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Abstract
Seit einiger Zeit ist in den Sozialund Geisteswissenschaften, sobald die Sprache auf das Verhältnis von Religion und Moderne kommt, ein neuer, selbstgewisser Ton zu vernehmen. Einsichten der soziologischen Klassiker in das Spannungsverhältnis von religiösen Ritualen und modernen Verfahren, religiösen Überzeugungen und modernem Wissen, religiösen Identitäten und moderner Reflexivität sollen nicht mehr gelten. Stattdessen wird unter Bezugnahme auf die in den Massenmedien breit diskutierte Rückkehr des Religiösen in den Raum von Öffentlichkeit und Politik die Vereinbarkeit von Religion und Moderne, die religiöse Imprägnierung moderner Institutionen und Ideen, ja die religionsproduktive Kraft der Moderne selbst behauptet. Die Entwicklung von Religion in den letzten Jahrzehnten sei, so Staf Hellemans, »nicht mehr vom Gegensatz zwischen Religion und Moderne aus zu deuten« (Hellemans 2010: 15). »Es wird Zeit, dass wir uns von diesem antithetischen Denken verabschieden« (35). »Alle Religion in der Moderne«, auch »die orthodoxeste und modernitätsfeindlichste«, sei »durch und durch modern« (35). Die gegenwärtig beobachtbaren religiösen Formen und Inhalte gehörten, wie man noch bis vor Kurzem geglaubt habe, nicht einem voraufklärerischen Zeitalter an, sondern seien ein Ausdruck der Moderne und mit ihr vollständig kompatibel. Ebenso strebt in seinem Buch Der eigene Gott auch Ulrich Beck einen soziologischen Perspektivenwechsel an, in dem Religion »vom Opfer der Entzauberung zum Akteur reflexiver Modernisierung« werden könne (Beck 2008: 225). Als Soziologe habe er zwar »im Glauben an die Erlösungskraft der soziologischen Aufklärung das Säkularismus-Idiom im