{"title":"致命紧缩?严重后果","authors":"Jan C. Schuhr","doi":"10.5771/9783845286266-457","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Klassisches Medizinstrafrecht ist Arztstrafrecht. Im Kern steht die Strafbarkeit wegen Körperverletzungsdelikten. Bisweilen treten Tötungsdelikte hinzu. Begangen werden können sie vorsätzlich oder fahrlässig und durch positives Tun oder Unterlassen. Als Täter kommt praktisch immer nur der unmittelbar behandelnde Arzt und, in weitaus weniger häufigen Fällen, der unmittelbar Handelnde eines anderen Heilberufs in Betracht. Es zeichnen sich allerdings neuere Bestrebungen ab, dies aufzubrechen. Der Hintergrund kann knapp skizziert werden: In größeren Behandlungseinrichtungen, insbesondere in Kliniken, liegen viele Fragen der Ausstattung und der tatsächlichen Behandlungsmöglichkeiten, speziell auch in Krisenfällen, gar nicht mehr allein und bisweilen nicht einmal mehr maßgeblich in der Hand der Ärzte. Bezüglich solcher Umstände der Einrichtung liegt folglich auch die Einhaltung des medizinischen Standards nur bedingt in ihrer Hand. Die Ärzte können gegebenenfalls die Übernahme einer problematischen Behandlung ablehnen, es sei denn, dass Sie zur Behandlung verpflichtet sind, weil das Haus, in dem sie tätig sind, eine entsprechende Versorgungsstufe zu erfüllen hat. Die Einhaltung des Standards für die beabsichtigte Behandlung können sie aber nicht immer positiv sicherstellen. Umgekehrt sind die Entscheidungsträger, die im Hintergrund die Anschaffungsentscheidungen treffen, in der Verwaltung dem Druck des tatsächlichen Behandlungsbedarfs und dem Leidensdruck der Patienten nur begrenzt ausgesetzt und unterliegen auch nur indirekt den Anforderungen des medizinischen Standards. Vielmehr unterliegen sie primär wirtschaftlichem Druck. Vom Gesetzgeber ist das in Teilen durchaus gewollt. Es liegt aber nicht fern zu fragen, inwieweit auch sie für die Einhaltung eines medizinischen Mindeststandards verantwortlich sein sollten, inwieweit dieser gerade mit Mitteln des Strafrechts zu schützen ist und insofern gegebenenfalls ein strafrechtlicher Druck dem wirtschaftlichen entgegengesetzt werden sollte oder vielleicht auch de lege lata bereits entgegengesetzt ist. Dies ist, etwas verkürzt formuliert, das Thema der Promotionsschrift NeelmeiI.","PeriodicalId":145439,"journal":{"name":"Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser","volume":"230 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Tödliche Sparmaßnahmen? Strafrechtliche Folgen patientenferner Entscheidungen\",\"authors\":\"Jan C. 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