Ökonomie vs Tierschutz

R. Binder, H. Grimm
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Abstract

Ökonomische Interessen stehen in einem inhärenten Spannungsverhältnis zu den Interessen des Tierschutzes. Dieser Interessenkonflikt, der sich in Zeiten wirtschaftlicher Krisen zuspitzt, besteht vor allem, aber nicht nur, im Bereich der erwerbswirtschaftlichen Nutzung von Tieren, bei der es um die Erzielung von Einkünften und um Gewinnmaximierung geht. Der österreichische Gesetzgeber misst ökonomischen Interessen bereits auf einfachgesetzlicher Ebene (im Tierschutzgesetz) – z.B. im Zusammenhang mit der Festlegung von Mindestanforderungen an die Tierhaltung – besondere Bedeutung zu; abgesehen davon sind diese Interessen auch im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung, insbesondere im Verhältnis zu den Grundrechten, zu berücksichtigen und zum Ausgleich zu bringen, wobei eine Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Einzelnen einerseits und dem öffentlichen Interesse am Tierschutz andererseits vorzunehmen ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, die Interessen des Tierschutzes sowohl in der Gesetzgebung als auch im Rahmen der Rechtsanwendung umfassend und in einer seiner Bedeutung angemessenen Weise zu berücksichtigen, wobei bei der Gewichtung des Rechtsgutes „Tierschutz“ dessen Aufwertung im Unionsrecht und auf nationaler Ebene zu beachten ist. Eine angemessene Berücksichtigung der Interessen des Tierschutzes ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der Tierschutz substanziell eingeschränkt bzw. in seinem Kernbereich verletzt wird. Die Grenze der Berücksichtigung ökonomischer Interessen ist jedenfalls dort anzunehmen, wo die Nutzung von Tieren zu deren Instrumentalisierung führt. Obwohl die Nutzung von Tieren zur Erzielung von Einkünften nicht nur zulässig, sondern auch durch Grundrechte geschützt ist, stellt sich im Hinblick auf den verfassungsrechtlich abgesicherten Auftrag zur Sicherung des Wohlbefindens der Tiere die Frage, wie weit sich ökonomische Interessen – z.B. an der Tötung von Tieren als kostengünstige Alternative zu deren Behandlung bzw. Aufzucht, an der Einsparung von Tierarztkosten oder an der Bemessung der Dauer von Übergangsfristen – zu Lasten des Tierschutzes auswirken dürfen. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst aufgezeigt, welche Rolle der Gesetzgeber ökonomischen Interessen im Tierschutzgesetz zuerkennt und zu welchen Ergebnissen die Rechtsprechung bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen zugunsten des Tierschutzes gelangt. Sodann werden ausgewählte Interessenkonflikte auf dem Gebiet der Haltung und Nutzung von landwirtschaftlichen Nutztieren, Heim- und Versuchstieren dargestellt und der Versuch unternommen, Prozess und Ergebnis der Interessenabwägung mit Hilfe einer Matrix zu veranschaulichen.
经济与动物福利
经济利益与动物福利之间存在固有的矛盾。这种利益冲突在经济危机时期尤为突出,它首先存在于动物的商业利用中,但不仅限于此,因为商业利用的目的是创收和利润最大化。奥地利立法者已经在单行法层面(在《动物福利法》中)特别重视经济利益,例如在动物饲养最低要求的定义方面;除此之外,这些利益还必须在法律制度的整体背景下加以考虑和平衡,特别是在涉及基本权利时,必须在个人经济利益和动物福利的公共利益之间取得平衡。相称性原则要求在立法和适用法律时,以与其重要性相称的方式全面考虑动物福利的利益,据此,"动物福利 "这一法定权利的权重必须考虑到它在联盟法律和国家层面得到提升这一事实。如果动物福利受到实质性限制或其核心领域受到侵犯,则在任何情况下都不能适当考虑动物福利的利益。在使用动物导致其工具化的任何情况下,经济利益的考虑都是有限度的。虽然利用动物创收不仅是允许的,而且也受到基本权利的保护,但问题是,鉴于宪法保障的动物福利任务,经济利益在多大程度上会对动物福利造成损害--例如,作为治疗或饲养动物的一种具有成本效益的替代方法而杀死动物、节省兽医费用或计算过渡期的持续时间。本文首先介绍了立法者在《动物福利法》中赋予经济利益的角色,以及判例法在评估侵犯基本权利与动物福利是否相称时得出的结果。然后介绍了在饲养和使用农场动物、宠物和实验室动物方面的部分利益冲突,并试图借助矩阵来说明利益权衡的过程和结果。
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