Femizide – Zur strafrechtlichen Bewertung von trennungsbedingten Tötungsdelikten an Intimpartnerinnen

Inga Schuchmann, Leonie Steinl
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Abstract

Die zivilgesellschaftliche Bewegung zur Bekämpfung von Femiziden ist ein weltweites Phänomen, das in Südamerika seinen Ausgang nahm. In Deutschland erfahren die mit ihr verknüpften Forderungen seit zwei Jahren verstärkt mediale Aufmerksamkeit. Die Diskussion schlägt mittlerweile hohe Wellen. Spätestens seit im März dieses Jahres der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages über einen Antrag mit dem Titel „Femizide in Deutschland untersuchen, benennen und verhindern“ beriet, steht das Thema auch auf der rechtspolitischen Tagesordnung. Auffällig ist dabei, dass die Debatte über den Umgang mit Femiziden vor allem um die strafrechtliche Bewertung kreist. So betonte kürzlich auch Bundesjustizministerin Lambrecht, dass der strafrechtliche Umgang mit Femiziden in Deutschland weiterhin Probleme aufwerfe. Einer Gesetzesreform bedürfe es zwar nicht. Allerdings müssten die zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel besser eingesetzt und Angehörige der Justiz für die geschlechtsbezogene Dimension der Taten stärker sensibilisiert werden. Teilweise wird demgegenüber die Einführung eines eigenen Femizid-Straftatbestandes nach dem Vorbild einiger lateinamerikanischer Länder gefordert. Andere wiederum vertreten die Auffassung, dass bereits keine hinreichend präzise Definition des Begriffs Femizid existiere und die mit ihm verbundene Kritik als Ausdruck „abstrakter gesellschaftspolitischer Theorien und vorurteilsorientierter moralischer Empörung“ verfehlt sei. Der vorliegende Beitrag widmet sich der strafrechtlichen Bewertung von Femiziden in der Gestalt von Trennungstötungen. Dabei sollen zunächst Begriff und Erscheinungsformen von Femiziden analysiert (I.) und in den übergeordneten Kontext geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen eingeordnet werden (II.), bevor die Relevanz des Konzepts Femizid für das Strafrecht ausgeleuchtet wird (III.). Hier wendet sich der Beitrag der strafrechtlichen Bewertung von trennungsbedingten Tötungsdelikten an Intimpartnerinnen als häufigster Form von Femiziden zu. Untersucht wird insbesondere, wann in solchen Fällen das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe zu bejahen ist. Dabei werden die aus der Perspektive eines geschlechtergerechten Strafrechts zu kurz greifenden Ansätze der Rechtsprechung und Literatur diskutiert. Es wird aufgezeigt, dass auch mit den Mitteln überkommener strafrechtlicher Dogmatik bisherige Unzulänglichkeiten im strafrechtlichen Umgang mit Femiziden beseitigt werden können.
这一政策的目的是评估与伴侣分离有关的性犯罪
对抗女性的民间社会运动是一种始于南美的全球性现象。在德国,媒体对其中关联提出的要求已经感受了两年的重视。这个讨论现在很受欢迎。最迟自今年3月以来,德国联邦议院家庭、老人、妇女和年轻人委员会就一项名为“减缓德国成长的女性”的提案就这一问题进行了咨询意见。值得注意的是,关于遏制女性的辩论主要针对刑事司法评估。包括我在内,联邦司法部长兰布里奇特最近强调对德国女性的刑事司法处理仍是一项挑战。这位部长不认为需要改革立法然而,需要更多地利用现有的法律手段,并提高司法人员对性别行为方面的认识。但有一种包括在某些拉丁美洲国家一样的基础上引入自己的杀害女性犯罪技术的现象。另一些专家则认为对这一概念的准确定义尚未得到承认,并认为与这一概念相关的批评不足以构成“抽象的社会政策理论和以偏见为导向的道德愤怒”。这一文件包括对女性友谊形式的刑事评估。我要先分析一下杀害女性的概念和表现(i),并将这种概念置于针对妇女的性别暴力的主流环境中加以考虑(II),同时确认这一概念对刑法的意义(三)。在这里,这一贡献将与分离相关暴力犯罪的刑事评估转化为一种最常见的杀害女性情感因素。在某些情况下,你可能会受到一项特别调查。我们讨论了从性别刑法的角度,其中比较简化的司法解释和文学做法。它证明了现有的刑事司法教条手段还可通过这种手段来弥补现有的对吸烟问题的限制。
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