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Und so hat sich mit Blick auf die reformatorische Bewegung die Vorstellung eines kommunikationswissenschaftlichen Medienereignisses durchgesetzt, das durch den Wandel von einer „Kommunikation unter Anwesenden“ zur „medialen Kommunikation“ gekennzeichnet ist.2 Zugleich ist ein anderer Transformationsprozess bemerkenswert: Galt als wesentliche vorreformatorische Intention des Publikationswesens die Vermittlung bzw. Konservierung von Wissen, so wandelte sich nun der Charakter des Schrifttums in Richtung der Vermittlung von (aktuellen) Meinungen.3 Wichtige Zentren des Publikationswesens waren zunächst Augsburg, Basel, Leipzig, Nürnberg und Straßburg; alsbald trat auch Wittenberg hinzu: Bereits nach wenigen Jahren war die Stadt der Reformation hinter Augsburg die zweitbedeutendste im Blick auf die Produktion reformatorischen Schrifttums. Dass sich dessen Herstellung und Verbreitung zum Teil nur gegen erhebliche Widerstände, ja eine regelrechte Zensur durchsetzen ließ, sei nur am Rande erwähnt. 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Lieder der Reformationszeit: Konfessionelle, politische und gesellschaftliche Implikationen
Dass die reformatorische Bewegung als ein vielschichtiger Kommunikationsprozess begriffen werden muss, ist unstrittig: Insbesondere deren Frühzeit kann als ein Vorgang verstanden werden, „dessen Verlauf und dessen Dynamik durch Kommunikation, das heißt den Austausch von Mitteilungen und die Verständigung über diese“ gekennzeichnet ist.1 Unabdingbar erschien sämtlichen beteiligten politischen wie religiösen Parteien und Strömungen, eine regelrechte reformatorische Öffentlichkeit nicht nur herzustellen, sondern in die Gestaltungsprozesse einzubinden, im weiteren Sinne insbesondere für die eigene Position zu gewinnen. Und so hat sich mit Blick auf die reformatorische Bewegung die Vorstellung eines kommunikationswissenschaftlichen Medienereignisses durchgesetzt, das durch den Wandel von einer „Kommunikation unter Anwesenden“ zur „medialen Kommunikation“ gekennzeichnet ist.2 Zugleich ist ein anderer Transformationsprozess bemerkenswert: Galt als wesentliche vorreformatorische Intention des Publikationswesens die Vermittlung bzw. Konservierung von Wissen, so wandelte sich nun der Charakter des Schrifttums in Richtung der Vermittlung von (aktuellen) Meinungen.3 Wichtige Zentren des Publikationswesens waren zunächst Augsburg, Basel, Leipzig, Nürnberg und Straßburg; alsbald trat auch Wittenberg hinzu: Bereits nach wenigen Jahren war die Stadt der Reformation hinter Augsburg die zweitbedeutendste im Blick auf die Produktion reformatorischen Schrifttums. Dass sich dessen Herstellung und Verbreitung zum Teil nur gegen erhebliche Widerstände, ja eine regelrechte Zensur durchsetzen ließ, sei nur am Rande erwähnt. Die Aufzählung der Druckorte verweist allerdings noch auf einen anderen Sachverhalt: Der Kommunikationsprozess der Reformation war ein „urban event“, und eine reformatorische Öffentlichkeit war zunächst vor allem in den Städten zu erreichen.