{"title":"牙医怎么能介入病人的事务?定性调查","authors":"W. Reiss, M. Dick, W. Walther, H. Brauer","doi":"10.1055/s-0034-1396038","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die Arzt-Patienten-Beziehung ist wesentlich für die zahnärztliche Behandlung. Kommt es zwischen Zahnarzt und Patient zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, kann die Arzt- Patienten-Beziehung als gescheitert gelten. Erstmals wird untersucht, wie beklagte oder klagende Zahnärzte ein gerichtliches Verfahren erleben und wie sich aus ihrer Perspektive ein solches Verfahren auf die Arzt-Patienten-Beziehung auswirkt. In einem Pilotprojekt wurde anhand von 8 narrativen und leitfadengestützten Interviews das Erleben von Zahnärzten rekonstruiert, die infolge einer gescheiterten zahnärztlichen Behandlung in einen Gerichtsprozess verwickelt waren. Der narrative Interviewteil wurde mit der Narrationsanalyse ausgewertet. Der leitfadengestützte Interviewabschnitt umfasste Fragen zum Erleben des Verfahrens und dessen Verarbeitung und wurde inhaltsanalytisch ausgewertet. Aus den Daten wurde ein Prozessmodell zum Scheitern der Arzt-Patienten-Beziehung abgeleitet. Mitgeteilte Belastungen waren: Zeitaufwand, Verfahrensdauer, finanzielle Belastungen, fehlende Unterstützung und das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. Konsequenzen aus dem Rechtsstreit sind ausführlichere Dokumentation und verbesserte Patientenaufklärung. Der Konflikt in der Arzt-Patienten-Beziehung wird nach Einschaltung der juristischen Profession auf eine juristische Ebene verlagert, deren kontradiktorische Konstellation zum Bruch der Arzt-Patienten-Beziehung führt. Als Rat für betroffene Kollegen wird genannt: Ruhe bewahren, Ausgleich anstreben, Kollegenrat einholen, selbst aktiv werden, juristische Hilfe heranziehen, außergerichtliche Lösung anstreben, Prozesse vermeiden und nach Abschluss des Verfahrens Bilanz ziehen. Gefordert werden eine bessere Qualifikation der Gutachter und eine „Anlaufstelle“ der Profession als kollegialer Gesprächspartner. Die gerichtliche Auseinandersetzung in Konfliktfällen ist hoch belastend, verlangt aktives Bewältigungsverhalten, bietet aber auch Entwicklungschancen für den Einzelnen und die Profession.","PeriodicalId":210490,"journal":{"name":"Das Deutsche Zahnärzteblatt","volume":"258 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2014-10-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"3","resultStr":"{\"title\":\"Wie erleben Zahnärzte eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Patienten? – Eine qualitative Untersuchung\",\"authors\":\"W. Reiss, M. Dick, W. Walther, H. Brauer\",\"doi\":\"10.1055/s-0034-1396038\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Die Arzt-Patienten-Beziehung ist wesentlich für die zahnärztliche Behandlung. 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Wie erleben Zahnärzte eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Patienten? – Eine qualitative Untersuchung
Die Arzt-Patienten-Beziehung ist wesentlich für die zahnärztliche Behandlung. Kommt es zwischen Zahnarzt und Patient zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, kann die Arzt- Patienten-Beziehung als gescheitert gelten. Erstmals wird untersucht, wie beklagte oder klagende Zahnärzte ein gerichtliches Verfahren erleben und wie sich aus ihrer Perspektive ein solches Verfahren auf die Arzt-Patienten-Beziehung auswirkt. In einem Pilotprojekt wurde anhand von 8 narrativen und leitfadengestützten Interviews das Erleben von Zahnärzten rekonstruiert, die infolge einer gescheiterten zahnärztlichen Behandlung in einen Gerichtsprozess verwickelt waren. Der narrative Interviewteil wurde mit der Narrationsanalyse ausgewertet. Der leitfadengestützte Interviewabschnitt umfasste Fragen zum Erleben des Verfahrens und dessen Verarbeitung und wurde inhaltsanalytisch ausgewertet. Aus den Daten wurde ein Prozessmodell zum Scheitern der Arzt-Patienten-Beziehung abgeleitet. Mitgeteilte Belastungen waren: Zeitaufwand, Verfahrensdauer, finanzielle Belastungen, fehlende Unterstützung und das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. Konsequenzen aus dem Rechtsstreit sind ausführlichere Dokumentation und verbesserte Patientenaufklärung. Der Konflikt in der Arzt-Patienten-Beziehung wird nach Einschaltung der juristischen Profession auf eine juristische Ebene verlagert, deren kontradiktorische Konstellation zum Bruch der Arzt-Patienten-Beziehung führt. Als Rat für betroffene Kollegen wird genannt: Ruhe bewahren, Ausgleich anstreben, Kollegenrat einholen, selbst aktiv werden, juristische Hilfe heranziehen, außergerichtliche Lösung anstreben, Prozesse vermeiden und nach Abschluss des Verfahrens Bilanz ziehen. Gefordert werden eine bessere Qualifikation der Gutachter und eine „Anlaufstelle“ der Profession als kollegialer Gesprächspartner. Die gerichtliche Auseinandersetzung in Konfliktfällen ist hoch belastend, verlangt aktives Bewältigungsverhalten, bietet aber auch Entwicklungschancen für den Einzelnen und die Profession.