{"title":"引言:","authors":"Bernhard Oberreither","doi":"10.2307/j.ctvdf06x1.3","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das Gefühl von Fremdheit und die Faszination des Unbekannten sind zentraler Quell der Erkenntnis in der ethnographischen Forschung. Meine anfängliche Begegnung mit dem Feld der wirtschaftswissenschaftlichen Laborforschung war von eben diesen Gefühlen geprägt. Es war eine Mischung aus Irritation und anerkennender Bewunderung. Diese wurde dadurch ausgelöst, dass es im Vollzug des wirtschaftswissenschaftlichen Laborexperiments gelingt, bei einer gleichbleibenden Versuchsanordnung mit ganz unterschiedlichen Versuchspersonen zu ähnlichen quantitativen Ergebnissen zu gelangen. Aus einer qualitativen Forschungsperspektive, die das Interaktionsgeschehen selbst als den Modus der Wirklichkeitskonstruktion betrachtet, war dies faszinierend und befremdlich zugleich. Eben dieses Spannungsverhältnis ‚irritierter Neugierde‘ bildete den zentraler Motor für den Forschungsprozess, dessen Resultat die vorliegende Dissertationsschrift bildet. Wissenschaftliche Labore sind Orte der Außeralltäglichkeit. Sie werden zum Zweck wissenschaftlicher Untersuchungen geschaffen und manifestieren dies auch in ihrer materiellen Ausgestaltung. Die Studien in der Tradition des Laborkonstruktivismus belegen, dass die Erkenntnisse und Gegenstände wissenschaftlichen Wissens durch die Praktiken der Wissenschaftler selbst konstruiert werden (Knorr-Cetina 1984, Knorr-Cetina und Mulkay 1983, Latour und Woolgar 1979). Klassische Laborstudien betrachten zumeist, wie Objekte in naturwissenschaftlichen Laboren durch die WissenschaftlerInnen manipuliert und konstruiert werden. Der Untersuchungsgegenstand ökonomischer Laborexperimente ist hingegen das menschliche Entscheidungsverhalten. Dieses ist immer an die Menschen gebunden, welche ihr ‚Entscheiden‘ durch Handeln oder Verhalten erst entäußern müssen, damit es messbar wird. Analog zu Klaus Amanns Ausführungen über naturwissenschaftliche Labore können auch die Labore der wirtschaftswissenschaftlichen ForscherInnen als „Laboratope“ verstanden werden (Amann 1994:","PeriodicalId":240351,"journal":{"name":"Zur Soziologie früher Demenz","volume":"15 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1927-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Einleitung:\",\"authors\":\"Bernhard Oberreither\",\"doi\":\"10.2307/j.ctvdf06x1.3\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Das Gefühl von Fremdheit und die Faszination des Unbekannten sind zentraler Quell der Erkenntnis in der ethnographischen Forschung. Meine anfängliche Begegnung mit dem Feld der wirtschaftswissenschaftlichen Laborforschung war von eben diesen Gefühlen geprägt. Es war eine Mischung aus Irritation und anerkennender Bewunderung. Diese wurde dadurch ausgelöst, dass es im Vollzug des wirtschaftswissenschaftlichen Laborexperiments gelingt, bei einer gleichbleibenden Versuchsanordnung mit ganz unterschiedlichen Versuchspersonen zu ähnlichen quantitativen Ergebnissen zu gelangen. Aus einer qualitativen Forschungsperspektive, die das Interaktionsgeschehen selbst als den Modus der Wirklichkeitskonstruktion betrachtet, war dies faszinierend und befremdlich zugleich. Eben dieses Spannungsverhältnis ‚irritierter Neugierde‘ bildete den zentraler Motor für den Forschungsprozess, dessen Resultat die vorliegende Dissertationsschrift bildet. Wissenschaftliche Labore sind Orte der Außeralltäglichkeit. Sie werden zum Zweck wissenschaftlicher Untersuchungen geschaffen und manifestieren dies auch in ihrer materiellen Ausgestaltung. Die Studien in der Tradition des Laborkonstruktivismus belegen, dass die Erkenntnisse und Gegenstände wissenschaftlichen Wissens durch die Praktiken der Wissenschaftler selbst konstruiert werden (Knorr-Cetina 1984, Knorr-Cetina und Mulkay 1983, Latour und Woolgar 1979). Klassische Laborstudien betrachten zumeist, wie Objekte in naturwissenschaftlichen Laboren durch die WissenschaftlerInnen manipuliert und konstruiert werden. Der Untersuchungsgegenstand ökonomischer Laborexperimente ist hingegen das menschliche Entscheidungsverhalten. Dieses ist immer an die Menschen gebunden, welche ihr ‚Entscheiden‘ durch Handeln oder Verhalten erst entäußern müssen, damit es messbar wird. Analog zu Klaus Amanns Ausführungen über naturwissenschaftliche Labore können auch die Labore der wirtschaftswissenschaftlichen ForscherInnen als „Laboratope“ verstanden werden (Amann 1994:\",\"PeriodicalId\":240351,\"journal\":{\"name\":\"Zur Soziologie früher Demenz\",\"volume\":\"15 1\",\"pages\":\"0\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"1927-12-31\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Zur Soziologie früher Demenz\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.2307/j.ctvdf06x1.3\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zur Soziologie früher Demenz","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.2307/j.ctvdf06x1.3","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
Das Gefühl von Fremdheit und die Faszination des Unbekannten sind zentraler Quell der Erkenntnis in der ethnographischen Forschung. Meine anfängliche Begegnung mit dem Feld der wirtschaftswissenschaftlichen Laborforschung war von eben diesen Gefühlen geprägt. Es war eine Mischung aus Irritation und anerkennender Bewunderung. Diese wurde dadurch ausgelöst, dass es im Vollzug des wirtschaftswissenschaftlichen Laborexperiments gelingt, bei einer gleichbleibenden Versuchsanordnung mit ganz unterschiedlichen Versuchspersonen zu ähnlichen quantitativen Ergebnissen zu gelangen. Aus einer qualitativen Forschungsperspektive, die das Interaktionsgeschehen selbst als den Modus der Wirklichkeitskonstruktion betrachtet, war dies faszinierend und befremdlich zugleich. Eben dieses Spannungsverhältnis ‚irritierter Neugierde‘ bildete den zentraler Motor für den Forschungsprozess, dessen Resultat die vorliegende Dissertationsschrift bildet. Wissenschaftliche Labore sind Orte der Außeralltäglichkeit. Sie werden zum Zweck wissenschaftlicher Untersuchungen geschaffen und manifestieren dies auch in ihrer materiellen Ausgestaltung. Die Studien in der Tradition des Laborkonstruktivismus belegen, dass die Erkenntnisse und Gegenstände wissenschaftlichen Wissens durch die Praktiken der Wissenschaftler selbst konstruiert werden (Knorr-Cetina 1984, Knorr-Cetina und Mulkay 1983, Latour und Woolgar 1979). Klassische Laborstudien betrachten zumeist, wie Objekte in naturwissenschaftlichen Laboren durch die WissenschaftlerInnen manipuliert und konstruiert werden. Der Untersuchungsgegenstand ökonomischer Laborexperimente ist hingegen das menschliche Entscheidungsverhalten. Dieses ist immer an die Menschen gebunden, welche ihr ‚Entscheiden‘ durch Handeln oder Verhalten erst entäußern müssen, damit es messbar wird. Analog zu Klaus Amanns Ausführungen über naturwissenschaftliche Labore können auch die Labore der wirtschaftswissenschaftlichen ForscherInnen als „Laboratope“ verstanden werden (Amann 1994: