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Ein marokkanischer Regionalismus wurde spätestens mit der Regionalisierungsrede des derzeitigen Königs Mohammed VI. im November 2008 vom Palast akzeleriert. Das ist zum einen der Machtbalance im Lande geschuldet, aber auch dem schillernden Dezentralisierungsbegriff, der sich in besonderer Weise eignet, Autokratien demokratischer erscheinen zu lassen als sie es letztendlich sind, nimmt man die harte Währung der Machtteilung als Maßstab. Dezentralisierung subsumiert top downund bottom-up-Prozesse sozialen, verfassungspolitischen und kulturellen Wandels. Auch in nichtföderalen Systemen, wie zum Beispiel dem zentralstaatlichen Frankreich spielt sie eine funktionale Rolle zur Verbesserung politischer Performanz.2 Der Begriff der Dezentralisierung wird besonders in Autokratien oft normativ gebraucht.3 Er signalisiert also einen demokratischen Mehrwert.4 Im Konkreten ist dieser Mehrwert schwer nachzuweisen, wie unter anderem Treisman5 gezeigt hat. 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Dezentralisierung: die pragmatische Alternative zum Föderalismus in Autokratien? Der Fall Marokko
Manchmal sprechen die Größe des Landes, meist aber auch die Vorteile von erlebbarer Repräsentation und Mitsprache, sowie stake holding im Sinne von Identifikation mit dem Gemeinwesen auch in den arabischen Ländern für dezentrale bürgernahe Politik. Der Arabische Frühling hat gezeigt, dass es Grenzen für eine Politik von oben gibt, selbst wenn jahrelange erprobte Repressionsinstrumente, Feindbilder und ausgeprägter Klientelismus künstlichen gesellschaftlichen Kitt erzeugen. Das marokkanische Königshaus hat sich schon früh positiv zum Föderalismus geäußert, auch wenn de facto eher Dezentralisierungsbemühungen zu beobachten waren. Bereits der Vater des derzeitigen Monarchen, Hassan II., bemühte den Vergleich der (damals) 16 marokkanischen Regionen mit den deutschen Bundesländern. Ein marokkanischer Regionalismus wurde spätestens mit der Regionalisierungsrede des derzeitigen Königs Mohammed VI. im November 2008 vom Palast akzeleriert. Das ist zum einen der Machtbalance im Lande geschuldet, aber auch dem schillernden Dezentralisierungsbegriff, der sich in besonderer Weise eignet, Autokratien demokratischer erscheinen zu lassen als sie es letztendlich sind, nimmt man die harte Währung der Machtteilung als Maßstab. Dezentralisierung subsumiert top downund bottom-up-Prozesse sozialen, verfassungspolitischen und kulturellen Wandels. Auch in nichtföderalen Systemen, wie zum Beispiel dem zentralstaatlichen Frankreich spielt sie eine funktionale Rolle zur Verbesserung politischer Performanz.2 Der Begriff der Dezentralisierung wird besonders in Autokratien oft normativ gebraucht.3 Er signalisiert also einen demokratischen Mehrwert.4 Im Konkreten ist dieser Mehrwert schwer nachzuweisen, wie unter anderem Treisman5 gezeigt hat. Wir benutzen deshalb indirekte Indikatoren wie Finanzströme oder die gesellschaftliche Netzwerkbildung, für die ein substaatlicher Bias nachgewiesen werden muss. De-