{"title":"Bargeld, Giralgeld, Vollgeld: Zur Discussion um das Geldwesen nach der Finanzkrise[关于大金融危机后中央银行、商业银行、货币体系和货币改革的讨论](德文论文)","authors":"Martin Hellwig","doi":"10.2139/ssrn.3225760","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der Aufsatz setzt sich kritisch mit verschiedenen Vorschlagen zur Reform des Geldwesens seit der Finanzkrise und mit den zugrundeliegenden Vorstellungen von „Geld“ auseinander. Das Wort „Geld“ wird in dieser Diskussion fur verschiedene Dinge und in verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Als paradox erweist es sich, dass die Diskussion um die Geldpolitik, auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, gepragt ist von der Vorstellung, dass die Ausgabe von Bargeld eine Verbindlichkeit der Zentralbank darstellt, ebenso die Einlagen der Geschaftsbanken bei der Zentralbank, wahrend gleichzeitig die Diskussion um die Rolle der Geschaftsbanken im Geldwesen gepragt ist von der Vorstellung, dass diese durch ihre Kreditvergabe „Geld“ schopfen und somit die Einlagenfinanzierung von Geschaftsbanken keine Schuldenfinanzierung ist. Beide Vorstellungen sind falsch, die eine, weil die Geldschopfung der Zentralbank diese zu nichts verpflichtet, die andere, weil die Geldschopfung der Geschaftsbanken sehr wohl Verpflichtungen schaffen, die Liquiditats- und Solvenzrisiken mit sich bringen. Der zweite Teil des Aufsatzes geht kritisch auf radikale Reformvorschlage zur Abschaffung des Bargelds und zur Abschaffung der Geldschopfung der Geschaftsbanken (Vollgeld-Initiative) ein. Erstere unterschatzen die Rolle des Bargelds als Grundlage aller auf Nominalwerte gerichteten Forderungen, u.a. der Forderungen an Geschaftsbanken, letztere unterschatzen die Moglichkeiten und die Risiken einer Substitution von Sichteinlagen durch andere „geldnahe“ Titel, z.B. Geldmarktfondsanteile. Die Vorstellung, man konne durch solche Anderungen die Komplexitat der Interdependenz von Geldsystem und Banksystem reduzieren und die Aufgabe der Geldpolitik vereinfachen, ist unrealistisch.","PeriodicalId":247961,"journal":{"name":"Max Planck Institute for Research on Collective Goods Research Paper Series","volume":"49 12 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2018-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":"{\"title\":\"Bargeld, Giralgeld, Vollgeld: Zur Diskussion um das Geldwesen nach der Finanzkrise [The Discussion About Central Banks, Commercial Banks, the Monetary System and Monetary Reform after the Great Financial Crisis] (Paper in German)\",\"authors\":\"Martin Hellwig\",\"doi\":\"10.2139/ssrn.3225760\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Der Aufsatz setzt sich kritisch mit verschiedenen Vorschlagen zur Reform des Geldwesens seit der Finanzkrise und mit den zugrundeliegenden Vorstellungen von „Geld“ auseinander. 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Bargeld, Giralgeld, Vollgeld: Zur Diskussion um das Geldwesen nach der Finanzkrise [The Discussion About Central Banks, Commercial Banks, the Monetary System and Monetary Reform after the Great Financial Crisis] (Paper in German)
Der Aufsatz setzt sich kritisch mit verschiedenen Vorschlagen zur Reform des Geldwesens seit der Finanzkrise und mit den zugrundeliegenden Vorstellungen von „Geld“ auseinander. Das Wort „Geld“ wird in dieser Diskussion fur verschiedene Dinge und in verschiedenen Bedeutungen gebraucht. Als paradox erweist es sich, dass die Diskussion um die Geldpolitik, auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, gepragt ist von der Vorstellung, dass die Ausgabe von Bargeld eine Verbindlichkeit der Zentralbank darstellt, ebenso die Einlagen der Geschaftsbanken bei der Zentralbank, wahrend gleichzeitig die Diskussion um die Rolle der Geschaftsbanken im Geldwesen gepragt ist von der Vorstellung, dass diese durch ihre Kreditvergabe „Geld“ schopfen und somit die Einlagenfinanzierung von Geschaftsbanken keine Schuldenfinanzierung ist. Beide Vorstellungen sind falsch, die eine, weil die Geldschopfung der Zentralbank diese zu nichts verpflichtet, die andere, weil die Geldschopfung der Geschaftsbanken sehr wohl Verpflichtungen schaffen, die Liquiditats- und Solvenzrisiken mit sich bringen. Der zweite Teil des Aufsatzes geht kritisch auf radikale Reformvorschlage zur Abschaffung des Bargelds und zur Abschaffung der Geldschopfung der Geschaftsbanken (Vollgeld-Initiative) ein. Erstere unterschatzen die Rolle des Bargelds als Grundlage aller auf Nominalwerte gerichteten Forderungen, u.a. der Forderungen an Geschaftsbanken, letztere unterschatzen die Moglichkeiten und die Risiken einer Substitution von Sichteinlagen durch andere „geldnahe“ Titel, z.B. Geldmarktfondsanteile. Die Vorstellung, man konne durch solche Anderungen die Komplexitat der Interdependenz von Geldsystem und Banksystem reduzieren und die Aufgabe der Geldpolitik vereinfachen, ist unrealistisch.