Überbrückungsleistungen für EU-Bürger-/-innen in Deutschland: Instrument sozialer Absicherung oder Migrationskontrolle?

Cecilia Bruzelius, Nora Ratzmann, Lea Reiß
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Abstract

Abstract Der Artikel analysiert die sogenannten Überbrückungsleistungen (nach § 23 Abs. 3 SGB XII), welche in Deutschland lebende mittellose EU-Bürger/-innen, die keinen Rechtsanspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende oder Sozialhilfe haben, für einen begrenzten Zeitraum als Übergangsgeld erhalten können. Die Leistung soll dieser Personengruppe eine minimale soziale Unterstützung für einen begrenzten Zeitraum, vornehmlich bis zur Ausreise aus Deutschland, bieten. Der Artikel analysiert die Umsetzung dieser Leistungen. Ziel ist ein Abgleich zwischen Intentionen des Gesetzgebers und gelebter Praxis sowie eine Diskussion der sozialpolitischen Folgen für Leistungsbezieher/-innen, die unter anderem durch die Verschränkung von Sozial- und EU-Freizügigkeitsrecht entstehen. Neben einem Überblick über die Gesetzlage und deren politischen Hintergrund gewährt der Artikel daher Einblicke in die Gewährungspraxis und Inanspruchnahme der Leistung. Die Ergebnisse der hierfür durchgeführten qualitativen Erhebung offenbaren unterschiedliche Praktiken und Umsetzungsdefizite, die auf einen Mangel an praktischen Erfahrungen, Rechtsunsicherheiten sowie bürokratische Hürden in der Antragsstellung zurückzuführen sind. Insgesamt kommt der Artikel zu dem Schluss, dass Überbrückungsleistungen, wie bereits im Gesetz angelegt, keine soziale Mindestabsicherung mittelloser EU-Bürger/-innen darstellen, auch wenn sie gelegentlich zur Überbrückung einer finanziellen beziehungsweise sozialen Notlage beitragen. Ferner wird durch die oft restriktive Umsetzungspraxis die Prekarisierung der Zielgruppe verstärkt, sodass Überbrückungsleistungen de facto eine Verschränkung von Sozialleistungsbezug und Migrationssteuerung darstellen und als Instrument der Migrationskontrolle im freizügigen Europa gewertet werden können.
为在德国的欧盟公民提供衔接服务:社会保障还是移民控制的工具?
摘要本文分析了所谓的过渡性福利(根据§23 Abs.3 SGB XII),居住在德国的贫困欧盟公民,没有合法权利获得求职者的基本保障或社会援助,可以在有限的时间内获得这些福利作为过渡资金。该福利旨在为这一群体在有限的时间内提供最低限度的社会支持,主要是在他们离开德国之前。文章分析了这些服务的实现。其目的是将立法者的意图与实际做法进行比较,并讨论受益人的社会政治后果,其中包括社会和欧盟自由流动权利的纠缠。因此,除了概述法律状况及其政治背景外,本文还深入了解了该服务的授予实践和使用情况。为此目的进行的定性调查结果显示,由于缺乏实际经验、法律不确定性和申请过程中的官僚障碍,存在不同的做法和执行缺陷。总的来说,该文章得出的结论是,法律中已经规定的过渡性福利并不构成对贫困欧盟公民的最低社会保护,即使它们偶尔有助于缓解金融或社会紧急情况。此外,往往具有限制性的实施做法加强了目标群体的预先确定性,因此桥接服务实际上是福利福利和移民控制的纠缠,可以被视为自由流动的欧洲移民控制的工具。
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