{"title":"治疗膀胱","authors":"H. Madersbacher","doi":"10.1055/s-0042-114480","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Das Schlüsselsymptom der überaktiven Blase (ÜAB) ist der imperative – plötzlich, ohne Vorwarnung auftretende – Harndrang, der schwer kontrollierbar ist, einen sofortigen Toilettengang erfordert und in der Regel mit gehäuften Blasenentleerungen tags und nachts sowie mit oder ohne Dranginkontinenz einhergeht. Die Behandlung der ÜAB ist in erster Linie eine konservative. Von großer Bedeutung ist die Erkennung von Krankheitszuständen und Befunden, die symptomatisch eine ÜAB verursachen, wie Harnwegsinfektionen, Östrogenmangel, infravesikale Obstruktion, aber auch eingenommene Medikamente sowie Ausschluss einer „neurogenen“ Detrusorüberaktivität als Ursache der Beschwerden. Bei der idiopathischen ÜAB besteht die Therapie der ersten Wahl (First-Line-Treatment) aus verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und Pharmakotherapie. Die Verhaltenstherapie umfasst die Änderung von Lebensgewohnheiten sowie Blasentraining und Beckenbodentraining. Medikamente der ersten Wahl sind die Antimuskarinika. Die verschiedenen Antimuskarinika unterscheiden sich nicht so sehr in ihrer Wirksamkeit als vielmehr hinsichtlich ihres Nebenwirkungsprofils. Dieses ist insofern von Bedeutung, da die Nebenwirkungen nicht unerheblich sind und wesentlich für die eher niedrigere Compliance der Patienten, was die anhaltende Einnahme dieser Medikamente angeht, verantwortlich sind. Eine Alternative zu den Antimuskarinika ist der Beta-3-Rezeptor-Agonist Mirabegron, der über Aktivierung der sympathischen Innervation zur Detrusorrelaxation führt. Die Wirksamkeit von Mirabegron wurde in umfangreichen Studien bewiesen, sie entspricht etwa der von Tolterodin. Der große Vorteil ist, dass Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Obstipation in Placebo-Niveau liegen. Hypertoniker sollten wegen der Gefahr einer weiteren Blutdruckerhöhung kein Mirabegron erhalten. Die Kombination eines Antimuskarinikums mit einem weiteren Antimuskarinikum ist wegen ihrer unterschiedlichen Wirkungsmechanismen sinnvoll und wurde auch in Studien bewiesen. Als Zweitlinientherapie stehen die Injektion von Botulinumtoxin A in die Blasenwand sowie elektrotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung. Onabotulinumtoxin A ist aufgrund der Studienlage von FDA und EMA zur Behandlung der ÜAB, und zwar mit 100 U, zugelassen. Der Therapieeffekt dauert etwa 6 – 9 Monate, dann ist eine neuerliche Behandlung notwendig. Die Elektrotherapie umfasst die periphere Elektrostimulation, am häufigsten die perkutane Stimulation des N. tibialis, die transkutane Stimulation des N. dorsalis penis bzw. N. clitoridis sowie die sakrale Neuromodulation (SNM). Interventionen wie die Blasenaugmentation und Zystektomie mit supravesikaler Harnableitung (Ileumkonduit) sind bei der nicht neurogenen Detrusorüberaktivität äußerst selten notwendig.","PeriodicalId":448190,"journal":{"name":"Urologie Scan","volume":"73 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2016-12-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Therapie der überaktiven Blase\",\"authors\":\"H. Madersbacher\",\"doi\":\"10.1055/s-0042-114480\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Zusammenfassung Das Schlüsselsymptom der überaktiven Blase (ÜAB) ist der imperative – plötzlich, ohne Vorwarnung auftretende – Harndrang, der schwer kontrollierbar ist, einen sofortigen Toilettengang erfordert und in der Regel mit gehäuften Blasenentleerungen tags und nachts sowie mit oder ohne Dranginkontinenz einhergeht. Die Behandlung der ÜAB ist in erster Linie eine konservative. 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Zusammenfassung Das Schlüsselsymptom der überaktiven Blase (ÜAB) ist der imperative – plötzlich, ohne Vorwarnung auftretende – Harndrang, der schwer kontrollierbar ist, einen sofortigen Toilettengang erfordert und in der Regel mit gehäuften Blasenentleerungen tags und nachts sowie mit oder ohne Dranginkontinenz einhergeht. Die Behandlung der ÜAB ist in erster Linie eine konservative. Von großer Bedeutung ist die Erkennung von Krankheitszuständen und Befunden, die symptomatisch eine ÜAB verursachen, wie Harnwegsinfektionen, Östrogenmangel, infravesikale Obstruktion, aber auch eingenommene Medikamente sowie Ausschluss einer „neurogenen“ Detrusorüberaktivität als Ursache der Beschwerden. Bei der idiopathischen ÜAB besteht die Therapie der ersten Wahl (First-Line-Treatment) aus verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und Pharmakotherapie. Die Verhaltenstherapie umfasst die Änderung von Lebensgewohnheiten sowie Blasentraining und Beckenbodentraining. Medikamente der ersten Wahl sind die Antimuskarinika. Die verschiedenen Antimuskarinika unterscheiden sich nicht so sehr in ihrer Wirksamkeit als vielmehr hinsichtlich ihres Nebenwirkungsprofils. Dieses ist insofern von Bedeutung, da die Nebenwirkungen nicht unerheblich sind und wesentlich für die eher niedrigere Compliance der Patienten, was die anhaltende Einnahme dieser Medikamente angeht, verantwortlich sind. Eine Alternative zu den Antimuskarinika ist der Beta-3-Rezeptor-Agonist Mirabegron, der über Aktivierung der sympathischen Innervation zur Detrusorrelaxation führt. Die Wirksamkeit von Mirabegron wurde in umfangreichen Studien bewiesen, sie entspricht etwa der von Tolterodin. Der große Vorteil ist, dass Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Obstipation in Placebo-Niveau liegen. Hypertoniker sollten wegen der Gefahr einer weiteren Blutdruckerhöhung kein Mirabegron erhalten. Die Kombination eines Antimuskarinikums mit einem weiteren Antimuskarinikum ist wegen ihrer unterschiedlichen Wirkungsmechanismen sinnvoll und wurde auch in Studien bewiesen. Als Zweitlinientherapie stehen die Injektion von Botulinumtoxin A in die Blasenwand sowie elektrotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung. Onabotulinumtoxin A ist aufgrund der Studienlage von FDA und EMA zur Behandlung der ÜAB, und zwar mit 100 U, zugelassen. Der Therapieeffekt dauert etwa 6 – 9 Monate, dann ist eine neuerliche Behandlung notwendig. Die Elektrotherapie umfasst die periphere Elektrostimulation, am häufigsten die perkutane Stimulation des N. tibialis, die transkutane Stimulation des N. dorsalis penis bzw. N. clitoridis sowie die sakrale Neuromodulation (SNM). Interventionen wie die Blasenaugmentation und Zystektomie mit supravesikaler Harnableitung (Ileumkonduit) sind bei der nicht neurogenen Detrusorüberaktivität äußerst selten notwendig.