{"title":"Zum Gedenken","authors":"A. Bernhardt","doi":"10.1515/9783111355627-001","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Kurz vor Vollendung seines 80. Lebensjahres ver starb einer der verdienstvollsten Naturschutz mitarbeiter des Landkreises Riesa-Großenhain. Mit Karl Bley verlieren wir einen guten Freund und einen energischen Kämpfer für die Bewah rung der heimatlichen Natur. Alle, die mit ihm viele schöne Erlebnisse hatten und gemeinsam für den Naturschutz stritten, trauern mit seiner Familie über den schmerzlichen Verlust. Begonnen hat wohl alles nach der Heimkehraus belgischer Kriegsgefangenschaft in seine Ge burtsstadt Großenhain. Als Sohn einer alteinge sessenen Handwerkerfamilie entdeckte er die Werte heimatlicher Natur, die im Krieg sinnloser Zerstörung ausgesetzt waren. Insbesondere hi storische Parkanlagen waren sein Metier. In der Gesellschaft für Natur und Umwelt des Kulturbundes der DDR sammelten sich viele naturinteressierte Bürger, um unter dem Dach einer gesellschaftlichen Organisation einem in der Allgemeinheit eher unbeliebten Hobby zu frönen. Karl Bley widmete sich hier verschiedenen Auf gabenfeldern. Die Ausbildung junger Natur schutzhelfer war ein zentraler Bestandteil. Dies ging ihm sehr gut von der Hand, hatte er doch aufgrund seiner Tätigkeit im VEB Textilmaschi nenbau Großenhain und in der Ausbildung der Werkzeugmacherlehrlinge erprobte pädagogi sche Fähigkeiten. Er erarbeitete Schulungsund Weiterbildungspläne und organisierte mehrere Lager für Arbeit und Erholung, die zur Pflege von Gehölzen und Pflanzung von Bäumen und Hecken genutzt wurden. In den siebziger Jahren übernahm er als stellvertretender Kreisnaturschutzbeauftragter wesentliche Funktionen des kreislichen Natur schutzes. Gemeinsam mit dem Kreisnaturschutz beauftragten Konrad Eichhorn wurde faktisch der gesamte staatliche Naturschutz vertreten, da die hauptamtliche Stelle nicht oder nur teil weise besetzt war. Ob bei Bauanlaufberatungen der Meliorationsbetriebe, bei Maßnahmen in Schutzgebieten oder speziellen Artenschutzfra gen die Teilnahme mußte abgesichert wer den, wenn nicht die Belange des Naturschutzes vollends unberücksichtigt bleiben sollten. Als Baumschutzbeauftragter der Stadt Großen hain konnte er wesentlich auf den Erhalt des innerstädtischen Großgrüns hinwirken. Daß dies nicht immer einfach war, soll die Episode um das beeindruckende Naturdenkmal an der B 101 vor dem ehemaligen Elektromotorenwerk ver deutlichen. Mit dem Ziel der Erweiterung des Werkes um eine große Produktionshalle wurde die zwischen 300 und 400 Jahre alte Stieleiche kurzerhand in „Hitlereiche\" umbenannt. Damit sollte der Widerspruch gegen die Fällung eines der wertvollsten Baumdenkmale Großenhains gebrochen werden. Dies gelang aufgrund der Intervention von Karl Bley nicht. Der Baum steht noch heute. In der Zeit als stellvertretender Kreisnaturschutz beauftragter war er nicht nur Stellvertreter, son dern eine wesentliche Stütze. Dazu gehörte die Organisation der jährlich stattfindenden Fach exkursionen in die verschiedensten Regionen der DDR genauso wie die tägliche Problemlö sung in ausschließlich ehrenamtlicher Tätigkeit. Es waren Ausstellungen für Dorffeste zu ge stalten und Führungen zu organisieren. Die ihm besonders ans Herz gewachsenen historischen Parkanlagen von Schönfeld, Zabeltitz, Dallwitz und Großenhain wurden unter seiner Anleitung gepflegt und es gab regelmäßig Parkseminare. Viele geplante Eingriffe in die Parkanlagen konn te er verhindern, manche bittere Niederlage mußte er dennoch erleiden. Es schmerzte ihn jeder Besuch im Stadtpark Großenhain, wenn er vor der lieblos integrierten Kleingartenanlage stand. Sicherlich ein Höhepunkt für den Kreis Großen hain war die Ausrichtung der Zentralen Natur schutztagung. Hier hatte Karl Bley wesentli chen Anteil am Gelingen der Veranstaltung und an der Präsentation der Naturwerte unseres Landkreises. Bis 1995 war Karl Bley als Artbetreuer für Fisch otter und Elbebiber sowie als Naturschutzbe auftragter für die Stadt Großenhain verantwort lich. Als Leiter des Stützpunktes Großenhain war er Ansprechpartner der örtlichen Natur schutzhelfer und -interessierten. Die Unter schutzstellung von mehr als 1000 Naturdenk malen, Flächennaturdenkmalen und Geschütz ten Landschaftsbestandteilen in den Jahren 1978, 1982 und 1990 war auch sein Verdienst. Durch zahlreiche Beiträge in Tageszeitungen und bei öffentlichen Veranstaltungen hat er maß geblich zur Verbreitung und zum Verständnis des Naturschutzgedankens beigetragen. Daß dies auch privat Früchte getragen hat, sieht man an seiner Tochter Leonore, die gemeinsam mit ihrem Mann die regionale Naturschutz-","PeriodicalId":146323,"journal":{"name":"Wörter – Zeichen der Veränderung","volume":"71 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-06-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Wörter – Zeichen der Veränderung","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783111355627-001","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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