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Ein Wilhelminisches Wunder. : Zu Georg Heyms Der Besuch des Marsmenschen
Georg Heyms nachgelassene Erzählung Der Besuch des Marsmenschen oder Die drei Säulen des Staates aus dem Jahre 1911 ist nur eine Seite kurz und stellt uns Leserinnen und Leser des 21. Jahrhunderts doch vor zahlreiche Verstehensprobleme.1 Dabei handelt es sich keineswegs um einen jener unverständlichen Prosatexte, wie sie im Umfeld des Berliner Expressionismus, in dem wir uns hier bewegen, in diesen Jahren zu entstehen beginnen, Prosaminiaturen, die parallel zur zeitgleichen Abstraktion in der Malerei eine realistische Gegenständlichkeit von erzählter Welt, Figuren und Handlung verweigern. Fast ist das Gegenteil der Fall: Die erzählte Szene – der Erstkontakt eines irdischen Astronomen mit einem Marsbewohner – erscheint uns in vielen Details nur allzu vertraut. Wir haben das alles schon hundertmal gelesen oder gesehen: den schwarzromantischen Gelehrten nächtens allein in seinem Labor (bzw. hier Observatorium); das Vorbeiziehen eines langen Lebens im Augenblick des Todes; dass das Licht ausgeht und es kalt wird, wenn eine übersinnliche Erscheinung naht; und schließlich die Vorstellung eines Marsmenschen selbst – die Literaturwissenschaft spricht angesichts solcher abgenudelten Muster von ,Topoi‘.