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Abstract
Natürliche Dinge, Organismen und Artefakte wurden in den Sozialund Kulturwissenschaften lange Zeit nur als Mittel menschlicher Zwecke oder als Objekte der Repräsentation wahrgenommen. Sie existierten lediglich im Kontext von Intentionen, Kategorien, Diskursen oder kommunikativen Handlungen. Bruno Latours 1991 veröffentlichtes Buch »Wir sind nie modern gewesen« markiert den Anfang der Rehabilitierung der Dinge, ihrer Anerkennung als Koakteure mit eigener agency. Nicht mehr ganz so neu ist Hinwendung zur Praxis oder zu Praktiken. Sie findet sich bereits bei Pierre Bourdieu. Ausgerufen wurde der Practice Turn allerdings erst 2001 durch den Sammelband »The Practice Turn in Contemporary Theory«, den Theodore Schatzki mit herausgegeben hat. In Schatzkis social site approach nehmen Praktiken eine zentrale Position ein. Latour gehtwie die anderen Vertreter der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) in seinen Untersuchungen zwar von der Praxis aus, billigt in seinem Ansatz den Praktiken aber keinen besonderen Status zu. Uneinigkeit besteht auch hinsichtlich des Einflusses, den der Kontext einer Handlung auf diese nimmt, und der Forderung nach methodischer Symmetrie im Umgang mit menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren oder Entitäten. Dennoch: die Kluft zwischen beiden scheint nur auf den ersten Blick sehr groß. Es gibt mehr Verbindendes als Trennendes. Schatzki, so meine ich, gelingt es, Schwächen Latours zu meiden, ohne dessen Stärken preiszugeben. Um das zu zeigen, setze ich im Folgenden auf eine diffraktive Lektüre der beiden Autoren. Es wird also weniger darum gehen, ihre Positionen entgegen-