«Seitenwechsel» – Unternehmer in der Politik und Politiker in der Wirtschaft. Eine Einleitung

Jan-Otmar Hesse, Alexander Nützenadel
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Abstract

«Seitenwechsel» war das Schlagwort, mit dem Bundesinnenminister Otto Schily Anfang 2004 ein «Austauschprogramm der Bundesregierung» ankündigte, das er mit Tessen von Heydebreck, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, vereinbart hatte. Aus den ansonsten «abgeschlossenen» Bereichen von Wirtschaft und Politik sollten Führungskräfte eine Zeit lang im jeweils anderen Gesellschaftssystem tätig werden, um das gegenseitige Verständnis für die besondere Problematik in beiden Bereichen zu verbessern. Die Initiative ist von Sascha Adamek und Kim Otto als eine bedenkliche Ausweitung des Einflusses von politischem «Lobbyismus» bewertet worden, als Übergang zu einem «gekauften Staat». Dabei diente den Investigativjournalisten ausgerechnet eine Aussage des BDI-Hauptgeschäftsführers Siegfried Mann, die Wirtschaft lege großen Wert auf ihre Autonomie, als Grundlage für die Behauptung, dass es vor 2004 substanziell anders gewesen wäre.1 Dass Mann selbst vor seiner Tätigkeit für den BDI Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung gewesen war, war den Journalisten offenbar genauso verborgen geblieben, wie viele spektakuläre Seitenwechsel in der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs wechselte 1977 an die Spitze der Dresdner Bank, sein Staatssekretär Detlef Carsten Rohwedder 1979 an die Spitze der Hoesch AG und Ernst Albrecht, später niedersächsischer Ministerpräsident, hatte Anfang der 1970er Jahre ein berufliches «Doppelleben» als stellvertretender Geschäftsführer von Bahlsen und Mitglied des niedersächsischen Landtags geführt. Seitdem sind viele Seitenwechsel von Politikern in die Wirtschaft und (seltener) von Unternehmern in die Politik dazugekommen – auch der von Otto Schily.
«交代»,企业家在经济政策和政治家.引言
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