{"title":"减轻人民、欧洲和国家法律的诉讼层级","authors":"G. Dannecker","doi":"10.5771/9783845286266-67","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das strafrechtliche Milderungsgebot hat in den vergangenen Jahren die nationale Rechtsprechung wie auch den EuGH und den EGMR mehrfach beschäftigt. So mussten sich der BGH1 und das BVerfG2 in der jüngsten Vergangenheit mit einer vom deutschen Gesetzgeber nicht intendierten Ahndungslücke im Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG) durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz befassen. Auch im Rahmen der Entwicklung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im EU-Recht stellten sich infolge weggefallenen Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen neue Fragen im Zusammenhang mit dem Grundsatz lex mitior.3 Beide Themenkomplexe betreffen sowohl das nationale als auch das unionsrechtliche Milderungsgebot, so dass sich die Frage nach dem Verhältnis des nationalen Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) zum unionsrechtlichen Milderungsgebot des Art. 49 Abs. 1 Satz 3 GRCh, der Verfassungsrang hat,4 stellt. Weiterhin hat die Große Kammer des EGMR das Meistbegünstigungsprinzip in Art. 7 EMRK, der den Grundsatz „nullum crimen sine lege“ garantiert, verortet und als Bestandteil bzw. Ausfluss der Vorhersehbarkeit qualifiziert.5 Das nationale, das unionsrechtliche und das in der EMRK verankerte Milderungsgebot sind in Deutschland geltendes Recht, weichen aber in Rang (Verfassungsrang oder einfachrechtlicher Grundsatz) und Inhalt (Milderungsoder Meistbegünstigungsgrundsatz) voneinander ab. Es handelt sich hierbei um ein anschauliches Beispiel für das Phänomen des integrierten Staates6 in Europa, der sich in immer größeren Anteilen seiner Ak-","PeriodicalId":145439,"journal":{"name":"Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser","volume":"8 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-07-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Das strafrechtliche Milderungsgebot im Mehrebenensystem des Völker-, Europa- und des nationalen Rechts\",\"authors\":\"G. 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Das strafrechtliche Milderungsgebot im Mehrebenensystem des Völker-, Europa- und des nationalen Rechts
Das strafrechtliche Milderungsgebot hat in den vergangenen Jahren die nationale Rechtsprechung wie auch den EuGH und den EGMR mehrfach beschäftigt. So mussten sich der BGH1 und das BVerfG2 in der jüngsten Vergangenheit mit einer vom deutschen Gesetzgeber nicht intendierten Ahndungslücke im Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG) durch das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz befassen. Auch im Rahmen der Entwicklung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im EU-Recht stellten sich infolge weggefallenen Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen neue Fragen im Zusammenhang mit dem Grundsatz lex mitior.3 Beide Themenkomplexe betreffen sowohl das nationale als auch das unionsrechtliche Milderungsgebot, so dass sich die Frage nach dem Verhältnis des nationalen Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) zum unionsrechtlichen Milderungsgebot des Art. 49 Abs. 1 Satz 3 GRCh, der Verfassungsrang hat,4 stellt. Weiterhin hat die Große Kammer des EGMR das Meistbegünstigungsprinzip in Art. 7 EMRK, der den Grundsatz „nullum crimen sine lege“ garantiert, verortet und als Bestandteil bzw. Ausfluss der Vorhersehbarkeit qualifiziert.5 Das nationale, das unionsrechtliche und das in der EMRK verankerte Milderungsgebot sind in Deutschland geltendes Recht, weichen aber in Rang (Verfassungsrang oder einfachrechtlicher Grundsatz) und Inhalt (Milderungsoder Meistbegünstigungsgrundsatz) voneinander ab. Es handelt sich hierbei um ein anschauliches Beispiel für das Phänomen des integrierten Staates6 in Europa, der sich in immer größeren Anteilen seiner Ak-