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Es wird verkannt, dass die zunehmende Kritik die Folge einer gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung wissenschaftlicher Expertise ist. Diese äußert sich im Kontext politischer Auseinandersetzungen und Entscheidungen auch in direkten Angriffen, und deren Ausmaß ist für die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neu. Sie müssen lernen, dass sie weder bedingungslose Unterstützung noch blindes Vertrauen erwarten können, und sie müssen sich darauf einstellen, mit Kritik – auch der unsachlichen Art – offen umzugehen.Wenn in diesem Kontext Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meinen, Wissenschaft stehe quasi aufgrund ihrer Wissenschaftlichkeit über jeder Kritik, ist dies sicher falsch. Hilfreich wäre hingegen eine professionelle Wissenschaftskommunikation auf Basis einer zu etablierenden Ethik der Wissenschaftskommunikation, als Teil der Forschungsethik (zu den verschiedenen Formen der Hochschulund Wissenschaftskommunikation siehe den Beitrag von Annette Leßmöllmann in diesem Band, S. 73–83). In den Abschnitten I und II beschreiben wir das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Wissenschaft und die Gründe für deren Bedeutungszuwachs im politischen Raum. In den Abschnitten III und IV skizzierenwir Vorschläge für eine Verbesserung des Verhältnisses von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Abschnitt V fasst zusammen und gibt einen Ausblick.","PeriodicalId":430553,"journal":{"name":"Öffentliche Vernunft?","volume":"25 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-12-31","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"2","resultStr":"{\"title\":\"Wissenschaft unter Druck: Vertrauensverlust oder Zeichen gewachsener gesellschaftlicher Relevanz?\",\"authors\":\"Krista Sager, G. Wagner\",\"doi\":\"10.1515/9783110614244-004\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"In der öffentlichen Debatte mehren sich Stimmen, die nicht nur einen gesellschaftlichen Vertrauensverlust der Wissenschaft konstatieren, sondern die Hauptschuld dafür bei derWissenschaft selbst ausmachen.Ohne Zweifel kann die Wissenschaft einiges dazu beitragen, in sie gesetztes Vertrauen zu verspielen, und tut dies auch, etwa durch Fälschungs-Skandale. 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Wissenschaft unter Druck: Vertrauensverlust oder Zeichen gewachsener gesellschaftlicher Relevanz?
In der öffentlichen Debatte mehren sich Stimmen, die nicht nur einen gesellschaftlichen Vertrauensverlust der Wissenschaft konstatieren, sondern die Hauptschuld dafür bei derWissenschaft selbst ausmachen.Ohne Zweifel kann die Wissenschaft einiges dazu beitragen, in sie gesetztes Vertrauen zu verspielen, und tut dies auch, etwa durch Fälschungs-Skandale. Die Wissenschaft kann entsprechend etliches tun, um Vertrauen zu bestärken und zu rechtfertigen (siehe hierzu den Beitrag von Jürgen Zöllner in diesem Band, S. 11–20). Unsere These aber ist: Die verstärkte Kritik, welche die Wissenschaft aus Teilen von Politik und Gesellschaft spürt,wird in der Wissenschaft selbst und von kritischen Beobachtern und wohlwollenden Kommentatoren fälschlich als genereller Vertrauensverlust interpretiert. Es wird verkannt, dass die zunehmende Kritik die Folge einer gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung wissenschaftlicher Expertise ist. Diese äußert sich im Kontext politischer Auseinandersetzungen und Entscheidungen auch in direkten Angriffen, und deren Ausmaß ist für die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neu. Sie müssen lernen, dass sie weder bedingungslose Unterstützung noch blindes Vertrauen erwarten können, und sie müssen sich darauf einstellen, mit Kritik – auch der unsachlichen Art – offen umzugehen.Wenn in diesem Kontext Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meinen, Wissenschaft stehe quasi aufgrund ihrer Wissenschaftlichkeit über jeder Kritik, ist dies sicher falsch. Hilfreich wäre hingegen eine professionelle Wissenschaftskommunikation auf Basis einer zu etablierenden Ethik der Wissenschaftskommunikation, als Teil der Forschungsethik (zu den verschiedenen Formen der Hochschulund Wissenschaftskommunikation siehe den Beitrag von Annette Leßmöllmann in diesem Band, S. 73–83). In den Abschnitten I und II beschreiben wir das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Wissenschaft und die Gründe für deren Bedeutungszuwachs im politischen Raum. In den Abschnitten III und IV skizzierenwir Vorschläge für eine Verbesserung des Verhältnisses von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Abschnitt V fasst zusammen und gibt einen Ausblick.