Vorwort der Herausgeberin

Das vorliegende Heft wurde zu Beginn des Jahres in den kritischen berichten unter dem Obertitel »Kunsthistorische Frauenforschung« angekündigt. Diese Bezeich­ nung, die allzu leicht zu einer einordnenden und damit zugleich auch zu einer aus­ grenzenden Disziplinierungsmaßnahme gerät, genügt nicht den zur Debatte stehen­ den Problemen. Das Rahmenthema des vorliegenden Heftes lautet vielmehr: »Fe­ ministische Einsprüche in die Disziplin Kunstgeschichte.« Hier sind Beiträge versammelt, die sich mit ihren Analysen zu visuellen Doku­ menten unserer Kultur von innen und von außen gegen die Wände des akademi­ schen Faches richten. Die vorliegenden Artikel problematisieren die scheinbar mög­ liche Unmittelbarkeit der Bildbetrachtung auf unterschiedliche Weise. Alle Unter­ suchungen gehen von der keineswegs unter Wissenschaftlerinnen akzeptierten Prä­ misse aus, daß der Geschlechterdifferenz als einer historischen Kategorie zentrale Bedeutung zukommt. Diese feministischen Einsprüche der »Zeitschrift für Kunst und Kulturwissen­ schaften« zeigen auf, daß Forscherinnen, die sich durch fachliche Beschränkung ein­ geengt sehen, auch oder vielleicht gerade deshalb, kultur­ und gesellschaftspolitisch aktuelle Fragen ansprechen und Geschichte weiter gegen den Strich bürsten. Wenn auch die Antworten der Autorinnen im Hinblick auf die Akzeptanz in der deutschen Zunft nicht opportun sein mögen, sie widersetzen sich der Gewalt, die die Zunft durch ihr Übersehen ausübt. Alle Beiträge sind den geneigten Leserinnen und ­ es sei hier einmal ausdrück­ lich betont ­ auch den Lesern zum Studium empfohlen.