{"title":"做两件事:美景‚nouveaux romanciers”在柏林(关注米歇尔Butor)","authors":"U. Schneider","doi":"10.1515/9783110733495-003","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Ein Blick auf „Berliner Weltliteraturen“ und die internationalen literarischen Beziehungen in den 1960er Jahren kommt ohne einen Beitrag zum Nouveau Roman nicht aus, bildete diese Tendenz des französischen Romans doch seit Ende der 50er Jahre gewissermaßen die ‚Speerspitze‘ einer Erneuerung des europäischen Romans und wird gern – auch wenn sich die Protagonisten dieser Tendenz teils dagegen wehrten – als ‚Avantgarde‘ bezeichnet, am Übergang von der klassischen Moderne zur Postmoderne. Das Etikett „Nouveau Roman“ geht zurück auf eine Kritik des Journalisten Émile Henriot, der damit im Jahre 1957 in einer Rezension zu Alain RobbeGrillets Roman La Jalousie und Nathalie Sarrautes Tropismes beide Werke zunächst abwertend beurteilte;1 in der Folge wurde dieser zunächst also – wie so oft im Falle von Bezeichnungen neuer Ausprägungen in Kunst und Literatur – pejorative Ausdruck aufgegriffen als Bezeichnung nicht nur einer Tendenz, sondern einer Gruppe von Autor:innen, unabhängig von deren Bewertung. Die Zuordnung von Autor:innen zu den nouveaux romanciers variiert und ist bis heute teils umstritten. Zum engen Kreis gehörten aber von Beginn an Alain Robbe-Grillet, Michel Butor, Nathalie Sarraute und Claude Simon, die alle in den 1960er Jahren auch nach Berlin kamen. Ebenfalls von Beginn an haben alle Autor:innen immer wieder betont, dass sie keine ‚Schule‘, keine ‚Bewegung‘ bildeten, und das literarische Schaffen aller Autor:innen, die man gemeinhin mit dem Nouveau Roman verbindet, ist in der Tat außerordentlich heterogen. Bei allen Unterschieden in Zielsetzung und Verfahren waren sich die Autor:innen doch einig in ihrer anti-traditionalistischen Wendung, die sich ebenso gegen das für nunmehr überholt erachtete realistische Erzählen des 19. Jahrhunderts wie gegen das Konzept einer littérature engagée wandte, das in Frankreich prominent mit dem Namen Jean-Paul Sartre verbunden war. Sie suchten nach radikal neuen, der veränderten Wirklichkeitserfahrung und genauer dem gestörten Verhältnis zwischen Mensch und Welt angemessenen Erzählformen – und gingen dabei dann im Einzelnen freilich recht unterschiedliche Wege. Verdächtig erschien ihnen allen die literarische Tradition, insoweit sie – mit den Worten Alain Robbe-Grillets – für die „sakrosankten Regeln des Wahrscheinlichen, der kausalen Chronologie, der einzig möglichen Bedeutung und der Widerspruchslosigkeit“ stand.2 Kritisiert wurden an einer solchen illusionistischen","PeriodicalId":441050,"journal":{"name":"Berliner Weltliteraturen","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-08-09","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Zweifacher Blick: Die ‚nouveaux romanciers‘ in Berlin (mit einem Fokus auf Michel Butor)\",\"authors\":\"U. 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Das Etikett „Nouveau Roman“ geht zurück auf eine Kritik des Journalisten Émile Henriot, der damit im Jahre 1957 in einer Rezension zu Alain RobbeGrillets Roman La Jalousie und Nathalie Sarrautes Tropismes beide Werke zunächst abwertend beurteilte;1 in der Folge wurde dieser zunächst also – wie so oft im Falle von Bezeichnungen neuer Ausprägungen in Kunst und Literatur – pejorative Ausdruck aufgegriffen als Bezeichnung nicht nur einer Tendenz, sondern einer Gruppe von Autor:innen, unabhängig von deren Bewertung. Die Zuordnung von Autor:innen zu den nouveaux romanciers variiert und ist bis heute teils umstritten. Zum engen Kreis gehörten aber von Beginn an Alain Robbe-Grillet, Michel Butor, Nathalie Sarraute und Claude Simon, die alle in den 1960er Jahren auch nach Berlin kamen. 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Zweifacher Blick: Die ‚nouveaux romanciers‘ in Berlin (mit einem Fokus auf Michel Butor)
Ein Blick auf „Berliner Weltliteraturen“ und die internationalen literarischen Beziehungen in den 1960er Jahren kommt ohne einen Beitrag zum Nouveau Roman nicht aus, bildete diese Tendenz des französischen Romans doch seit Ende der 50er Jahre gewissermaßen die ‚Speerspitze‘ einer Erneuerung des europäischen Romans und wird gern – auch wenn sich die Protagonisten dieser Tendenz teils dagegen wehrten – als ‚Avantgarde‘ bezeichnet, am Übergang von der klassischen Moderne zur Postmoderne. Das Etikett „Nouveau Roman“ geht zurück auf eine Kritik des Journalisten Émile Henriot, der damit im Jahre 1957 in einer Rezension zu Alain RobbeGrillets Roman La Jalousie und Nathalie Sarrautes Tropismes beide Werke zunächst abwertend beurteilte;1 in der Folge wurde dieser zunächst also – wie so oft im Falle von Bezeichnungen neuer Ausprägungen in Kunst und Literatur – pejorative Ausdruck aufgegriffen als Bezeichnung nicht nur einer Tendenz, sondern einer Gruppe von Autor:innen, unabhängig von deren Bewertung. Die Zuordnung von Autor:innen zu den nouveaux romanciers variiert und ist bis heute teils umstritten. Zum engen Kreis gehörten aber von Beginn an Alain Robbe-Grillet, Michel Butor, Nathalie Sarraute und Claude Simon, die alle in den 1960er Jahren auch nach Berlin kamen. Ebenfalls von Beginn an haben alle Autor:innen immer wieder betont, dass sie keine ‚Schule‘, keine ‚Bewegung‘ bildeten, und das literarische Schaffen aller Autor:innen, die man gemeinhin mit dem Nouveau Roman verbindet, ist in der Tat außerordentlich heterogen. Bei allen Unterschieden in Zielsetzung und Verfahren waren sich die Autor:innen doch einig in ihrer anti-traditionalistischen Wendung, die sich ebenso gegen das für nunmehr überholt erachtete realistische Erzählen des 19. Jahrhunderts wie gegen das Konzept einer littérature engagée wandte, das in Frankreich prominent mit dem Namen Jean-Paul Sartre verbunden war. Sie suchten nach radikal neuen, der veränderten Wirklichkeitserfahrung und genauer dem gestörten Verhältnis zwischen Mensch und Welt angemessenen Erzählformen – und gingen dabei dann im Einzelnen freilich recht unterschiedliche Wege. Verdächtig erschien ihnen allen die literarische Tradition, insoweit sie – mit den Worten Alain Robbe-Grillets – für die „sakrosankten Regeln des Wahrscheinlichen, der kausalen Chronologie, der einzig möglichen Bedeutung und der Widerspruchslosigkeit“ stand.2 Kritisiert wurden an einer solchen illusionistischen