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Abstract
In einem doppelten Sinn ist das Konzept von Entwicklung mit Moderne verbunden. Folgt man Eisenstadt (2006) so basiert der Kern des kulturellen Programmes der Moderne auf der Vorstellung der mehr oder weniger zielgerichteten Wandelbarkeit von Gesellschaft durch Praxis. Die Idee der Entwicklungspolitik geht genau davon aus, dass die Zukunft nicht vorbestimmt ist oder einem Mythos der ewigen Wiederkehr (Eliade 2007) entspricht, sondern durch Praxis und Interventionen mehr oder weniger zielgerichtet geformt werden kann. Da jedoch die Gestaltung der Zukunft nicht auf Entwicklungsexperten begrenzt ist, sondern im Grunde jeder einzelne sich daran beteiligt sowohl die eigene Biographie als auch die Entwicklung der Gesellschaft durch Praxis zu beeinflussen, bestehen sehr unterschiedliche, oftmals konfligierende Zukunftsentwürfe. Eine zentrale Dimension dieser Zukunftsentwürfe ist die Idee einer besseren Zukunft, durch die Zukunftsentwürfe ihren Sinn erhalten. Hierin liegt ja der Sinn, bzw. die Begründung von Entwicklungspolitik. Sie dient dazu, eine bessere Zukunft für die direkt Betroffenen, als auch für die Welt insgesamt im Sinne einer, wie Truman es in seiner berühmten Rede formulierte, „guten Nachbarschaft“ zu erreichen. Die Diversität dieser Entwürfe einer besseren Welt zeigt Eisenstadt daran, dass auch radikal traditionalistische Bewegungen, wie etwa Salafisten usw. Teil der Moderne sind (Eisenstadt 1998). Wie Marx im 18. Brumaire (MEW 8:115) ausführt, machen Menschen ihre eigene Geschichte, aber unter bestehenden Bedingungen. D.h. die bestehenden Institutionen beeinflussen sowohl die Vorstellungen einer besseren Zukunft als auch die Strategien, diese zu erreichen. Aus den Konflikten zwischen unterschiedlichen, oftmals widersprüchlichen Zukunftsideen und den bestehenden Machtdifferentialen, diese Ideen strategisch durchzusetzen, ergeben sich nicht-intendierte Effekte. Aus den nicht-intendierten Effekten entstehen wiederum Strukturen, die Handlungsfähigkeit oder Agency determinieren und darüber wieder auf Zukunftsvorstellungen und Handlungsintentionen wirken (Elias 2001). Institutionen als Regulierung von Handeln verbinden so die strukturelle (Begrenzung von Agency) mit der kulturellen Dimension (Sinngebung). In dieser Perspektive ist Ent-