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Abstract
Man sollte die zentrale Position des Denkprozesses betonen, wenn man das Wesen der Identitat betrachtet. Selbst-Bewustsein liefert im Gegensatz zur affektiven Erfahrung mit ihren motorischen Begleiterscheinungen den Kern und die primare Struktur der Identitat, die daher im Grunde viel mehr ein kognitives als ein emotionelles Phanomen ist. Das Denken oder der intellektuelle Prozes die Verinnerlichung und innere Dramatisierung der auseren Ubermittlung signifikanter Gesten durch den Einzelnen, als sein wichtigstes Mittel, andere, zur selben Gesellschaft gehorige Wesen zu beeinflussen -, ist die fruheste Erfahrungsphase in der Genesis und Entwicklung der Identitat. Cooley und James versuchen zwar, die Grundlage der Identitat in reflektivaffektiven Erfahrungen zu finden, das heist in Erfahrungen, die ein »Identitatsgefuhl« einschliesen. Diese Theorie, die das Wesen der Identitat in solchen Erfahrungen sucht, erklart aber nicht den Ursprung der Identitat oder des »Identitatsgefuhles« , das sie charakterisieren soll. Der Einzelne braucht hier die Haltungen anderer gegenuber sich selbst nicht einzunehmen, da diese Erfahrungen das fur sich allein nicht erfordern, und solange das nicht der Fall ist, kann er keine Identitat entwickeln. Es wird bei diesen Erfahrungen auch nicht der Fall sein, es sei denn, das sich seine Identitat bereits anderswo entwickelt hatte, namlich auf die von uns beschriebene Art. Das Wesen der Identitat ist, wie wir schon sagten, kognitiv. Es liegt in der nach innen verlegten Ubermittlung von Gesten, die das Denken ausmacht oder in deren Rahmen Denken oder Reflexion ablauft. Daher ist der Ursprung und die Grundlage der Identitat ebenso wie die des Denkens gesellschaftlicher Natur.