{"title":"Vilém Flussers Black Box","authors":"Daniel Irrgang, Vilém Flussers, Danja Vasilev","doi":"10.1515/9783110701319-004","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Technische Apparate tendieren dazu, strukturell komplexer und funktionell einfacher zu werden. Mit diesem Dualismus steckte Vilém Flusser (1920–1991) den technischen Spielraum seiner existentialphilosophischen Medientheorie ab.2 Der Prager Kulturphilosoph unterschied dabei die Materie bearbeitende Maschine von dem Informationen prozessierenden und kommunizierenden Apparat. Während die Funktionsweise der Ersteren in der Regel einsehbar ist, entzieht sich die des Apparats dem Blick:3 „Bei Word Processors etwa ist das Schreiben mittels Tastendruck längst ein undurchsichtiger Vorgang geworden, ein sich in einer Black Box vollziehender Ablauf, in welchen der Tastende keinen Einblick hat.“4 Der Apparat folgt einem determinierten Programm, dessen Logik für seine Verwendung nicht nachvollzogen werden muss. Seine Nutzerin oder sein Nutzer bedienen den Apparat stattdessen via Einund Ausgabeelemente auf der Oberfläche und können so, ganz im kybernetischen Sinne der Black Box, die eingehenden und ausgehenden Informationen beeinflussen und beobachten; eine Einschränkung, die der Bedienung des Apparats aber keinen Abbruch tut.5 Mit bestimmten Apparaten, vom mechanischen, analogen Fotoapparat bis zum elektronischen Computer, können ‚technische Bilder‘ hergestellt werden, ein Begriff, der vor allem in Flussers Spätwerk eine wichtige epistemologische und existentialphilosophische Rolle einnimmt. Denn solche Bilder sind nicht Abbildungen von Phänomenen in der Welt, sondern Darstellungen von Vorstellungen und Modellen,6","PeriodicalId":106435,"journal":{"name":"Black Boxes - Versiegelungskontexte und Öffnungsversuche","volume":"61 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-09-21","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Black Boxes - Versiegelungskontexte und Öffnungsversuche","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110701319-004","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
引用次数: 1
Abstract
Technische Apparate tendieren dazu, strukturell komplexer und funktionell einfacher zu werden. Mit diesem Dualismus steckte Vilém Flusser (1920–1991) den technischen Spielraum seiner existentialphilosophischen Medientheorie ab.2 Der Prager Kulturphilosoph unterschied dabei die Materie bearbeitende Maschine von dem Informationen prozessierenden und kommunizierenden Apparat. Während die Funktionsweise der Ersteren in der Regel einsehbar ist, entzieht sich die des Apparats dem Blick:3 „Bei Word Processors etwa ist das Schreiben mittels Tastendruck längst ein undurchsichtiger Vorgang geworden, ein sich in einer Black Box vollziehender Ablauf, in welchen der Tastende keinen Einblick hat.“4 Der Apparat folgt einem determinierten Programm, dessen Logik für seine Verwendung nicht nachvollzogen werden muss. Seine Nutzerin oder sein Nutzer bedienen den Apparat stattdessen via Einund Ausgabeelemente auf der Oberfläche und können so, ganz im kybernetischen Sinne der Black Box, die eingehenden und ausgehenden Informationen beeinflussen und beobachten; eine Einschränkung, die der Bedienung des Apparats aber keinen Abbruch tut.5 Mit bestimmten Apparaten, vom mechanischen, analogen Fotoapparat bis zum elektronischen Computer, können ‚technische Bilder‘ hergestellt werden, ein Begriff, der vor allem in Flussers Spätwerk eine wichtige epistemologische und existentialphilosophische Rolle einnimmt. Denn solche Bilder sind nicht Abbildungen von Phänomenen in der Welt, sondern Darstellungen von Vorstellungen und Modellen,6