{"title":"忧郁、或者甚至你嗣ècle和écriture","authors":"","doi":"10.1515/9783110703443-009","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Wenn wir uns mit der Melancholie und deren Beziehungen zur Gesellschaft1 wie zum literarischen Schreiben2 im Rahmen dieser Vorlesung beschäftigen, so sollten wir dies vorrangig als Philologinnen und Philologen tun.3 Die Melancholie ist aus der literaturwissenschaftlichen Perspektive zunächst einmal ein Textelement, das sich nicht von ungefähr schon im großen Bezugstext des „Préromantisme“ und der Empfindsamkeit, Bernardin de Saint-Pierres Paul et Virginie, leicht finden lässt. Von Beginn an steht dort die Melancholie in einer unmittelbaren textuellen Beziehung zum Körper der von ihr erfassten Romanfiguren. Charakteristisch ist für den Melancholiker oder die Melancholikerin die Haltung des auf eine Hand gestützten Kopfes. Diese melancholische Grundhaltung findet sich an ungezählten Stellen in diesem Roman und betrifft fast alle Mitglieder der kleinen Gemeinschaft unter den Wendekreisen; so etwa die Figur des Erzählers inmitten der Ruinen oder die Sklavin Marie, die von einem Felsen aus aufs offene Meer blickt, wohin Virginie mit ihrer Fregatte verschwunden ist. Vor allem erfasst sie natürlich Paul, der an dieser Krankheit schließlich zugrunde gehen wird. Die Melancholie bringt kein plötzliches Sterben mit sich, sondern ein langsames Siechtum, sozusagen ein Sterben in Zeitlupe, begleitet von zermürbenden und unabschließbaren Grübeleien. Die Melancholie ist eine Krankheit der Reflexion und Selbstreflexion, welche sich in verschiedensten Symptomatiken äußert, die freilich allesamt pathologisch sind. Seit der Antike4 weiß man von dieser Krankheit der schwarzen Ideen. Und als eine Krankheit, die den Körper befällt, sah man diese Symptomatik auch im Übergang zum 19. 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摘要
在课堂上探讨这个社会1和文学作家2之间的关系时,我们应该优先考虑这个问题,因为我们是语言学家和语言学家忧郁是literaturwissenschaftlichen观点首先Textelement,不是偶然来的大Bezugstext的公关éromantisme”的感性Bernardin de Saint-Pierres保罗的Virginie容易找到让.从一开始,这里就拥有一部影片,其中一部跟受害者的身体直接产生了情感关系。Melancholiker和Melancholiker不同于双手佩戴头巾的状态。这种忧郁的态度发生在本小说中不计其数的地方,而且影响到变化周期中所提到的小团体的几乎所有成员;比如在废墟中故事作者的外貌,或奴隶玛丽从雄石中仰望着深海,那儿弗吉尼亚和她的封口又再不闻不问了。显然,它是对保罗的关注,保罗最终会因为这个病而死去。当然,忧郁症并不是突然死亡,而是慢慢死去,死于慢动作忧郁症是一种思考和自我反省的疾病并有各种症状自从然后,作为一种发病到身体的疾病,这些症状在19世纪的过渡中一直持续着。世纪艺术,你可以将他们由于其传播很快世纪作为“坏”apostrophierte人流,甚至比“你嗣ècle " .
Wenn wir uns mit der Melancholie und deren Beziehungen zur Gesellschaft1 wie zum literarischen Schreiben2 im Rahmen dieser Vorlesung beschäftigen, so sollten wir dies vorrangig als Philologinnen und Philologen tun.3 Die Melancholie ist aus der literaturwissenschaftlichen Perspektive zunächst einmal ein Textelement, das sich nicht von ungefähr schon im großen Bezugstext des „Préromantisme“ und der Empfindsamkeit, Bernardin de Saint-Pierres Paul et Virginie, leicht finden lässt. Von Beginn an steht dort die Melancholie in einer unmittelbaren textuellen Beziehung zum Körper der von ihr erfassten Romanfiguren. Charakteristisch ist für den Melancholiker oder die Melancholikerin die Haltung des auf eine Hand gestützten Kopfes. Diese melancholische Grundhaltung findet sich an ungezählten Stellen in diesem Roman und betrifft fast alle Mitglieder der kleinen Gemeinschaft unter den Wendekreisen; so etwa die Figur des Erzählers inmitten der Ruinen oder die Sklavin Marie, die von einem Felsen aus aufs offene Meer blickt, wohin Virginie mit ihrer Fregatte verschwunden ist. Vor allem erfasst sie natürlich Paul, der an dieser Krankheit schließlich zugrunde gehen wird. Die Melancholie bringt kein plötzliches Sterben mit sich, sondern ein langsames Siechtum, sozusagen ein Sterben in Zeitlupe, begleitet von zermürbenden und unabschließbaren Grübeleien. Die Melancholie ist eine Krankheit der Reflexion und Selbstreflexion, welche sich in verschiedensten Symptomatiken äußert, die freilich allesamt pathologisch sind. Seit der Antike4 weiß man von dieser Krankheit der schwarzen Ideen. Und als eine Krankheit, die den Körper befällt, sah man diese Symptomatik auch im Übergang zum 19. Jahrhundert, wobei man sie auf Grund ihrer massenhaften Verbreitung bald als „Übel des Jahrhunderts“ apostrophierte, als „mal du siècle“.