Pierre Bourdieu. 2017. Sprache. Schriften zur Kultursoziologie 1 (Pierre Bourdieu – Schriften: Band 9). Herausgegeben von Franz Schultheis & Stephan Egger. Aus dem Französischen von Hella Beister. Berlin: Suhrkamp. 257 S.
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Abstract
Die Sprachsoziologie von Pierre Bourdieu wurde innerhalb der Sprachwissenschaft – im Kontrast zur Wirkung von Bourdieus soziologischemWerk in anderen Disziplinen – bislang wenig rezipiert. Mit dem Band Sprache liegt nun eine Zusammenstellung aus Wiederund Erstveröffentlichungen der deutschen Übersetzungen von Bourdieus zentralen sprachsoziologischen Texten vor, die alle in den späten 70er und frühen 80er Jahren entstanden sind. Diese Kanonisierung, die mit der Veröffentlichung in der bei Suhrkamp entstehenden Schriftenreihe einhergeht, ist ein guter Anlass, sich Bourdieus Sprachdenken noch einmal genauer anzuschauen. Was waren die Motive für diese soziologische ‚Einmischung‘ (S. 73) in die Sprachwissenschaft? Wie lässt sich Bourdieus sprachsoziologischer Ansatz kurz und knapp charakterisieren? Welche Schwächen und welche Anschlusspotenziale zeigen sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht? Die Beantwortung dieser Fragen wird auch ein Licht auf die Rezeptionssituation werfen. Doch zunächst zum Aufbau des Bandes selbst. In Sprache sind diejenigen vier Texte von Bourdieu vereinigt, die sich in seinem ohnehin ‚sprachaffinen‘ Gesamtwerk als die am ehesten rein sprachsoziologischen Arbeiten ansehen lassen. Bourdieu hat sich immer wieder und in verschiedenen Zusammenhängen, insbesondere dort, wo er die Wirkungen symbolischer Gewalt analysierte, mit der Rolle von Sprache befasst. Sie war für ihn nie unabhängig von spezifischen sozialen Kontexten verstehbar. Daher ist eine solche Zusammenstellung nicht unproblematisch, wie auch die beiden Herausgeber in ihren editorischen Anmerkungen betonen, vor dem Hintergrund des Aufbaus der gesamten Schriftenreihe aber nachvollziehbar (ich komme am Ende noch einmal darauf zurück). Die ersten beiden Texte (Der Fetisch Sprache und Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs) sind deutsche Erstveröffentlichungen. Sie enthalten bereits alle zentralen Aspekte der Bourdieu’schen Sprachsoziologie, die im dritten Text, der erneut den Titel Zur Ökonomie des sprachlichen Tauschs trägt, leicht verändert wieder auftauchen. Dieser Aufsatz ist Bourdieus zentrale Darstellung seiner Sprachsoziologie. Er bildete den Kerntext der Monographie Ce que parler veut dire von 1982, die 1990 als Was heißt sprechen? ins Deutsche übersetzt wurde. Der vierte und kürzeste Text, Der sprachliche Markt, fasst wesentliche Gedanken Bourdieus ZRS 2020; 12(1–2): 62–68