社论

IF 0.2 3区 文学 0 LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN
Walter Erhart
{"title":"社论","authors":"Walter Erhart","doi":"10.1515/iasl-2020-0012","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der Vergleich gehört zum fundamentalen Instrumentarium der Literaturwissenschaft – von der institutionellen Gründung der vergleichenden Literaturwissenschaft im 19. Jahrhundert bis zum universalen didaktischen Einsatz des ‚Gedichtvergleichs‘. Erich Auerbach hat in seinem für die komparatistische Philologie grundlegenden Werk Mimesis im ersten Kapitel („Die Narbe des Odysseus“) die Bibel mit Homer konfrontiert und dabei die entsprechende Methode und das daraus folgende Erkenntnisziel formuliert: „Wir haben die beiden Texte, und im Anschluß daran die beiden Stilarten, die sie verkörpern, miteinander verglichen, um einen Ausgangspunkt für Versuche über die literarische Darstellung des Wirklichen in der europäischen Kultur zu gewinnen.“ Bereits in der Literaturwissenschaft selbst aber ist das Verfahren des Vergleichens doppelbödig: einerseits selbstverständlich, andererseits auch umstritten. Eine philologische Erkenntnis – so Peter Szondi – beruht darauf, dass sich das Kunstwerk in seiner Singularität behauptet und bewährt – und dementsprechend analysiert werden sollte: „Kein Kunstwerk behauptet, daß es unvergleichbar ist [...], wohl aber verlangt es, daß es nicht verglichen werde.“ Nicht nur in den Geisteswissenschaften ist das Vergleichen ebenso zwangsläufig wie ubiquitär, als Verfahren scheint es zu den grundlegenden Denkgewohnheiten zu gehören – in den Wissenschaften wie im Alltag. Diese Selbstverständlichkeit und der mit ihr verbundene Neutralitätsund Objektivitätsanspruch sind freilich trügerisch: Das Vergleichen besitzt nicht nur eine Geschichte, es ist zugleich eine Praxis, in der nicht zwei oder mehrere Objekte in ihrer objektiven Beziehung zueinander betrachtet werden, sondern in der Akteure, Interessen und","PeriodicalId":42506,"journal":{"name":"INTERNATIONALES ARCHIV FUR SOZIALGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR","volume":"45 1","pages":"229 - 230"},"PeriodicalIF":0.2000,"publicationDate":"2020-11-09","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/iasl-2020-0012","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Editorial\",\"authors\":\"Walter Erhart\",\"doi\":\"10.1515/iasl-2020-0012\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Der Vergleich gehört zum fundamentalen Instrumentarium der Literaturwissenschaft – von der institutionellen Gründung der vergleichenden Literaturwissenschaft im 19. Jahrhundert bis zum universalen didaktischen Einsatz des ‚Gedichtvergleichs‘. Erich Auerbach hat in seinem für die komparatistische Philologie grundlegenden Werk Mimesis im ersten Kapitel („Die Narbe des Odysseus“) die Bibel mit Homer konfrontiert und dabei die entsprechende Methode und das daraus folgende Erkenntnisziel formuliert: „Wir haben die beiden Texte, und im Anschluß daran die beiden Stilarten, die sie verkörpern, miteinander verglichen, um einen Ausgangspunkt für Versuche über die literarische Darstellung des Wirklichen in der europäischen Kultur zu gewinnen.“ Bereits in der Literaturwissenschaft selbst aber ist das Verfahren des Vergleichens doppelbödig: einerseits selbstverständlich, andererseits auch umstritten. Eine philologische Erkenntnis – so Peter Szondi – beruht darauf, dass sich das Kunstwerk in seiner Singularität behauptet und bewährt – und dementsprechend analysiert werden sollte: „Kein Kunstwerk behauptet, daß es unvergleichbar ist [...], wohl aber verlangt es, daß es nicht verglichen werde.“ Nicht nur in den Geisteswissenschaften ist das Vergleichen ebenso zwangsläufig wie ubiquitär, als Verfahren scheint es zu den grundlegenden Denkgewohnheiten zu gehören – in den Wissenschaften wie im Alltag. Diese Selbstverständlichkeit und der mit ihr verbundene Neutralitätsund Objektivitätsanspruch sind freilich trügerisch: Das Vergleichen besitzt nicht nur eine Geschichte, es ist zugleich eine Praxis, in der nicht zwei oder mehrere Objekte in ihrer objektiven Beziehung zueinander betrachtet werden, sondern in der Akteure, Interessen und\",\"PeriodicalId\":42506,\"journal\":{\"name\":\"INTERNATIONALES ARCHIV FUR SOZIALGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR\",\"volume\":\"45 1\",\"pages\":\"229 - 230\"},\"PeriodicalIF\":0.2000,\"publicationDate\":\"2020-11-09\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/iasl-2020-0012\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"INTERNATIONALES ARCHIV FUR SOZIALGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1515/iasl-2020-0012\",\"RegionNum\":3,\"RegionCategory\":\"文学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"INTERNATIONALES ARCHIV FUR SOZIALGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/iasl-2020-0012","RegionNum":3,"RegionCategory":"文学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"LITERATURE, GERMAN, DUTCH, SCANDINAVIAN","Score":null,"Total":0}
引用次数: 0

摘要

比较属于文学研究的基本工具——来自19世纪比较文学的制度基础。从19世纪到普遍采用说教的“诗歌比较”。埃里希·奥尔巴赫在其著作的第一章(《奥德修斯的伤痕》)中写下了《米梅斯》,这是比较语言学的基础。“我们比较了这两个文本,以及它们所体现的两种风格,以便为欧洲文化中真实的文学表现实验提供一个起点。“然而,在文学研究本身中,比较的方法是模糊的:一方面不言自明,另一方面也有争议。根据Peter Szondi的说法,文献学的发现是基于这样一个事实,即艺术作品在其独特性中断言并证明了自己,因此应该进行相应的分析:”没有任何艺术作品声称它是无与伦比的。但它要求不进行比较。“不仅在人文学科中,比较是不可避免的,而且无处不在;作为一个过程,它似乎属于基本的思维习惯——在科学和日常生活中。当然,这种自然性以及与之相关的中立性和客观性是欺骗性的。同时,一种实践,在这种实践中,不考虑两个或多个对象之间的客观关系,而是考虑参与者、利益和
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
Editorial
Der Vergleich gehört zum fundamentalen Instrumentarium der Literaturwissenschaft – von der institutionellen Gründung der vergleichenden Literaturwissenschaft im 19. Jahrhundert bis zum universalen didaktischen Einsatz des ‚Gedichtvergleichs‘. Erich Auerbach hat in seinem für die komparatistische Philologie grundlegenden Werk Mimesis im ersten Kapitel („Die Narbe des Odysseus“) die Bibel mit Homer konfrontiert und dabei die entsprechende Methode und das daraus folgende Erkenntnisziel formuliert: „Wir haben die beiden Texte, und im Anschluß daran die beiden Stilarten, die sie verkörpern, miteinander verglichen, um einen Ausgangspunkt für Versuche über die literarische Darstellung des Wirklichen in der europäischen Kultur zu gewinnen.“ Bereits in der Literaturwissenschaft selbst aber ist das Verfahren des Vergleichens doppelbödig: einerseits selbstverständlich, andererseits auch umstritten. Eine philologische Erkenntnis – so Peter Szondi – beruht darauf, dass sich das Kunstwerk in seiner Singularität behauptet und bewährt – und dementsprechend analysiert werden sollte: „Kein Kunstwerk behauptet, daß es unvergleichbar ist [...], wohl aber verlangt es, daß es nicht verglichen werde.“ Nicht nur in den Geisteswissenschaften ist das Vergleichen ebenso zwangsläufig wie ubiquitär, als Verfahren scheint es zu den grundlegenden Denkgewohnheiten zu gehören – in den Wissenschaften wie im Alltag. Diese Selbstverständlichkeit und der mit ihr verbundene Neutralitätsund Objektivitätsanspruch sind freilich trügerisch: Das Vergleichen besitzt nicht nur eine Geschichte, es ist zugleich eine Praxis, in der nicht zwei oder mehrere Objekte in ihrer objektiven Beziehung zueinander betrachtet werden, sondern in der Akteure, Interessen und
求助全文
通过发布文献求助,成功后即可免费获取论文全文。 去求助
来源期刊
CiteScore
0.10
自引率
50.00%
发文量
14
×
引用
GB/T 7714-2015
复制
MLA
复制
APA
复制
导出至
BibTeX EndNote RefMan NoteFirst NoteExpress
×
提示
您的信息不完整,为了账户安全,请先补充。
现在去补充
×
提示
您因"违规操作"
具体请查看互助需知
我知道了
×
提示
确定
请完成安全验证×
copy
已复制链接
快去分享给好友吧!
我知道了
右上角分享
点击右上角分享
0
联系我们:info@booksci.cn Book学术提供免费学术资源搜索服务,方便国内外学者检索中英文文献。致力于提供最便捷和优质的服务体验。 Copyright © 2023 布克学术 All rights reserved.
京ICP备2023020795号-1
ghs 京公网安备 11010802042870号
Book学术文献互助
Book学术文献互助群
群 号:481959085
Book学术官方微信