{"title":"我对海德格尔的总结","authors":"R. Boehm","doi":"10.1515/jbmp-2020-0021","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Mit Heidegger (seinem Denken) habe ich zuerst Bekanntschaft gemacht als Hörer einer Vorlesung, die der noch junge Dozent Karl-Heinz Volkmann-Schluck an der Universität Leipzig über »Kant und die Philosophie des Deutschen Idealismus« hielt (1947). Ich war beeindruckt von seiner originellen Interpretation der Bedeutung von Kants Kritik der reinen Vernunft. Ich sprach ihn darauf an, und er antwortete: Das war doch alles Heidegger. Obwohl seit Jahren vorbereitet Philosophie zu studieren, hatte ich von diesem Mann noch nie gehört. VolkmannSchluck gab mir Heideggers Was ist Metaphysik? (1929) zu lesen. Dort stellte Heidegger die Angst vor einem Entgleiten des Seienden als solchen und im Ganzen ins Nichts als die eigentliche Erfahrung des Seins selbst (als diese Nichtung) dar. Das hat mich tief beeindruckt und mein Leben lang zutiefst beeinflusst. Als junger Mensch, der seine Jugend im Hitler-Reich verbracht und einen Weltkrieg durchstanden hatte, als Siebzehnjähriger gerade erst heimgekehrt in ein von Trümmern und Leichen übersätes Land, schien mir keine Philosophie noch ernst zu nehmen, die nicht beständig die Brüchigkeit und Hinfälligkeit des Seienden als solches im Auge hatte; alles Seienden, und zumal allen menschlichen Gemächtes (von der Schuhsohle bis hin zur Metaphysik selbst). Sein und Zeit habe ich erst etwas später (doch noch in Leipzig) gelesen. Selbst in diesem Buch beeindruckte mich vor allem Heideggers phänomenologische Vorstellung des Ursprungs eines theoretischen Verhältnisses in den § 15 und 16. Hier zeigt er auf, dass das Seiende uns gemeinhin nur unauffällig, unaufdringlich und unaufsässig umgibt als zuhandenes Zeug. Erst wenn so ein Zeug Schaden nimmt, fällt es uns auf als das Seiende, das es ist; das sonst noch Zuhandene drängt sich uns erst als noch immer seiend auf, wenn es an einem unentbehrlichen Zeug fehlt; und aufsässig starrt uns noch immer Zuhandenes an, wenn es zu nichts mehr dient. (So wie z. B. meine Bibliothek und meine Schreibmaschine, da ich sie wegen meiner fortschreitenden Erblindung nicht mehr gebrauchen kann.) Zugegeben, so hat das Heidegger nicht formuliert. Noch etwas mehr Schulmäßiges hat mich in Was ist Metaphysik? beeindruckt. Gleich zu Beginn dieses Vortrags sagt Heidegger: »Die Frage weckt","PeriodicalId":340540,"journal":{"name":"Internationales Jahrbuch für Medienphilosophie","volume":"65 4","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-12-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Mein Schlusswort über Heidegger\",\"authors\":\"R. 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