{"title":"[Healing power--An art of natural healing of people or yet only by natural therapy?].","authors":"D Melchart","doi":"10.1159/000082812","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das medizinische Anwendungsgebiet der Naturheilverfahren ist in Deutschland nur in der Ausund Weiterbildungsordnung der Humanmedizin verankert. Eine Positionierung als Naturheilkunde fehlt. Dies hat «binnenstrukturelle» Hintergründe. Einerseits gibt es einen eklatanten Mangel an universitärer Forschungsentwicklung und Forschungsförderung für Fragen der Selbstheilung und andererseits definieren sich bis heute die einzelnen Vertreter der verschiedenen Verfahrensrichtungen selbstständig kompetitiv über ihre Einzelmethoden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Ausund Weiterbildung und hinsichtlich der Forderung nach eigenständigen (TCM, Homöopathie, Manuelle Medizin, KneippTherapie usw.), und nicht gemeinsamen Lehrstühlen mit der Fachbezeichnung Naturheilkunde innerhalb der deutschen Universitäten. In der medizinisch-praktischen Durchführung gilt diese methodische und politisch motivierte strenge Trennung nicht, und der Methodenmix wird in den einschlägigen Praxen und Kliniken mit der Notwendigkeit multimodaler Strategieprinzipien begründet. Primär zeichnen für diese Entwicklung die jeweiligen Fachgesellschaften mit ihrem teilweise sehr ausgeprägten Methodenegozentrismus verantwortlich. Bei den klassischen Naturheilverfahren sind es insbesondere die klinischen Vertreter und neuerdings auch (mehr unbewusst als bewusst) die Lehrbeauftragten an den Hochschulen, die in der Ausbildung die starke Überbetonung der physikalischen Methoden weiter fördern. Dies liegt darin begründet, dass an den meisten Hochschulstandorten keine physikalische Medizin als Lehrstuhlstruktur existiert und dass medizinische Ausbildung (im sog. Querschnittsfach 12 der neuen Ausbildungsordnung für Ärzte) mit der physikalischen Medizin und der Rehabilitation von den Naturheil«kundlern» gleich mit abgedeckt wird! Obwohl seit Jahren erkennbar ist, dass diese überholte Überbetonung physikalischer Verfahren in der Ausund Weiterbildungsordnung nicht im Interesse der Mehrzahl der niedergelassenen Kollegen – und damit der eigentlichen NHVEigner – liegt und dass diese methodische Schwerpunktbildung hochschulpolitisch (da eigene Hochschulvertreter) nicht sinnvoll ist, wird hier eine falsche stationär-klinische Betonung auf Kosten einer sinnvollen Fortentwicklung einer ambulanten und auf der häuslichen Selbstanwendung basierenden Naturheilkunde betrieben. Dieses betonte Festhalten der klassischen Naturheilverfahren an genuinen Wirkfaktoren fördert weder ein gemeinsames systemisches Verständnis eines Konzepts von Selbstheilung und psycho-physiologischer Autoregulation, noch wird die Anleitung zu gesundheitsförderndem Verhalten und die Förderung der Selbstkompetenz und Selbstverantwortung als gemeinsame Basis erkannt (besonders wenn die bestehende Stundenzahl der Ordnungstherapie in der NHV-Weiterbildung noch weiter durch die BÄK abgesenkt werden soll). Und noch eine weitere Konsequenz zeigt diese fehlende Gemeinsamkeit in der «Kunde von der natürlichen Heilkraft», nämlich die zunehmende «freundliche Übernahme» der einzelnen Methoden von konventionellen Fachrichtungen. So integrieren Methoden wie die Chirotherapie und Osteopathie in die konservative Orthopädie, physikalische Therapien in die Physikalische Medizin (hier mit Recht!), Ernährungstherapie in die Ernährungsmedizin (als Teil der Inneren Medizin), Akupunktur in die interdisziplinäre Schmerztherapie, Ordnungstherapie einschl. der Entspannungsverfahren in die Psychosomatik, Verhaltensmedizin und Psychotherapie. Ist dies bereits der deutsche Vollzug einer modernen integrativen Medizin amerikanischer Prägung? Besteht denn wirklich kein Bedürfnis nach einer umfassenden Schwerpunktbildung in autonomieorientierten und autoregulativen Konzepten in Forschung, Aus-, Fortund Weiterbildung? Sollen zukünftige Ärzte keine Chance erhalten, in Form von PostgraduiertenWeiterbildungen die Naturheilkunde einschliesslich der bisher","PeriodicalId":80278,"journal":{"name":"Forschende Komplementarmedizin und klassische Naturheilkunde = Research in complementary and natural classical medicine","volume":"11 6","pages":"324-5"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2004-12-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1159/000082812","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Forschende Komplementarmedizin und klassische Naturheilkunde = Research in complementary and natural classical medicine","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1159/000082812","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
引用次数: 1
Abstract
Das medizinische Anwendungsgebiet der Naturheilverfahren ist in Deutschland nur in der Ausund Weiterbildungsordnung der Humanmedizin verankert. Eine Positionierung als Naturheilkunde fehlt. Dies hat «binnenstrukturelle» Hintergründe. Einerseits gibt es einen eklatanten Mangel an universitärer Forschungsentwicklung und Forschungsförderung für Fragen der Selbstheilung und andererseits definieren sich bis heute die einzelnen Vertreter der verschiedenen Verfahrensrichtungen selbstständig kompetitiv über ihre Einzelmethoden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Ausund Weiterbildung und hinsichtlich der Forderung nach eigenständigen (TCM, Homöopathie, Manuelle Medizin, KneippTherapie usw.), und nicht gemeinsamen Lehrstühlen mit der Fachbezeichnung Naturheilkunde innerhalb der deutschen Universitäten. In der medizinisch-praktischen Durchführung gilt diese methodische und politisch motivierte strenge Trennung nicht, und der Methodenmix wird in den einschlägigen Praxen und Kliniken mit der Notwendigkeit multimodaler Strategieprinzipien begründet. Primär zeichnen für diese Entwicklung die jeweiligen Fachgesellschaften mit ihrem teilweise sehr ausgeprägten Methodenegozentrismus verantwortlich. Bei den klassischen Naturheilverfahren sind es insbesondere die klinischen Vertreter und neuerdings auch (mehr unbewusst als bewusst) die Lehrbeauftragten an den Hochschulen, die in der Ausbildung die starke Überbetonung der physikalischen Methoden weiter fördern. Dies liegt darin begründet, dass an den meisten Hochschulstandorten keine physikalische Medizin als Lehrstuhlstruktur existiert und dass medizinische Ausbildung (im sog. Querschnittsfach 12 der neuen Ausbildungsordnung für Ärzte) mit der physikalischen Medizin und der Rehabilitation von den Naturheil«kundlern» gleich mit abgedeckt wird! Obwohl seit Jahren erkennbar ist, dass diese überholte Überbetonung physikalischer Verfahren in der Ausund Weiterbildungsordnung nicht im Interesse der Mehrzahl der niedergelassenen Kollegen – und damit der eigentlichen NHVEigner – liegt und dass diese methodische Schwerpunktbildung hochschulpolitisch (da eigene Hochschulvertreter) nicht sinnvoll ist, wird hier eine falsche stationär-klinische Betonung auf Kosten einer sinnvollen Fortentwicklung einer ambulanten und auf der häuslichen Selbstanwendung basierenden Naturheilkunde betrieben. Dieses betonte Festhalten der klassischen Naturheilverfahren an genuinen Wirkfaktoren fördert weder ein gemeinsames systemisches Verständnis eines Konzepts von Selbstheilung und psycho-physiologischer Autoregulation, noch wird die Anleitung zu gesundheitsförderndem Verhalten und die Förderung der Selbstkompetenz und Selbstverantwortung als gemeinsame Basis erkannt (besonders wenn die bestehende Stundenzahl der Ordnungstherapie in der NHV-Weiterbildung noch weiter durch die BÄK abgesenkt werden soll). Und noch eine weitere Konsequenz zeigt diese fehlende Gemeinsamkeit in der «Kunde von der natürlichen Heilkraft», nämlich die zunehmende «freundliche Übernahme» der einzelnen Methoden von konventionellen Fachrichtungen. So integrieren Methoden wie die Chirotherapie und Osteopathie in die konservative Orthopädie, physikalische Therapien in die Physikalische Medizin (hier mit Recht!), Ernährungstherapie in die Ernährungsmedizin (als Teil der Inneren Medizin), Akupunktur in die interdisziplinäre Schmerztherapie, Ordnungstherapie einschl. der Entspannungsverfahren in die Psychosomatik, Verhaltensmedizin und Psychotherapie. Ist dies bereits der deutsche Vollzug einer modernen integrativen Medizin amerikanischer Prägung? Besteht denn wirklich kein Bedürfnis nach einer umfassenden Schwerpunktbildung in autonomieorientierten und autoregulativen Konzepten in Forschung, Aus-, Fortund Weiterbildung? Sollen zukünftige Ärzte keine Chance erhalten, in Form von PostgraduiertenWeiterbildungen die Naturheilkunde einschliesslich der bisher