{"title":"[Is research on complementary medicine a waste of time and money?].","authors":"Klaus Linde","doi":"10.1159/000088309","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das New England Journal of Medicine und der Lancet gelten nach wie vor als die wichtigsten Journals fur die klinische Medizin. Veroffentlichungen zu komplementarmedizinischen Themen sind darin ausserst selten. Umso hoher ist der Signalwert von zwei Editorials einzuschatzen, die kurzlich dort erschienen sind. Im New England Journal of Medicine vom 28. Juli 2005 kommentierte der bekannte Skeptiker Wallace Sampson [1] eine im selben Heft publizierte, negative Echinaceastudie [2]. Am Ende seines Editorials kritisiert Sampson massiv, dass in den USA uber das National Center of Complementary and Alternative Medicine (NCCAM) grosse Summen offentlicher Gelder fur klinische Forschung zu unplausiblen Therapien ausgegeben werden (siehe hierzu auch seine Ausfuhrungen unter www.quackwatch.org/01QuackeryRelatedTopics/nccam.html). Die Hinwendung zur «alternativen Medizin» wird als Teil unsinniger gesellschaftlicher Trends («errant social-medical trends») bezeichnet, deren Erforschung letztlich Ressourcenverschwendung sei. Sampson greift das Wort des schillernden Skeptikers Petr Skrabanek von der «demarcation of the absurd» auf, die aus seiner Sicht bei der komplementarmedizinischen Forschung vernachlassigt wird. Am 27. August 2005 erschien dann im Lancet eine grosse Metaanalyse der placebokontrollierten Studien zur Homoopathie [3], die im Gegensatz zu der von unserer Arbeitsgruppe 1997 vorgelegten [4] zu deutlich negativeren Ergebnissen kommt. Das Herausgeberteam des Lancet schreibt im begleitenden Editorial unter dem Titel «The End of Homoeopathy» von «absurd dilutions», «surely the time has passed for ... further investment in research ...» und «now doctors have to be bold and honest with their patients about homoeopathy’s lack of benefit ...» [5]. Bis vor etwa 30 Jahren liess sich mit dem Argument der mangelnden wissenschaftlichen Plausibilitat die Forschung zu wirklich umstrittenen Verfahren weitgehend verhindern. Mit dem Aufkommen von Stromungen wie evidenzbasierter Medizin, Versorgungsforschung oder Outcomes Research, die zeigten, dass wissenschaftlich plausible Therapien haufig unwirksam und zuweilen sogar schadlich sein konnen, gewann eine pragmatisch orientierte klinische Forschung zunehmend an Boden, und die beherrschende Dominanz der Plausibilitat wurde zumindest zum Teil gebrochen. Durch diese Entwicklungen, vor allem aber durch die enorm wachsende Inanspruchnahme komplementarer Verfahren [6], wurde Forschung zu komplementaren Verfahren zumindest zu einer geduldeten Aktivitat, wenn auch eine systematische Forderung in den meisten Landern nach wie vor aussteht. Mit der zunehmenden Zahl hochwertiger, randomisierter klinischer Studien in der Komplementarmedizin wachst aber auch die Erkenntnis, dass ein uberzeugender Wirksamkeitsnachweis im ublichen Sinne haufig nicht oder nur schwer zu erbringen ist. Klinische Studien haben zahllose Fehlerquellen, und die Ergebnisse sind haufig widerspruchlich. Die Evidenzlage bezuglich placebokontrollierter Studien ist besonders in der Homoopathie so verwirrend, dass weitere Einzelstudien und Metaanalysen die Debatte derzeit kaum weiterbringen konnen. Selbst bei vergleichsweise gut belegten Massnahmen wie z.B. dem Einsatz von Johanniskraut bei Depression sind die Belege nicht ganz eindeutig. Positive Ergebnisse aus einer hochwertigen Grundlagenforschung wurden bei Verfahren wie der Homoopathie die Akzeptanzvoraussetzungen fundamental verbessern. Die bisherigen Ergebnisse und die allgegenwartigen Probleme der Reproduzierbarkeit machen aber angesichts der fehlenden Ressourcen fur eine echte Evaluationsstrategie nicht gerade Hoffnung, dass hier in nachster Zeit ein Durchbruch bevorstehen konnte. Negative Ergebnisse sind von vorneherein kaum interpretierbar, da die Relevanz von praklinischen Modellen fur die Homoopathie unklar ist. 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Abstract
Das New England Journal of Medicine und der Lancet gelten nach wie vor als die wichtigsten Journals fur die klinische Medizin. Veroffentlichungen zu komplementarmedizinischen Themen sind darin ausserst selten. Umso hoher ist der Signalwert von zwei Editorials einzuschatzen, die kurzlich dort erschienen sind. Im New England Journal of Medicine vom 28. Juli 2005 kommentierte der bekannte Skeptiker Wallace Sampson [1] eine im selben Heft publizierte, negative Echinaceastudie [2]. Am Ende seines Editorials kritisiert Sampson massiv, dass in den USA uber das National Center of Complementary and Alternative Medicine (NCCAM) grosse Summen offentlicher Gelder fur klinische Forschung zu unplausiblen Therapien ausgegeben werden (siehe hierzu auch seine Ausfuhrungen unter www.quackwatch.org/01QuackeryRelatedTopics/nccam.html). Die Hinwendung zur «alternativen Medizin» wird als Teil unsinniger gesellschaftlicher Trends («errant social-medical trends») bezeichnet, deren Erforschung letztlich Ressourcenverschwendung sei. Sampson greift das Wort des schillernden Skeptikers Petr Skrabanek von der «demarcation of the absurd» auf, die aus seiner Sicht bei der komplementarmedizinischen Forschung vernachlassigt wird. Am 27. August 2005 erschien dann im Lancet eine grosse Metaanalyse der placebokontrollierten Studien zur Homoopathie [3], die im Gegensatz zu der von unserer Arbeitsgruppe 1997 vorgelegten [4] zu deutlich negativeren Ergebnissen kommt. Das Herausgeberteam des Lancet schreibt im begleitenden Editorial unter dem Titel «The End of Homoeopathy» von «absurd dilutions», «surely the time has passed for ... further investment in research ...» und «now doctors have to be bold and honest with their patients about homoeopathy’s lack of benefit ...» [5]. Bis vor etwa 30 Jahren liess sich mit dem Argument der mangelnden wissenschaftlichen Plausibilitat die Forschung zu wirklich umstrittenen Verfahren weitgehend verhindern. Mit dem Aufkommen von Stromungen wie evidenzbasierter Medizin, Versorgungsforschung oder Outcomes Research, die zeigten, dass wissenschaftlich plausible Therapien haufig unwirksam und zuweilen sogar schadlich sein konnen, gewann eine pragmatisch orientierte klinische Forschung zunehmend an Boden, und die beherrschende Dominanz der Plausibilitat wurde zumindest zum Teil gebrochen. Durch diese Entwicklungen, vor allem aber durch die enorm wachsende Inanspruchnahme komplementarer Verfahren [6], wurde Forschung zu komplementaren Verfahren zumindest zu einer geduldeten Aktivitat, wenn auch eine systematische Forderung in den meisten Landern nach wie vor aussteht. Mit der zunehmenden Zahl hochwertiger, randomisierter klinischer Studien in der Komplementarmedizin wachst aber auch die Erkenntnis, dass ein uberzeugender Wirksamkeitsnachweis im ublichen Sinne haufig nicht oder nur schwer zu erbringen ist. Klinische Studien haben zahllose Fehlerquellen, und die Ergebnisse sind haufig widerspruchlich. Die Evidenzlage bezuglich placebokontrollierter Studien ist besonders in der Homoopathie so verwirrend, dass weitere Einzelstudien und Metaanalysen die Debatte derzeit kaum weiterbringen konnen. Selbst bei vergleichsweise gut belegten Massnahmen wie z.B. dem Einsatz von Johanniskraut bei Depression sind die Belege nicht ganz eindeutig. Positive Ergebnisse aus einer hochwertigen Grundlagenforschung wurden bei Verfahren wie der Homoopathie die Akzeptanzvoraussetzungen fundamental verbessern. Die bisherigen Ergebnisse und die allgegenwartigen Probleme der Reproduzierbarkeit machen aber angesichts der fehlenden Ressourcen fur eine echte Evaluationsstrategie nicht gerade Hoffnung, dass hier in nachster Zeit ein Durchbruch bevorstehen konnte. Negative Ergebnisse sind von vorneherein kaum interpretierbar, da die Relevanz von praklinischen Modellen fur die Homoopathie unklar ist. Bei Phytotherapeutika wie Echinacea oder Johanniskraut ist die Beleglage in der praklinischen Forschung dagegen nicht so schlecht;