Ökologische Krise und „große Transformation“. Einführung in den Themenschwerpunkt

IF 0.2 4区 社会学 Q4 POLITICAL SCIENCE
Markus Wissen
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Abstract

In den vergangenen Jahren haben sich die Anzeichen dafür gemehrt, dass sich die Gesellschaften sowohl des Globalen Nordens als auch des Globalen Südens in einem Prozess der „großen Transformation“ befinden. Mit diesem Begriff hatte vor 70 Jahren Karl Polanyi den Übergang von der vorindustriellen zur Industriegesellschaft beschrieben (Polanyi 1995 [1944]). Heute wird auf den Transformationsbegriff oder verwandte Begriffe Bezug genommen, um die Herausforderungen zu skizzieren, mit denen sich (nicht nur) die Industriegesellschaft angesichts der tendenziellen Erschöpfung wichtiger Ressourcen und der ökologischen Krise (Klimawandel, Biodiversitätsverlust etc.) konfrontiert sieht. International haben Dokumente wie der Green-Economy-Report des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP 2011), das Millennium Ecosystem Assessment (2005) oder das Konzept der „planetary boundaries“ (Rockström et al. 2009) zur Transformationsdebatte beigetragen. Im deutschen Sprachraum unterstrich der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen in einem viel beachteten Gutachten die Notwendigkeit eines „Gesellschaftsvertrags für eine Große Transformation“ (WBGU 2011), der deutsche Bundestag setzte sich im Rahmen einer Enquete-Kommission drei Jahre lang mit den herkömmlichen Vorstellungen von „Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität“ sowie mit möglichen Alternativen auseinander (Deutscher Bundestag 2013), und das Institut für Soziale Ökologie in Wien hat in zahlreichen Veröffentlichungen auf die strukturelle Erschöpfung des industriegesellschaftlichen Metabolismus hingewiesen, der einen Übergang zu einem anderen „sozio-metabolischen Regime“ unausweichlich mache (Fischer-Kowalski 2011; Haberl et al. 2011; Hausknost 2013). Nicht zuletzt sind in diesem Zusammenhang auch die jüngsten energieund rohstoffpolitischen Debatten zu nennen. Diese haben angesichts der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011, des zu erwartenden oder bereits überschrittenen Höhepunkts der Ölförderung („peak oil“; siehe hierzu Zittel 2011), der tendenziellen Verknappung sogenannter „kritischer Rohstoffe“ (Europäische Kommission 2011) sowie der Problematik der Produktion von Agrartreibstoffen, der Extraktion von Öl aus nicht-konventionellen Quellen (Tiefsee, Ölsand) und der Förderung von Gas aus tiefliegenden Gesteinsschichten („fracking“) Aufwind erhalten. Mit der deutschen Energiewende, dem Ökostromgesetz in Österreich und den Kontroversen um Großvorhaben wie transkontinentalen Gas-Pipelines oder dem Wüstenstromprojekt Desertec sind diese Fragen längst in die staatlich-politischen Arenen vorgedrungen. Insgesamt ließe sich also von einer Repolitisierung der ökologischen Krise sprechen. Zwar steckt die explizite Umweltpolitik, die nach der großen UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro national wie international an Bedeutung gewonnen hatte, in einer tiefen Krise – sichtbar etwa an dem Verfehlen des Kyoto-Ziels in Österreich und der Schwierigkeit, sich im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention auf ein neues internationales
环境危机和“大转型”。介绍话题
近几年来,越来越多的迹象表明,全球北方和南方的社会都处于一个“大变革”的过程中。这就是卡尔·波兰尼在70年前所描述的由前工业社会向工业社会的过渡过程。(如今它使用转型概念或相关概念描述工业社会面临(不仅仅)面临重要资源枯竭和环境危机(气候变化、生物多样性损失等)的挑战。国际上有一些文件,例如联合国环境规划署2011年的绿色经济报告、《千年生态系统评估》(2005年)和《地球生态系统评估》(洛斯特伦等,2009年),为转型辩论做出了贡献。在德国Sprachraum强调全球Umweltveränderungen联邦政府科学小组在f .咨询意见有必要建立“Gesellschaftsvertrags的大转型”(WBGU 2011)、德国的议院在Enquete-Kommission三年与增长、繁荣和生活质量”的传统观念,以及同可能选择分开(德国议会(2013),维也纳社会生态研究所的许多出版物都指出工业社会代谢性的结构衰竭,因而不可避免地向另一个“社会社会更新体制”过渡(渔业科沃斯基2011年的报告);哈勃尔及艾尔Hausknost 2013) .尤其应该提到最近在能源和商品问题上的辩论。考虑到2011年3月福岛核电站灾难,石油产量预计或已经跨越见2011年卓特)、“关键原材料”的短缺、农业燃料生产、非常规原油提取(深海、油砂)和从深层岩浆中开采天然气等问题。随着德国的能源改革计划、奥地利的生态电网立法以及大型工程(如洲际天然气管道或沙漠发电站)的争议,这些问题早已在国家政治竞赛场中占了一席之地。因此,总体而言,我们可以称之为环境危机的再政治化。虽然有明确的环境政策、后大的联合国环境与发展1992年在里约热内卢举行的国家在国际社会有重大影响的深刻的危机,可见曾失手的奥地利Kyoto-Ziels和难度较大范围内UN-Klimarahmenkonvention在新国际
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期刊介绍: The Austrian Journal of Political Science (OZP) is a peer-reviewed journal. Articles from all areas of political science are welcome, including any approach or method. Contributions from other fields and disciplines are also welcome, as long as they show a genuine interest in political issues. While the journal has a focus on issues concerning Austria and Central Europe, it also accepts articles that address, entirely or in part, other topics/other polities.
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