{"title":"Der Staatsanwalt als Richter oder warum § 265a Abs. 1 3. Variante StGB sofort abgeschafft werden sollte","authors":"T. Verrel","doi":"10.5771/9783845286266-1071","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Urs Kindhäuser in seiner Festschrift auf strafrechtsdogmatischer Augenhöhe ehren zu wollen, ist ein sehr anspruchsvolles Unterfangen, weshalb es der Verf. vorzieht, mit diesem Beitrag an die Tätigkeit des Jubilars als Staatsanwalt und Richter am Amtsgericht in Baden-Baden sowie daran anzuknüpfen, dass zu dessen Erfolg als Autor von Lehrbüchern auch das mittlerweile in 5. Auflage erschiene Werk ‚Strafprozessrecht‘ beigetragen hat. Dass Urs Kindhäuser auf alle Bereiche des materiellen und formellen Strafrechts und sogar der Kriminologie beherzt zugreifen kann, wurde dem Verf. bereits bei der ersten Begegnung im Dekanat der Bonner Fakultät klar. Ein das sehr freundliche Gespräch störendes Insekt wurde von ihm kurzerhand mit einer auf dem Schreibtisch liegenden Dissertation über den Täter-Opfer-Ausgleich zum Schweigen gebracht. Im Folgenden soll dargestellt werden, in welch dramatischem Umfang sich die Rolle der Staatsanwaltschaft von einer über die Anklage oder die Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts entscheidenden Ermittlungsbehörde zu einer Sanktionsinstanz gewandelt hat und sich auch weiter in diese Richtung entwickelt. Dieser vor allem durch den intensiven Gebrauch der Opportunitätsvorschriften und des Strafbefehlsverfahrens entstandene Funktionswandel ist zwar beileibe keine neue Erkenntnis. Dass sich die Praxis einer staatsanwaltlichen Sanktionierung auf breiter Front etabliert hat, darf aber kein Grund sein, diese einfach als gegeben hinzunehmen und nicht mehr darüber nachzudenken, wie den mit der fortschreitenden Relativierung nicht nur des Legalitätsprinzips, sondern auch der Unschuldsvermutung, der Gleichheit der Strafrechtsanwendung und der Gewaltenteilung verbundenen Gefahren entgegengewirkt werden kann, ohne dabei die zweifellos bestehenden justizpraktischen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Darauf wird am Ende dieses Beitrags unter Hinweis auf den „Alternativentwurf Abgekürzte Strafverfahren im Rechtsstaat (AE-ASR)“ eingegangen. I.","PeriodicalId":145439,"journal":{"name":"Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser","volume":"257 2","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783845286266-1071","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Urs Kindhäuser in seiner Festschrift auf strafrechtsdogmatischer Augenhöhe ehren zu wollen, ist ein sehr anspruchsvolles Unterfangen, weshalb es der Verf. vorzieht, mit diesem Beitrag an die Tätigkeit des Jubilars als Staatsanwalt und Richter am Amtsgericht in Baden-Baden sowie daran anzuknüpfen, dass zu dessen Erfolg als Autor von Lehrbüchern auch das mittlerweile in 5. Auflage erschiene Werk ‚Strafprozessrecht‘ beigetragen hat. Dass Urs Kindhäuser auf alle Bereiche des materiellen und formellen Strafrechts und sogar der Kriminologie beherzt zugreifen kann, wurde dem Verf. bereits bei der ersten Begegnung im Dekanat der Bonner Fakultät klar. Ein das sehr freundliche Gespräch störendes Insekt wurde von ihm kurzerhand mit einer auf dem Schreibtisch liegenden Dissertation über den Täter-Opfer-Ausgleich zum Schweigen gebracht. Im Folgenden soll dargestellt werden, in welch dramatischem Umfang sich die Rolle der Staatsanwaltschaft von einer über die Anklage oder die Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts entscheidenden Ermittlungsbehörde zu einer Sanktionsinstanz gewandelt hat und sich auch weiter in diese Richtung entwickelt. Dieser vor allem durch den intensiven Gebrauch der Opportunitätsvorschriften und des Strafbefehlsverfahrens entstandene Funktionswandel ist zwar beileibe keine neue Erkenntnis. Dass sich die Praxis einer staatsanwaltlichen Sanktionierung auf breiter Front etabliert hat, darf aber kein Grund sein, diese einfach als gegeben hinzunehmen und nicht mehr darüber nachzudenken, wie den mit der fortschreitenden Relativierung nicht nur des Legalitätsprinzips, sondern auch der Unschuldsvermutung, der Gleichheit der Strafrechtsanwendung und der Gewaltenteilung verbundenen Gefahren entgegengewirkt werden kann, ohne dabei die zweifellos bestehenden justizpraktischen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Darauf wird am Ende dieses Beitrags unter Hinweis auf den „Alternativentwurf Abgekürzte Strafverfahren im Rechtsstaat (AE-ASR)“ eingegangen. I.