“So war Drogenszene früher” – Drogenhilfe und Nutzung des öffentlichen Raums während der Covid-19-Pandemie aus Sicht von Menschen, die Drogen konsumieren
{"title":"“So war Drogenszene früher” – Drogenhilfe und Nutzung des öffentlichen Raums während der Covid-19-Pandemie aus Sicht von Menschen, die Drogen konsumieren","authors":"B. Werse, L. Klaus","doi":"10.1055/a-2179-3624","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Ziel Marginalisierte Konsumierende im urbanen Raum waren insbesondere zu Beginn der Covid-19-Pandemie stark von Effekten der Infektionsschutzmaßnahmen betroffen, u. a. durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens und Angeboten zur Schadensminderung. Neben anderen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Betroffenen erörtert dieser Artikel, wie durch die Pandemie die Nutzung von Harm Reduction und des öffentlichen Raums beeinflusst wurde. Methodik In vier deutschen Städten (Frankfurt, Darmstadt, Nürnberg und Mannheim) wurden von März bis Juni 2021 28 Personen, die intensiv Drogen konsumieren, mittels halboffenen leitfadengestützten qualitativen Interviews befragt. Die Daten wurden einer thematisch-strukturierten Inhaltsanalyse unterzogen. Ergebnisse Die meisten Befragten bestätigten die Einschätzung, dass es durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen besonders schwierig war, Geld für Drogen zu beschaffen. Für Mitglieder der Szene war es oft schwierig, Infektionsschutzmaßnahmen einzuhalten. Insbesondere die Wohnsituation verschlechterte sich im Laufe der Pandemie. Viele Befragte hatten den Eindruck, dass repressive Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden zunahmen. Was die Beeinträchtigung von Harm-Reduction-Maßnahmen betrifft, so fielen diese je nach Stadt und Einrichtung unterschiedlich stark aus, was sich massiv auf Wahrnehmung und Stimmungslage der Betroffenen auswirkte. Schlussfolgerung Nicht nur aufgrund der ohnehin prekären Verhältnisse und der Tatsache, dass sich ein Großteil des Szenealltags im (halb-)öffentlichen Raum abspielt, sondern auch im Zusammenhang mit der Drogenprohibition erfuhren marginalisierte Menschen, die Drogen konsumieren, eine strukturelle Viktimisierung durch sekundäre Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.","PeriodicalId":51186,"journal":{"name":"Suchttherapie","volume":"43 1","pages":""},"PeriodicalIF":0.4000,"publicationDate":"2023-11-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Suchttherapie","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/a-2179-3624","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q4","JCRName":"PSYCHIATRY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zusammenfassung Ziel Marginalisierte Konsumierende im urbanen Raum waren insbesondere zu Beginn der Covid-19-Pandemie stark von Effekten der Infektionsschutzmaßnahmen betroffen, u. a. durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens und Angeboten zur Schadensminderung. Neben anderen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Betroffenen erörtert dieser Artikel, wie durch die Pandemie die Nutzung von Harm Reduction und des öffentlichen Raums beeinflusst wurde. Methodik In vier deutschen Städten (Frankfurt, Darmstadt, Nürnberg und Mannheim) wurden von März bis Juni 2021 28 Personen, die intensiv Drogen konsumieren, mittels halboffenen leitfadengestützten qualitativen Interviews befragt. Die Daten wurden einer thematisch-strukturierten Inhaltsanalyse unterzogen. Ergebnisse Die meisten Befragten bestätigten die Einschätzung, dass es durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen besonders schwierig war, Geld für Drogen zu beschaffen. Für Mitglieder der Szene war es oft schwierig, Infektionsschutzmaßnahmen einzuhalten. Insbesondere die Wohnsituation verschlechterte sich im Laufe der Pandemie. Viele Befragte hatten den Eindruck, dass repressive Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden zunahmen. Was die Beeinträchtigung von Harm-Reduction-Maßnahmen betrifft, so fielen diese je nach Stadt und Einrichtung unterschiedlich stark aus, was sich massiv auf Wahrnehmung und Stimmungslage der Betroffenen auswirkte. Schlussfolgerung Nicht nur aufgrund der ohnehin prekären Verhältnisse und der Tatsache, dass sich ein Großteil des Szenealltags im (halb-)öffentlichen Raum abspielt, sondern auch im Zusammenhang mit der Drogenprohibition erfuhren marginalisierte Menschen, die Drogen konsumieren, eine strukturelle Viktimisierung durch sekundäre Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.
期刊介绍:
The journal addiction therapy is the forum for all who are active in the areas of addiction prevention, addiction treatment and addiction research. All contributions are selected and prepared in such a way that they are attractive for the various specialist disciplines - regardless of whether they are psychotherapists, doctors, psychologists, social workers or social educators in outpatient and inpatient facilities of addiction care, whether scientists in the field of addiction research or whether family doctor or internist.
Practical relevance is clearly in the focus: Fundamentals and new approaches to addiction prevention, therapy and policy are presented and reflected. Basic scientific topics are also taken up and it is shown what suggestions arise from this for the care and treatment practice.
The addiction as a whole is sometimes prone to doctrines, dogmas and beliefs. The addiction treatment questioned existing, developed it through controversial discourses on and is open to different theoretical and practical approaches. Important international treatment and research approaches are also taken up and fed into the local discussion.