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Abstract
Es gibt sie in allen Kulturen: Die besonderen Dinge – besonders schön, besonders ehrfurchtgebietend, besonders verehrt und geschützt gegen den respektlosen, verschleißenden Zugriff. Was macht die Dinge zu heiligen Gegenständen, was ist das besondere an diesen Dingen? In welchem Verhältnis stehen sie zu den nützlichen Alltags-Dingen? In welcher Relation stehen sie jeweils zur gesellschaftlichen Kosmologie und zur natürlichen Umwelt des Menschen? Für Emile Durkheim war die Unterscheidung zwischen heiligen und profanen Dingen die grundlegendste kulturelle Differenz, die Trennung zwischen beiden Kategorien unabdingbar, um die jeweilige kulturelle Sinnordnung zu sichern. Sein Bemühen war, fremde kulturelle Bräuche und religiöse Riten unvoreingenommen, funktionalistisch mit Bezug auf die jeweilige Sozialordnung zu erklären. Der funktionalistische Standpunkt erlaubt es dem Forscher, sich von eigenen kulturellen Wertvorstellungen zu distanzieren und eine unabhängige Beobachterperspektive einzunehmen,1 indem danach gefragt wird, welche Funktion das beobachtete Phänomen für die Gesellschaft hat. Dieser Beobachter-Standpunkt öffnet den Blick des Forschers und hat deshalb viel für sich. Doch war Durkheim auch unvoreingenommen genug, wenn er von einer absoluten Unterscheidung von heiligen und profanen Dingen ausging? Oder hat er zumindest in dieser Frage letztlich doch eine eurozentrische, durch die Geschichte des Christentums geprägte Perspektive eingenommen? Ist diese Differenz zwischen profan und heilig wirklich in allen Kulturen so streng gezogen? Was sind denn heilige Dinge überhaupt und in welchem Zusammenhang stehen sie zum Sozialleben? Welche Merkmale machen diese Dinge so besonders?