Marius Horger, Joerg Henes, Georg Gohla, Sebastian Jonas Saur, Theodoros Xenitidis, Ann-Christin Pecher, Stefan Heckl
{"title":"[Involvement of the inner ear in autoimmune/autoinflammatory diseases: MRI characteristics].","authors":"Marius Horger, Joerg Henes, Georg Gohla, Sebastian Jonas Saur, Theodoros Xenitidis, Ann-Christin Pecher, Stefan Heckl","doi":"10.1055/a-1936-3009","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die Autoimmunerkrankung des Innenohrs (Englisch: autoimmune inner ear disease, AIED) kommt selten vor. Erstmals wurden 1979 von McCabe mehrere Fälle beschrieben (McCabe B F. Ann Otol Rhinol Laryngol 1979; 88: 585). Typisch für die AIED ist ein fortschreitender Hörverlust als Folge der durch die Autoimmunerkrankung verursachten Innenohrpathologie (mit oder ohne vestibuläre Beteiligung). In knapp einem Drittel der Fälle tritt die AIED zusammen mit einer anderen Autoimmunerkrankung auf. Es wird angenommen, dass bei 15 von 100 000 Menschen eine AIED auftritt. Das bedeutet, dass in weniger als einem Prozent der Patienten in den USA mit Hörverlust dieser auf eine autoimmunbedingte Schallempfindungsstörung zurückzuführen ist (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32; Mendis S et al. Brain Sci 2022; 12). Klinisch führt am häufigsten die bilaterale, meist asymmetrische, Schallempfindungsstörung von mindestens 30 dB zur Diagnose. Diese Schallempfindungsstörung schreitet schnell fort (innerhalb weniger Tage bis 12 Wochen). Eine Verschlechterung des Gleichgewichtssinns steht bei der Diagnose der AIED zwar nicht im Vordergrund, dennoch wurde bei etwas mehr als der Hälfte der AIED-Patienten auch eine Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns festgestellt (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Es werden 2 Arten der AIED unterschieden. Zum einen diejenige AIED, die ausschließlich auf das Innenohr beschränkt ist (primäre AIED). Zum anderen eine weitere Art der AIED, die erst sekundär bei bereits bestehender Autoimmunerkrankung anderenorts auftritt. Viele systemische Autoimmunerkrankungen können mit AIED assoziiert sein, wie z. B. Sjögren-Syndrom, Behçet-Syndrom, Rheumatoide Arthritis, Cogan-Syndrom, Systemischer Lupus erythematodes, Riesenzellarteriitis, Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), gemischte Kryoglobulinämie, Colitis ulcerosa, Systemische Sklerose, Hashimoto-Thyreoiditis, Polyarteriitis nodosa (Mendis S et al. Brain Sci 2022; 12) aber auch cryopyrin-associated periodic syndrome (CAPS), Muckle-Wells sowie das Susac-Syndrom oder das Still-Syndrom (Adult-onset Still’s disease (AOSD) (seltene Form der autoinflammatorischen Arthritis). Im Hinblick auf die Pathogenese der AIED ist wichtig, dass die Immunabwehr des Innenohres im Vergleich zu anderen Körperregionen eher schwach ist. So ist es überhaupt erst verständlich, dass gerade im Innenohr eine Immunantwort auf fremde oder körpereigene Antigene besonders stark ausgelöst werden kann. Dies kann dann zur Schädigung der dort besonders empfindlichen sensorischen Strukturen führen (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Beide Arten der erworbenen Immunantwort, sowohl humoral (Produktion von Antikörpern in B-Lymphozyten mit Abgabe ins Blut) als auch zellulär (zytotoxische T-Zellen), können zu einer Schädigung des Innenohres führen. Immunzellen (Leukozyten, Lymphozyten) aus der Blutbahn können die BlutLabyrinth-Schranke durchwandern und erreichen so den endolymphatischen Sack (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Als Haupteintrittspforte für die Immunzellen dient hier vor allem das Gefäßgeflecht um die Vena spiralis modioli direkt neben der Scala tympani. Die anhaltende chronische Aktivierung von T-Helferzellen (T-Lymphozyten, die das Oberflächenantigen CD4 tragen) führt zur Zerstörung sensorischer, aber auch strukturgebender Stützzellen innerhalb der Cochlea (anhaltender Angriff auf körpereigene Antigene). Spezielle Signalstoffe des Immunsystems (z. B. TNF-α, Interleukin-6, Interferon Gamma) werden im endolymphatischen Sack von dort eingewanderten Makrophagen ausgeschüttet. Über solche Botenstoffe wird dann die Aktivität von Immunzellen geregelt, verbunden mit einer dann möglichen weiteren Verstärkung der Immunantwort (Satoh H et al. J Assoc Res Otolaryngol 2003; 4: 139; Satoh H et al. Ann Otol Rhinol Laryngol 2006; 115: 81). Harris und Sharp isolierten 1990 einen 68 Kilodalton großen Antikörper gegen das Hitzeschockprotein 70 (HSP70) bei einem beträchtlichen Anteil von Patienten mit AIED (Harris J P. and Sharp P A. Laryngoscope 1990; 100: 516). Dieser AntiHSP70-Antikörper dient heutzutage als serologischer Marker beim Cogan-Syndrom. Das HSP70-Antigen tritt dort in über 90 % der Fälle auf (Bonaguri C et al. Isr Med Assoc J 2014; 16: 285).","PeriodicalId":520772,"journal":{"name":"RoFo : Fortschritte auf dem Gebiete der Rontgenstrahlen und der Nuklearmedizin","volume":" ","pages":"1291-1294"},"PeriodicalIF":1.7000,"publicationDate":"2022-12-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"RoFo : Fortschritte auf dem Gebiete der Rontgenstrahlen und der Nuklearmedizin","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/a-1936-3009","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"2022/9/28 0:00:00","PubModel":"Epub","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Die Autoimmunerkrankung des Innenohrs (Englisch: autoimmune inner ear disease, AIED) kommt selten vor. Erstmals wurden 1979 von McCabe mehrere Fälle beschrieben (McCabe B F. Ann Otol Rhinol Laryngol 1979; 88: 585). Typisch für die AIED ist ein fortschreitender Hörverlust als Folge der durch die Autoimmunerkrankung verursachten Innenohrpathologie (mit oder ohne vestibuläre Beteiligung). In knapp einem Drittel der Fälle tritt die AIED zusammen mit einer anderen Autoimmunerkrankung auf. Es wird angenommen, dass bei 15 von 100 000 Menschen eine AIED auftritt. Das bedeutet, dass in weniger als einem Prozent der Patienten in den USA mit Hörverlust dieser auf eine autoimmunbedingte Schallempfindungsstörung zurückzuführen ist (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32; Mendis S et al. Brain Sci 2022; 12). Klinisch führt am häufigsten die bilaterale, meist asymmetrische, Schallempfindungsstörung von mindestens 30 dB zur Diagnose. Diese Schallempfindungsstörung schreitet schnell fort (innerhalb weniger Tage bis 12 Wochen). Eine Verschlechterung des Gleichgewichtssinns steht bei der Diagnose der AIED zwar nicht im Vordergrund, dennoch wurde bei etwas mehr als der Hälfte der AIED-Patienten auch eine Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns festgestellt (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Es werden 2 Arten der AIED unterschieden. Zum einen diejenige AIED, die ausschließlich auf das Innenohr beschränkt ist (primäre AIED). Zum anderen eine weitere Art der AIED, die erst sekundär bei bereits bestehender Autoimmunerkrankung anderenorts auftritt. Viele systemische Autoimmunerkrankungen können mit AIED assoziiert sein, wie z. B. Sjögren-Syndrom, Behçet-Syndrom, Rheumatoide Arthritis, Cogan-Syndrom, Systemischer Lupus erythematodes, Riesenzellarteriitis, Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), gemischte Kryoglobulinämie, Colitis ulcerosa, Systemische Sklerose, Hashimoto-Thyreoiditis, Polyarteriitis nodosa (Mendis S et al. Brain Sci 2022; 12) aber auch cryopyrin-associated periodic syndrome (CAPS), Muckle-Wells sowie das Susac-Syndrom oder das Still-Syndrom (Adult-onset Still’s disease (AOSD) (seltene Form der autoinflammatorischen Arthritis). Im Hinblick auf die Pathogenese der AIED ist wichtig, dass die Immunabwehr des Innenohres im Vergleich zu anderen Körperregionen eher schwach ist. So ist es überhaupt erst verständlich, dass gerade im Innenohr eine Immunantwort auf fremde oder körpereigene Antigene besonders stark ausgelöst werden kann. Dies kann dann zur Schädigung der dort besonders empfindlichen sensorischen Strukturen führen (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Beide Arten der erworbenen Immunantwort, sowohl humoral (Produktion von Antikörpern in B-Lymphozyten mit Abgabe ins Blut) als auch zellulär (zytotoxische T-Zellen), können zu einer Schädigung des Innenohres führen. Immunzellen (Leukozyten, Lymphozyten) aus der Blutbahn können die BlutLabyrinth-Schranke durchwandern und erreichen so den endolymphatischen Sack (Ciorba A et al. Int J Immunopathol Pharmacol 2018; 32). Als Haupteintrittspforte für die Immunzellen dient hier vor allem das Gefäßgeflecht um die Vena spiralis modioli direkt neben der Scala tympani. Die anhaltende chronische Aktivierung von T-Helferzellen (T-Lymphozyten, die das Oberflächenantigen CD4 tragen) führt zur Zerstörung sensorischer, aber auch strukturgebender Stützzellen innerhalb der Cochlea (anhaltender Angriff auf körpereigene Antigene). Spezielle Signalstoffe des Immunsystems (z. B. TNF-α, Interleukin-6, Interferon Gamma) werden im endolymphatischen Sack von dort eingewanderten Makrophagen ausgeschüttet. Über solche Botenstoffe wird dann die Aktivität von Immunzellen geregelt, verbunden mit einer dann möglichen weiteren Verstärkung der Immunantwort (Satoh H et al. J Assoc Res Otolaryngol 2003; 4: 139; Satoh H et al. Ann Otol Rhinol Laryngol 2006; 115: 81). Harris und Sharp isolierten 1990 einen 68 Kilodalton großen Antikörper gegen das Hitzeschockprotein 70 (HSP70) bei einem beträchtlichen Anteil von Patienten mit AIED (Harris J P. and Sharp P A. Laryngoscope 1990; 100: 516). Dieser AntiHSP70-Antikörper dient heutzutage als serologischer Marker beim Cogan-Syndrom. Das HSP70-Antigen tritt dort in über 90 % der Fälle auf (Bonaguri C et al. Isr Med Assoc J 2014; 16: 285).