{"title":"The Gestures of Participatory Art ed. by Sruti Bala (review)","authors":"Katharina Pewny","doi":"10.1353/fmt.2021.0012","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"und Besetzungen aufschlüsselt und soweit irgend möglich – zu vielen der Nummern sind keine primären Quellen überliefert – hinsichtlich Thematik/Sujet, Stilistik und Aufführungsmodalitäten charakterisiert. Als vorherrschende Nummerntypen identifiziert Kemp dramatische Szenen sowie Darbietungen mit musikalischer Begleitung und hier, wenig überraschend, Lieder bzw. Chansons. Thematisch standen die parodierende Auseinandersetzung mit aktuellen Tendenzen in Literatur und anderen Künsten und die, so ließe sich formulieren, Miniatur sozialer Milieus (inklusive des breiten Bereiches von Liebesund erotischen Konstellationen) im Vordergrund. Im Durchgang durch das Repertoire wird immer wieder der Einfluss des Publikumsgeschmacks einerseits und der Zensur andererseits greifbar. Während sich Kemp für die Kategorisierung der Sologesänge an den Arbeiten von Walter Rösler und Wolfgang Victor Ruttkowski orientiert, entwickelt sie zur Erfassung der Programme der Elf Scharfrichter eine eigene Typologie, die „einen möglichen Interpretationsansatz der verschiedenen Themen aufzeigen“ möchte (S. 299). Als „über die Botschaft des jeweiligen Stücks hinausweisende Grundhaltung und damit so etwas wie eine programmatische Einstellung der Kabarettisten“ (ebd.) macht sie „1. gesellschaftskonforme, 2. kritische und 3. visionäre Darstellungen“ (ebd.) aus. Diese Kategorisierung erlaubteineOrientierung innerhalbdes sobreiten unddisparatenScharfrichter-Repertoires. Es fragt sich allerdings, ob es im Hinblick auf die grundsätzliche ästhetisch-programmatische Ausrichtung der Elf Scharfrichter weiterführend ist, die parodierende Auseinandersetzung mit aktuellen „Literaturund Musikströmungen“ (ab S. 316) unddieObrigkeitsbzw.Kirchenkritik in gleicher Weise unter „Kritik“ zu subsumieren. Der Kontextualisierung des Unternehmens der Elf Scharfrichter dienen zwei dem Hauptteil vorgeschaltete Kapitel, in denen – im Wesentlichen unter Heranziehung einschlägiger Forschungsarbeiten – das heterogene Feld von literarischen, theatralen, künstlerischen, theater-, kunstund kulturreformerischen Institutionen, Initiativen und Genres skizziert wird, das um die Jahrhundertwende München in besonderer Weise prägte. Kemp zeigt, wie vielfältig die personellen, programmatischen und ästhetischen Verbindungen der Elf Scharfrichter zu diesem Feld waren. Wichtige Impulsgeber für das Münchner Kabarett findet Kemp auch in internationalen Trends der Bühnenkunst und des Unterhaltungsgeschäfts, wie in den verschiedenen Ausprägungen gemischter Programme, die sich im 19. Jahrhundert in Paris etabliert hatten, sowie in dem um 1900 zumal im deutschsprachigen Raum unter wechselnden ästhetischen wie ideologischen Prämissen viel diskutierten Varieté. Judith Kemp hat ein Buch vorgelegt, das zugleich opulent ausgestatteter Prachtband und akribisch recherchierte Quellenstudie ist und aufgrund der gut nachvollziehbaren Gliederung darüber hinaus Handbuchcharakter hat.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"32 1","pages":"132 - 134"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2021-12-16","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"FORUM MODERNES THEATER","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1353/fmt.2021.0012","RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"THEATER","Score":null,"Total":0}
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Abstract
und Besetzungen aufschlüsselt und soweit irgend möglich – zu vielen der Nummern sind keine primären Quellen überliefert – hinsichtlich Thematik/Sujet, Stilistik und Aufführungsmodalitäten charakterisiert. Als vorherrschende Nummerntypen identifiziert Kemp dramatische Szenen sowie Darbietungen mit musikalischer Begleitung und hier, wenig überraschend, Lieder bzw. Chansons. Thematisch standen die parodierende Auseinandersetzung mit aktuellen Tendenzen in Literatur und anderen Künsten und die, so ließe sich formulieren, Miniatur sozialer Milieus (inklusive des breiten Bereiches von Liebesund erotischen Konstellationen) im Vordergrund. Im Durchgang durch das Repertoire wird immer wieder der Einfluss des Publikumsgeschmacks einerseits und der Zensur andererseits greifbar. Während sich Kemp für die Kategorisierung der Sologesänge an den Arbeiten von Walter Rösler und Wolfgang Victor Ruttkowski orientiert, entwickelt sie zur Erfassung der Programme der Elf Scharfrichter eine eigene Typologie, die „einen möglichen Interpretationsansatz der verschiedenen Themen aufzeigen“ möchte (S. 299). Als „über die Botschaft des jeweiligen Stücks hinausweisende Grundhaltung und damit so etwas wie eine programmatische Einstellung der Kabarettisten“ (ebd.) macht sie „1. gesellschaftskonforme, 2. kritische und 3. visionäre Darstellungen“ (ebd.) aus. Diese Kategorisierung erlaubteineOrientierung innerhalbdes sobreiten unddisparatenScharfrichter-Repertoires. Es fragt sich allerdings, ob es im Hinblick auf die grundsätzliche ästhetisch-programmatische Ausrichtung der Elf Scharfrichter weiterführend ist, die parodierende Auseinandersetzung mit aktuellen „Literaturund Musikströmungen“ (ab S. 316) unddieObrigkeitsbzw.Kirchenkritik in gleicher Weise unter „Kritik“ zu subsumieren. Der Kontextualisierung des Unternehmens der Elf Scharfrichter dienen zwei dem Hauptteil vorgeschaltete Kapitel, in denen – im Wesentlichen unter Heranziehung einschlägiger Forschungsarbeiten – das heterogene Feld von literarischen, theatralen, künstlerischen, theater-, kunstund kulturreformerischen Institutionen, Initiativen und Genres skizziert wird, das um die Jahrhundertwende München in besonderer Weise prägte. Kemp zeigt, wie vielfältig die personellen, programmatischen und ästhetischen Verbindungen der Elf Scharfrichter zu diesem Feld waren. Wichtige Impulsgeber für das Münchner Kabarett findet Kemp auch in internationalen Trends der Bühnenkunst und des Unterhaltungsgeschäfts, wie in den verschiedenen Ausprägungen gemischter Programme, die sich im 19. Jahrhundert in Paris etabliert hatten, sowie in dem um 1900 zumal im deutschsprachigen Raum unter wechselnden ästhetischen wie ideologischen Prämissen viel diskutierten Varieté. Judith Kemp hat ein Buch vorgelegt, das zugleich opulent ausgestatteter Prachtband und akribisch recherchierte Quellenstudie ist und aufgrund der gut nachvollziehbaren Gliederung darüber hinaus Handbuchcharakter hat.