken verstärkt nutzbar zu machen und Baustoffe einzusetzen, die das Klima deutlich weniger beanspruchen. Entscheidend wird bei allem sein, weiter „gute Ingenieure“ zu haben.</p><p>Wir werden gemeinsam hart arbeiten müssen, um unsere Ziele zu erreichen, und dürfen dabei die Komplexität der Zusammenhänge nicht ignorieren. Die „tierischen Ingenieure“ haben ihr Ökosystem über Millionen von Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Wir müssen hier und heute „tierisch gut“ sein, um unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele in wenigen Jahrzehnten zu erreichen. 2050 werden wir den 31. Internationalen Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung feiern. Bis dahin werden wir weiter bauen und Beton einsetzen, aber trotzdem Biodiversität schaffen. Trampeln wir jeden Widerstand nieder!</p><p><i>Dr.-Ing. Karsten Beckhaus</i></p><p>Mitglied des DGGT-Vorstands</p>","PeriodicalId":43155,"journal":{"name":"Geotechnik","volume":"45 3","pages":"153-154"},"PeriodicalIF":0.5000,"publicationDate":"2022-09-08","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/gete.202270303","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Tierisch gute Ingenieure\",\"authors\":\"Dr.-Ing. Karsten Beckhaus\",\"doi\":\"10.1002/gete.202270303\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Wenn Hirsche fehlen, wächst mehr Pappel-Dickicht, und das lockt Biber an. So geschehen im Yellowstone-Nationalpark, nachdem dort 1995 Wölfe angesiedelt wurden, die natürlicherweise Hirsche fressen. Der böse Wolf? Der Eingriff in die Umwelt verändert Lebensbedingungen. Das ist keine neue Erkenntnis. Die Zusammenhänge in der Natur sind aber sehr komplex, und sie zu verstehen ist erforderlich, um die Umwelt in der richtigen Art und Weise – also nachhaltig! – zu beeinflussen.</p><p>Im selben Artikel der Süddeutschen Zeitung werden u. a. Elefanten als „tierische Ingenieure“ bezeichnet, weil sie aktiv auf das Ökosystem einwirken. Sie rupfen bspw. Pflanzen aus dem Boden, und so entsteht Lebensraum für kleinere Wirbeltiere. Sie fördern Biodiversität und gehen damit einem der 17 von der UN definierten Nachhaltigkeitszielen nach. Einfach so! Der Elefant sollte uns menschlichen Ingenieuren ein Vorbild sein.</p><p>Am 4. März 2023 wird zum vierten Mal der eigens von der UNESCO ins Leben gerufene „Internationale Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung“ sein, um den Beitrag der Ingenieure zu den UN-Zielen zu würdigen. Es wird wenig Anlass zum Feiern geben, weil der Bau und der Unterhalt von Gebäuden immer noch viel zu viel Treibhausgasemissionen verursachen wird. Nicht zu bauen ist aber keine Alternative, weil bauliche Maßnahmen alleine schon für den nachhaltigen Fortschritt unerlässlich sind, z.B. um den umweltfreundlichen Schienenverkehr baulich zu erweitern bzw. zu erhalten. Wir werden dafür weiter Zement, Beton und andere Baustoffe verwenden, die – aus meiner persönlichen Sicht nicht immer ganz zu Recht – in der Gesellschaft keinen guten Ruf genießen. Wie die Wölfe.</p><p>Wir können unsere Umwelt positiv verändern, müssen aber als „Zivilingenieure“ alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den kommenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Der European Green Deal der Europäischen Kommission ist ein guter Start. Und er setzt mit der Klimaneutralität ein wichtiges Ziel.</p><p>Die Klimaneutralität hat eine Maßzahl: die Null. „Menschliche“ Ingenieure brauchen messbare Größen, anhand derer sie ihren Plan verfolgen können, ob sie etwa ihre für 2030 gesteckten (Zwischen-)Klimaziele jeweils erreicht haben werden. Dafür ist jede Benchmark geeignet, solange sie auf Klimaneutralität abzielt und nicht andere Nachhaltigkeitsziele verletzt. Der ökologische Fußabdruck einer geotechnischen Bauaufgabe ist ein guter und wichtiger Indikator. Er sollte schleunigst von den im Prozess Einfluss nehmenden Parteien, d. h. von auftraggebenden, planenden und ausführenden Personen, beachtet werden, um nicht unwissend CO<sub>2</sub> und andere Emissionen zu vergeuden. Jede mögliche Reduktion von Emissionen ist wertvoll und sollte auch entsprechend geldwert betrachtet werden. Damit könnten weitere nachhaltige Bauarten über diejenigen hinaus Einsatz finden, die – aufgrund ihrer gleichzeitigen Wirtschaftlichkeit – jetzt schon ihren Markt gefunden haben.</p><p>Als Ingenieure sind wir gleichzeitig dazu verpflichtet, uns nicht im Detail zu verlieren und nur tatsächlich relevante Zahlen zu verfolgen. Wir müssen ein einheitliches Bewertungsprinzip etablieren und dabei objektive und transparente Bewertungsregeln anwenden. Eine ökologische Bewertung muss also auf der einen Seite ein Gesamtbauwerk, d. h. die Summe der Bauteile betrachten, auf der anderen Seite den gesamten Lebenszyklus. Die für die Erstellung eines Bauwerks verbrauchten Emissionen lassen sich recht zuverlässig berechnen, im Spezialtiefbau z. B. mit dem von der European Federation of Foundation Contractors erarbeiteten „Carbon Calculator“. Die Projektion über die Lebensdauer eines Bauwerks ist ungleich schwieriger. Ob dessen Nutzung über die folgenden Jahrzehnte tatsächlich planmäßig verläuft oder die Energiebilanz korrekt vorausberechnet wurde, ist unsicher. So wie die Projektleiterin oder der Projektleiter den Bauablauf anhand von Soll-Ist-Vergleichen kontrolliert, sollte in jedem Fall auch der geplante Erfolg der Maßnahmen zum Klimaschutz verifiziert werden. Digitale Methoden können helfen, das Prozessmanagement zu optimieren und können das Qualitätsmanagement unterstützen. Es darf keine Energie verschwendet werden, und es dürfen keine Fehler passieren, deren Beseitigung wiederum Energie kosten würde. In den nächsten Jahren dürfte es in der Geotechnik vor allem darauf ankommen, emissionsarme Baustellen zu planen und abzuwickeln, die Geothermie als regenerierbare Energiequelle in unseren geotechnischen Bauwerken verstärkt nutzbar zu machen und Baustoffe einzusetzen, die das Klima deutlich weniger beanspruchen. Entscheidend wird bei allem sein, weiter „gute Ingenieure“ zu haben.</p><p>Wir werden gemeinsam hart arbeiten müssen, um unsere Ziele zu erreichen, und dürfen dabei die Komplexität der Zusammenhänge nicht ignorieren. Die „tierischen Ingenieure“ haben ihr Ökosystem über Millionen von Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Wir müssen hier und heute „tierisch gut“ sein, um unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele in wenigen Jahrzehnten zu erreichen. 2050 werden wir den 31. Internationalen Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung feiern. Bis dahin werden wir weiter bauen und Beton einsetzen, aber trotzdem Biodiversität schaffen. Trampeln wir jeden Widerstand nieder!</p><p><i>Dr.-Ing. Karsten Beckhaus</i></p><p>Mitglied des DGGT-Vorstands</p>\",\"PeriodicalId\":43155,\"journal\":{\"name\":\"Geotechnik\",\"volume\":\"45 3\",\"pages\":\"153-154\"},\"PeriodicalIF\":0.5000,\"publicationDate\":\"2022-09-08\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/gete.202270303\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Geotechnik\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/gete.202270303\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"Q4\",\"JCRName\":\"ENGINEERING, GEOLOGICAL\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Geotechnik","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/gete.202270303","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"ENGINEERING, GEOLOGICAL","Score":null,"Total":0}
Wenn Hirsche fehlen, wächst mehr Pappel-Dickicht, und das lockt Biber an. So geschehen im Yellowstone-Nationalpark, nachdem dort 1995 Wölfe angesiedelt wurden, die natürlicherweise Hirsche fressen. Der böse Wolf? Der Eingriff in die Umwelt verändert Lebensbedingungen. Das ist keine neue Erkenntnis. Die Zusammenhänge in der Natur sind aber sehr komplex, und sie zu verstehen ist erforderlich, um die Umwelt in der richtigen Art und Weise – also nachhaltig! – zu beeinflussen.
Im selben Artikel der Süddeutschen Zeitung werden u. a. Elefanten als „tierische Ingenieure“ bezeichnet, weil sie aktiv auf das Ökosystem einwirken. Sie rupfen bspw. Pflanzen aus dem Boden, und so entsteht Lebensraum für kleinere Wirbeltiere. Sie fördern Biodiversität und gehen damit einem der 17 von der UN definierten Nachhaltigkeitszielen nach. Einfach so! Der Elefant sollte uns menschlichen Ingenieuren ein Vorbild sein.
Am 4. März 2023 wird zum vierten Mal der eigens von der UNESCO ins Leben gerufene „Internationale Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung“ sein, um den Beitrag der Ingenieure zu den UN-Zielen zu würdigen. Es wird wenig Anlass zum Feiern geben, weil der Bau und der Unterhalt von Gebäuden immer noch viel zu viel Treibhausgasemissionen verursachen wird. Nicht zu bauen ist aber keine Alternative, weil bauliche Maßnahmen alleine schon für den nachhaltigen Fortschritt unerlässlich sind, z.B. um den umweltfreundlichen Schienenverkehr baulich zu erweitern bzw. zu erhalten. Wir werden dafür weiter Zement, Beton und andere Baustoffe verwenden, die – aus meiner persönlichen Sicht nicht immer ganz zu Recht – in der Gesellschaft keinen guten Ruf genießen. Wie die Wölfe.
Wir können unsere Umwelt positiv verändern, müssen aber als „Zivilingenieure“ alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den kommenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Der European Green Deal der Europäischen Kommission ist ein guter Start. Und er setzt mit der Klimaneutralität ein wichtiges Ziel.
Die Klimaneutralität hat eine Maßzahl: die Null. „Menschliche“ Ingenieure brauchen messbare Größen, anhand derer sie ihren Plan verfolgen können, ob sie etwa ihre für 2030 gesteckten (Zwischen-)Klimaziele jeweils erreicht haben werden. Dafür ist jede Benchmark geeignet, solange sie auf Klimaneutralität abzielt und nicht andere Nachhaltigkeitsziele verletzt. Der ökologische Fußabdruck einer geotechnischen Bauaufgabe ist ein guter und wichtiger Indikator. Er sollte schleunigst von den im Prozess Einfluss nehmenden Parteien, d. h. von auftraggebenden, planenden und ausführenden Personen, beachtet werden, um nicht unwissend CO2 und andere Emissionen zu vergeuden. Jede mögliche Reduktion von Emissionen ist wertvoll und sollte auch entsprechend geldwert betrachtet werden. Damit könnten weitere nachhaltige Bauarten über diejenigen hinaus Einsatz finden, die – aufgrund ihrer gleichzeitigen Wirtschaftlichkeit – jetzt schon ihren Markt gefunden haben.
Als Ingenieure sind wir gleichzeitig dazu verpflichtet, uns nicht im Detail zu verlieren und nur tatsächlich relevante Zahlen zu verfolgen. Wir müssen ein einheitliches Bewertungsprinzip etablieren und dabei objektive und transparente Bewertungsregeln anwenden. Eine ökologische Bewertung muss also auf der einen Seite ein Gesamtbauwerk, d. h. die Summe der Bauteile betrachten, auf der anderen Seite den gesamten Lebenszyklus. Die für die Erstellung eines Bauwerks verbrauchten Emissionen lassen sich recht zuverlässig berechnen, im Spezialtiefbau z. B. mit dem von der European Federation of Foundation Contractors erarbeiteten „Carbon Calculator“. Die Projektion über die Lebensdauer eines Bauwerks ist ungleich schwieriger. Ob dessen Nutzung über die folgenden Jahrzehnte tatsächlich planmäßig verläuft oder die Energiebilanz korrekt vorausberechnet wurde, ist unsicher. So wie die Projektleiterin oder der Projektleiter den Bauablauf anhand von Soll-Ist-Vergleichen kontrolliert, sollte in jedem Fall auch der geplante Erfolg der Maßnahmen zum Klimaschutz verifiziert werden. Digitale Methoden können helfen, das Prozessmanagement zu optimieren und können das Qualitätsmanagement unterstützen. Es darf keine Energie verschwendet werden, und es dürfen keine Fehler passieren, deren Beseitigung wiederum Energie kosten würde. In den nächsten Jahren dürfte es in der Geotechnik vor allem darauf ankommen, emissionsarme Baustellen zu planen und abzuwickeln, die Geothermie als regenerierbare Energiequelle in unseren geotechnischen Bauwerken verstärkt nutzbar zu machen und Baustoffe einzusetzen, die das Klima deutlich weniger beanspruchen. Entscheidend wird bei allem sein, weiter „gute Ingenieure“ zu haben.
Wir werden gemeinsam hart arbeiten müssen, um unsere Ziele zu erreichen, und dürfen dabei die Komplexität der Zusammenhänge nicht ignorieren. Die „tierischen Ingenieure“ haben ihr Ökosystem über Millionen von Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Wir müssen hier und heute „tierisch gut“ sein, um unsere ambitionierten Nachhaltigkeitsziele in wenigen Jahrzehnten zu erreichen. 2050 werden wir den 31. Internationalen Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung feiern. Bis dahin werden wir weiter bauen und Beton einsetzen, aber trotzdem Biodiversität schaffen. Trampeln wir jeden Widerstand nieder!
期刊介绍:
Die Zeitschrift "geotechnik" ist das Organ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V (DGGT) und erscheint viermal jährlich. Die Themen- schwerpunkte entsprechen den Fachsektionen der DGGT und umfassen Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, Felsmechanik, Ingenieurgeologie, Geokunststoffe sowie Umweltgeotechnik. Die Schwerpunkte einer Ausgabe werden jeweils von einer Fachsektion gestellt und auch um Beiträge aus anderen Themenbereichen ergänzt. Mitteilungen der DGGT, CBTR-Nachrichten des Centrums für Deutsches und Internationales Baugrund- und Tiefbaurecht e.V., Nachrichten aus der Industrie.