{"title":"Sichere Bindung als Quell von Zwischenmenschlichkeit – die MVT-Gruppentherapie","authors":"Silke Ahrend","doi":"10.30820/2364-1517-2023-1-41","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Menschen kommen in die Gruppentherapie, weil sie sich dafür entschieden haben, dass ihre zwischenmenschlichen Beziehungen im Alltag zu ihrer PartnerIn, ihren Kindern, FreundInnen und KollegInnen besser gelingen sollen, anstatt dass sie in typischen Stresssituationen immer wieder in dysfunktionale emotionale Reaktionsmuster verfallen. Sie wollen ihr persönliches, bisher ungelebtes Potenzial entfalten, indem sie mit Freude den Werten folgen, die ihnen in ihrem Leben wirklich wichtig sind. Allerdings erleben sie sich aus ihrer PatientInnensicht immer wieder als zutiefst ambivalent, wenn sie mit ihrer störungsbedingten Symptomatik identifiziert sind und sich in ihren Kompetenzen als defizitär empfinden. Mit der embodimentorientierten und integrativen MVT-Gruppentherapie (Mentalisierungsfördernde Verhaltenstherapie MVT nach Serge Sulz) kann ein strategischer Persönlichkeitsentwicklungsprozess in und mit der Gruppe gestaltet werden, der den PatientInnen die noch fehlenden Kompetenzen vermittelt. Quell für die Entfaltung von Zwischenmenschlichkeit und der eigenen Potenziale ist die Verinnerlichung von sicherer Bindung in der Gruppe. Die Gruppe gestaltet gemeinsam einen zwischenmenschlichen Vertrauensund Resonanzraum für tiefe korrigierende Erfahrungen persönlicher Bindungsverletzungen, die den Ursprung der emotionalen Überlebensregel und der dysfunktionalen Beziehungsmuster bilden. Die kontinuierlich angebotenen »Antidots« ermöglichen die fortlaufende Befriedigung defizitärer Bedürfnisse und unterstützen das Bewusstwerden im Prozess von »Heilung und Wachstum der verletzten Seele« zu einem sicher gebundenen und reiferen Menschen. Der MVT-Gruppenprozess folgt sechs Stufen der Bewusstseinsentwicklung zu einem freien Menschen und fördert mit sieben MVT-Modulen insbesondere den Übergang von der egozentrischen zur empathischen Beziehungsgestaltung. Die5 PatientIn kann am Ende dieses Prozesses mit sich selbst und mit den anderen Menschen empathisch verbunden sein, so wie sie es in der Gruppe in tiefen zwischenmenschlichen Begegnungen erlebt und mentalisiert hat. In diesem Artikel wird zunächst die praktische und theoretische Vermittlung der Mentalisierungsund Entwicklungsförderung in der Gruppe anhand des persönlichen Erfahrungsberichtes einer MVT-Gruppentherapeutin vorgestellt. Der zweite Teil widmet sich Sinn und Zweck der MVT-Gruppentherapie und der dritte Teil gibt einen wesentlichen Überblick zur allgemeinen Struktur und Ablauf auf Grundlage der ersten vier Entwicklungsstufen bis zur Empathie-Stufe sowie der sieben MVT-Module2. Abschließend wird im vierten Teil auf die Entwicklung der therapeutischen Haltung und die begleitende Supervision einer MVT-Gruppentherapeutin eingegangen.","PeriodicalId":29776,"journal":{"name":"Psychotherapie","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":1.0000,"publicationDate":"2023-04-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Psychotherapie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.30820/2364-1517-2023-1-41","RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q3","JCRName":"PSYCHOLOGY, CLINICAL","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Menschen kommen in die Gruppentherapie, weil sie sich dafür entschieden haben, dass ihre zwischenmenschlichen Beziehungen im Alltag zu ihrer PartnerIn, ihren Kindern, FreundInnen und KollegInnen besser gelingen sollen, anstatt dass sie in typischen Stresssituationen immer wieder in dysfunktionale emotionale Reaktionsmuster verfallen. Sie wollen ihr persönliches, bisher ungelebtes Potenzial entfalten, indem sie mit Freude den Werten folgen, die ihnen in ihrem Leben wirklich wichtig sind. Allerdings erleben sie sich aus ihrer PatientInnensicht immer wieder als zutiefst ambivalent, wenn sie mit ihrer störungsbedingten Symptomatik identifiziert sind und sich in ihren Kompetenzen als defizitär empfinden. Mit der embodimentorientierten und integrativen MVT-Gruppentherapie (Mentalisierungsfördernde Verhaltenstherapie MVT nach Serge Sulz) kann ein strategischer Persönlichkeitsentwicklungsprozess in und mit der Gruppe gestaltet werden, der den PatientInnen die noch fehlenden Kompetenzen vermittelt. Quell für die Entfaltung von Zwischenmenschlichkeit und der eigenen Potenziale ist die Verinnerlichung von sicherer Bindung in der Gruppe. Die Gruppe gestaltet gemeinsam einen zwischenmenschlichen Vertrauensund Resonanzraum für tiefe korrigierende Erfahrungen persönlicher Bindungsverletzungen, die den Ursprung der emotionalen Überlebensregel und der dysfunktionalen Beziehungsmuster bilden. Die kontinuierlich angebotenen »Antidots« ermöglichen die fortlaufende Befriedigung defizitärer Bedürfnisse und unterstützen das Bewusstwerden im Prozess von »Heilung und Wachstum der verletzten Seele« zu einem sicher gebundenen und reiferen Menschen. Der MVT-Gruppenprozess folgt sechs Stufen der Bewusstseinsentwicklung zu einem freien Menschen und fördert mit sieben MVT-Modulen insbesondere den Übergang von der egozentrischen zur empathischen Beziehungsgestaltung. Die5 PatientIn kann am Ende dieses Prozesses mit sich selbst und mit den anderen Menschen empathisch verbunden sein, so wie sie es in der Gruppe in tiefen zwischenmenschlichen Begegnungen erlebt und mentalisiert hat. In diesem Artikel wird zunächst die praktische und theoretische Vermittlung der Mentalisierungsund Entwicklungsförderung in der Gruppe anhand des persönlichen Erfahrungsberichtes einer MVT-Gruppentherapeutin vorgestellt. Der zweite Teil widmet sich Sinn und Zweck der MVT-Gruppentherapie und der dritte Teil gibt einen wesentlichen Überblick zur allgemeinen Struktur und Ablauf auf Grundlage der ersten vier Entwicklungsstufen bis zur Empathie-Stufe sowie der sieben MVT-Module2. Abschließend wird im vierten Teil auf die Entwicklung der therapeutischen Haltung und die begleitende Supervision einer MVT-Gruppentherapeutin eingegangen.