I. Programmatische Einleitung: Literatur und Transnationalität

D. Bischoff, Susanne Komfort-Hein
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Abstract

In seiner Leipziger Antrittsvorlesung im Jahr 1862 umreißt der Philologe Georg Curtius programmatisch, worum es der von ihm vertretenen, noch jungen Wissenschaft gehen müsse. Dabei kommen auch deren Grenzen in den Blick, wenn er feststellt, dass jede Sprache „ihrer Grundlage nach etwas transnationales und eben deshalb von dem Standpunkte des Philologen allein nicht völlig zu begreifendes“ sei (Curtius, 1862, 9; vgl. Saunier 2009, 1048). Diese Bemerkung ist angesichts der Tatsache, dass sich die Germanistik in dieser Zeit als Vorkämpferin und akademische Säule eines auf einer Nationalkultur und -sprache aufruhenden Nationalstaates versteht, aufschlussreich. Denn während sie einerseits die Aufgabe des Philologen und seiner Wissenschaft, der Philologie, selbstverständlich als national orientierte setzt, konzediert sie andererseits, dass sich diese Perspektivierung einer spezifischen Zurichtung verdankt. Diese Zurichtung wird durch den Begriff des Transnationalen, der eine Überschreitung des nationalen Bezugsraumes impliziert, reflektierbar. Auch wenn sich bei Curtius keine eingehendere Begriffsklärung findet, ist diese historisch frühe Verwendung des Transnationalitätsbegriffs im Zusammenhang mit dem Gegenstandsbereich und Selbstverständnis der Philologien ein Beleg dafür, dass es bereits in der Hochphase einer nationalstaatlichen Einhegung von Literatur Ansätze zu deren kritischer Kommentierung gibt. Das Beispiel exponiert eine Verschränkung von Sprachund Literaturverständnis, akademischer Kultur und politischer Organisation, insofern der Diskurs des Nationalen in dieser Zeit kaum abgelöst von Staatsgründungsprojekten gedacht werden kann. Wenn aktuell von einem transnational turn in den Literaturund Kulturwissenschaften gesprochen werden kann, so ist dies einerseits als Reaktion auf Entwicklungen fortschreitender gesellschaftlicher und kultureller Globalisierungsund Vernetzungsprozesse zu verstehen (vgl. II.5 Reichardt). Ökonomische und kommunikationstechnische Verflechtungen, ökologischer Wandel, weltweite Migrationen und Fluchtbewegungen, die derzeit zur Problematisierung nationalkultureller Grenzen beitragen, beeinflussen auch die Produktionsund Re zeptions bedingungen von Literatur, die vielfach zum Aushandlungsund Reflexionsmedium der damit verbundenen Transformationen geworden ist. Andererseits lassen sich Perspektiven und Konzepte der Transnationalitätsforschung nicht
本节目的引言:文学和跨国国籍
1862年在莱比锡的就职演说中,斐迪克塞的哲学课概述了他所主持的年轻科学必须承担的任务。1862, 9)当然,孩子会学到一种新的语言,也会学到一种新的语言。一三六.怎么会这样?这一观点还能有所启发,因为当时的日耳曼语调是一个国家国家文化和语言的地点儿,他是一个学术支柱。因为一方面,他们认为语言学和他的科学,语言学是民族为导向的,但另一方面,他们却认为这种观点是有特定方向的。尊重的概念是通过代表超越各国视线范围的跨国公司反映的。即使在Curtius没有考虑Begriffsklärung找到这些早期使用的历史Transnationalitätsbegriffs有关Gegenstandsbereich和自我认知方面Philologien一个已经证明在一个nationalstaatlichen Hochphase Einhegung Kommentierung .有批判性的文学的新方法放眼过去,这种做法就把民族问题置于语言和文学、学术文化以及政治组织的纠缠之中。因为对于社会和文化全球化及互联进程的逐渐发展,我们可能会了解这一现象(参路二)。II.5 Reichardt) .经济和环境的急剧变革,kommunikationstechnische联系全球徙Fluchtbewegungen目前为Problematisierung nationalkultureller边界作出贡献,也影响眼Produktionsund zeptions条件的文学,往往为Aushandlungsund Reflexionsmedium相关变革带来了.另一方面,跨国民族主义的观点和概念是不可能存在的
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