{"title":"冲突与冲突分析","authors":"Jürgen Straub, Dilek Tepeli","doi":"10.30820/0171-3434-2023-4-14","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der Begriff des »Konflikts« ist vieldeutig. Seine Definition ist stets eine kontingente, soziale Konstruktion. Er nimmt nicht nur in verschiedenen Disziplinen, in den diversen Feldern der interund transdisziplinären Konfliktforschung oder praktischen Konfliktberatung und -mediation eine jeweils unterschiedliche Bedeutung an. Seine Semantik ist von pragmatischen und epistemischen Kriterien abhängig. Zu den ersten gehören z.B. die jeweils beteiligten Akteur:innen (Individuen, Gruppen, Organisationen) und die Lebensbereiche, in denen der Streit ausgetragen wird. Auch die Frage, ob intrapsychische, interpersonale oder intergruppale Konflikte in eine lange Geschichte historischer Verletzungsverhältnisse eingebettet sind, gehört zu den pragmatischen Aspekten des Konfliktbegriffs. Zu den epistemischen Aspekten zählen z.B. die Fragen, welche wissenschaftlichen Beschreibungen und Erklärungen Konfliktanalysen anstreben; ob Konflikte als dyadische oder (mindestens) triadische Konstellationen aufgefasst werden; ob ihnen eine ausschließlich negative, destruktive Funktion für Personen, Gruppen und Gesellschaften oder auch eine positive, produktive und entwicklungsfördernde Funktion zugewiesen wird. Im Beitrag wird schließlich erörtert, welche Rolle Affekte und Emotionen für die Entstehung und Entwicklung von Konflikten spielen. Diesbezüglich werden Theorien, die diesen Gesichtspunkt marginalisieren oder vernachlässigen – wie etwa Lewis Cosers funktionalistische, rationalistische Konfliktsoziologie – von solchen unterschieden, die Gefühlen eine zentrale Bedeutung für die Konfliktanalyse einräumen.","PeriodicalId":490635,"journal":{"name":"Psychosozial","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Konflikt und Konfliktanalyse\",\"authors\":\"Jürgen Straub, Dilek Tepeli\",\"doi\":\"10.30820/0171-3434-2023-4-14\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Der Begriff des »Konflikts« ist vieldeutig. Seine Definition ist stets eine kontingente, soziale Konstruktion. Er nimmt nicht nur in verschiedenen Disziplinen, in den diversen Feldern der interund transdisziplinären Konfliktforschung oder praktischen Konfliktberatung und -mediation eine jeweils unterschiedliche Bedeutung an. Seine Semantik ist von pragmatischen und epistemischen Kriterien abhängig. Zu den ersten gehören z.B. die jeweils beteiligten Akteur:innen (Individuen, Gruppen, Organisationen) und die Lebensbereiche, in denen der Streit ausgetragen wird. Auch die Frage, ob intrapsychische, interpersonale oder intergruppale Konflikte in eine lange Geschichte historischer Verletzungsverhältnisse eingebettet sind, gehört zu den pragmatischen Aspekten des Konfliktbegriffs. Zu den epistemischen Aspekten zählen z.B. die Fragen, welche wissenschaftlichen Beschreibungen und Erklärungen Konfliktanalysen anstreben; ob Konflikte als dyadische oder (mindestens) triadische Konstellationen aufgefasst werden; ob ihnen eine ausschließlich negative, destruktive Funktion für Personen, Gruppen und Gesellschaften oder auch eine positive, produktive und entwicklungsfördernde Funktion zugewiesen wird. Im Beitrag wird schließlich erörtert, welche Rolle Affekte und Emotionen für die Entstehung und Entwicklung von Konflikten spielen. Diesbezüglich werden Theorien, die diesen Gesichtspunkt marginalisieren oder vernachlässigen – wie etwa Lewis Cosers funktionalistische, rationalistische Konfliktsoziologie – von solchen unterschieden, die Gefühlen eine zentrale Bedeutung für die Konfliktanalyse einräumen.\",\"PeriodicalId\":490635,\"journal\":{\"name\":\"Psychosozial\",\"volume\":\"5 1\",\"pages\":\"0\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"2023-01-01\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Psychosozial\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.30820/0171-3434-2023-4-14\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Psychosozial","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.30820/0171-3434-2023-4-14","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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