Was wir wissen und was wir nicht wissen: Leitlinien, seltene Erkrankungen und lebenslange Weiterbildung

Q4 Medicine
C. Sommer
{"title":"Was wir wissen und was wir nicht wissen: Leitlinien, seltene Erkrankungen und lebenslange Weiterbildung","authors":"C. Sommer","doi":"10.1055/a-0563-0487","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"diese Ausgabe der Aktuellen Neurologie widmet sich einigen seltenen Erkrankungen in der Neurologie und spannt dabei den Bogen von deren Erkennung (eine Fallbeschreibung mit Quiz) zu ihrer Therapie (am Beispiel der paraneoplastischen neurologischen Erkrankungen und anhand einer Leitlinie zu den Myotonien) bis zum Thema der Organisation von Zentren für seltene Erkrankungen. Beginnen wir beim letzten Punkt. Anfangs erschien mir das Konzept eines Zentrums für seltene Erkrankungen paradox. Wie soll ein einziges Zentrum, bestückt mit einigen wenigen Ärztinnen und Ärzten, sich mit der großen Zahl von seltenen Erkrankungen auskennen, die es in der Neurologie gibt? Wie soll ein solches Zentrum gleichzeitig Experten für seltene Bewegungsstörungen, seltene Polyneuropathien, seltene Infektionen etc. etc. vorhalten? Inzwischen hat sich das Konzept weiterentwickelt, und aus dem Zentrum ist ein Netzwerk von Zentren (A-Zentren) mit jeweiligen Unterzentren (B-Zentren) geworden, die solch einer Aufgabe schon eher gewachsen sein können. Diese Zentren haben vorrangig zwei Aufgaben: zum einen, bei Patienten mit Symptomen unklarer Genese eine eventuelle seltene Erkrankung zu diagnostizieren, zum anderen, bei einer gestellten Diagnose einer seltenen Erkrankung den richtigen Weg zu Behandlung und Versorgung zu finden. Beides ist wichtig und notwendig. Schöls et al. führen zu Recht aus, dass das mangelhafte Wissen über seltene Erkrankungen häufig zu diagnostischen Irrwegen mit kostenaufwendiger Diagnostik und verzögerter Diagnosestellung führen kann [1]. Ärztinnen und Ärzte, die in einem Zentrum für seltene Erkrankungen tätig sind, sind für diese Kolibris unter den Krankheiten sensibilisiert und im günstigen Fall ausreichend vernetzt, um bei bestimmten Verdacht die Patienten an die richtige, noch weiter spezialisierte Stelle weiterzuweisen. Dennoch, eine Frage ist, ob wir es uns wirklich zutrauen, in allen Fällen durch den Rückgriff auf unser Wissen und durch Kombinieren die richtige Diagnose zu finden, oder ob wir uns dabei nicht durch intelligente Systeme helfen lassen sollten [2]. Dass es allein mit der Zentrumsgründung nicht getan ist, zeigen Projekte wie das aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses geförderte TRANSLATE-NAMSE (www.translate-namse.charite.de/). Hier vernetzten sich neun Zentren für Seltene Erkrankungen an Universitätskliniken in Deutschland und vier Institute für Humangenetik, um mittels standortübergreifender Fallkonferenzen, gezielter Durchführung innovativer Diagnostik und verbesserter Kommunikation mit Primärversorgern sowie strukturierter Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin die Versorgung von Menschen mit seltenen Krankheiten weiter zu verbessern. Das Problem, die Zentren ohne spezielle Förderung funktionstüchtig zu halten, wird von Schöls et al. klar exponiert, ebenso wie die Ansätze zur Finanzierung [1]. Ein weiteres Problem ist, dass sich an solchen Zentren zunehmend Patientinnen und Patienten vorstellen, die an durchaus häufigen Erkrankungen leiden, wie z. B. chronische Schmerzen, für die jedoch bisher keine Ursache identifiziert werden konnte. Die Enttäuschung, am Zentrum nicht behandelt zu werden, ist oft groß, und klare Wege, wie in diesen Fällen vorgegangen werden kann, wie und wo den Patienten geholfen werden kann, müssen noch definiert werden. Sehr viele Erkrankungen im Fachgebiet der Neurologie erfüllen das Kriterium einer seltenen Erkrankung, nämlich eine Häufigkeit von weniger als 5 pro 10000 Einwohner zu haben. Wir Neurologinnen und Neurologen sind seit dem Studium daran gewöhnt, uns mit seltenen Krankheiten zu beschäftigen, und Was wir wissen und was wir nicht wissen: Leitlinien, seltene Erkrankungen und lebenslange Weiterbildung What we Know and What we do not Know: Guidelines, Rare Diseases and Life-Long Learning","PeriodicalId":50832,"journal":{"name":"Aktuelle Neurologie","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2018-04-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1055/a-0563-0487","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Aktuelle Neurologie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/a-0563-0487","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"Medicine","Score":null,"Total":0}
引用次数: 0

Abstract

diese Ausgabe der Aktuellen Neurologie widmet sich einigen seltenen Erkrankungen in der Neurologie und spannt dabei den Bogen von deren Erkennung (eine Fallbeschreibung mit Quiz) zu ihrer Therapie (am Beispiel der paraneoplastischen neurologischen Erkrankungen und anhand einer Leitlinie zu den Myotonien) bis zum Thema der Organisation von Zentren für seltene Erkrankungen. Beginnen wir beim letzten Punkt. Anfangs erschien mir das Konzept eines Zentrums für seltene Erkrankungen paradox. Wie soll ein einziges Zentrum, bestückt mit einigen wenigen Ärztinnen und Ärzten, sich mit der großen Zahl von seltenen Erkrankungen auskennen, die es in der Neurologie gibt? Wie soll ein solches Zentrum gleichzeitig Experten für seltene Bewegungsstörungen, seltene Polyneuropathien, seltene Infektionen etc. etc. vorhalten? Inzwischen hat sich das Konzept weiterentwickelt, und aus dem Zentrum ist ein Netzwerk von Zentren (A-Zentren) mit jeweiligen Unterzentren (B-Zentren) geworden, die solch einer Aufgabe schon eher gewachsen sein können. Diese Zentren haben vorrangig zwei Aufgaben: zum einen, bei Patienten mit Symptomen unklarer Genese eine eventuelle seltene Erkrankung zu diagnostizieren, zum anderen, bei einer gestellten Diagnose einer seltenen Erkrankung den richtigen Weg zu Behandlung und Versorgung zu finden. Beides ist wichtig und notwendig. Schöls et al. führen zu Recht aus, dass das mangelhafte Wissen über seltene Erkrankungen häufig zu diagnostischen Irrwegen mit kostenaufwendiger Diagnostik und verzögerter Diagnosestellung führen kann [1]. Ärztinnen und Ärzte, die in einem Zentrum für seltene Erkrankungen tätig sind, sind für diese Kolibris unter den Krankheiten sensibilisiert und im günstigen Fall ausreichend vernetzt, um bei bestimmten Verdacht die Patienten an die richtige, noch weiter spezialisierte Stelle weiterzuweisen. Dennoch, eine Frage ist, ob wir es uns wirklich zutrauen, in allen Fällen durch den Rückgriff auf unser Wissen und durch Kombinieren die richtige Diagnose zu finden, oder ob wir uns dabei nicht durch intelligente Systeme helfen lassen sollten [2]. Dass es allein mit der Zentrumsgründung nicht getan ist, zeigen Projekte wie das aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses geförderte TRANSLATE-NAMSE (www.translate-namse.charite.de/). Hier vernetzten sich neun Zentren für Seltene Erkrankungen an Universitätskliniken in Deutschland und vier Institute für Humangenetik, um mittels standortübergreifender Fallkonferenzen, gezielter Durchführung innovativer Diagnostik und verbesserter Kommunikation mit Primärversorgern sowie strukturierter Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin die Versorgung von Menschen mit seltenen Krankheiten weiter zu verbessern. Das Problem, die Zentren ohne spezielle Förderung funktionstüchtig zu halten, wird von Schöls et al. klar exponiert, ebenso wie die Ansätze zur Finanzierung [1]. Ein weiteres Problem ist, dass sich an solchen Zentren zunehmend Patientinnen und Patienten vorstellen, die an durchaus häufigen Erkrankungen leiden, wie z. B. chronische Schmerzen, für die jedoch bisher keine Ursache identifiziert werden konnte. Die Enttäuschung, am Zentrum nicht behandelt zu werden, ist oft groß, und klare Wege, wie in diesen Fällen vorgegangen werden kann, wie und wo den Patienten geholfen werden kann, müssen noch definiert werden. Sehr viele Erkrankungen im Fachgebiet der Neurologie erfüllen das Kriterium einer seltenen Erkrankung, nämlich eine Häufigkeit von weniger als 5 pro 10000 Einwohner zu haben. Wir Neurologinnen und Neurologen sind seit dem Studium daran gewöhnt, uns mit seltenen Krankheiten zu beschäftigen, und Was wir wissen und was wir nicht wissen: Leitlinien, seltene Erkrankungen und lebenslange Weiterbildung What we Know and What we do not Know: Guidelines, Rare Diseases and Life-Long Learning
我们知道的和不知道的:指南、罕见病和终身学习
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
求助全文
约1分钟内获得全文 求助全文
来源期刊
Aktuelle Neurologie
Aktuelle Neurologie 医学-临床神经学
CiteScore
0.60
自引率
0.00%
发文量
1
审稿时长
6-12 weeks
期刊介绍: Cessation.
×
引用
GB/T 7714-2015
复制
MLA
复制
APA
复制
导出至
BibTeX EndNote RefMan NoteFirst NoteExpress
×
提示
您的信息不完整,为了账户安全,请先补充。
现在去补充
×
提示
您因"违规操作"
具体请查看互助需知
我知道了
×
提示
确定
请完成安全验证×
copy
已复制链接
快去分享给好友吧!
我知道了
右上角分享
点击右上角分享
0
联系我们:info@booksci.cn Book学术提供免费学术资源搜索服务,方便国内外学者检索中英文文献。致力于提供最便捷和优质的服务体验。 Copyright © 2023 布克学术 All rights reserved.
京ICP备2023020795号-1
ghs 京公网安备 11010802042870号
Book学术文献互助
Book学术文献互助群
群 号:481959085
Book学术官方微信